Am Montag fanden sich Vertreter der Automobilindustrie zum „Autogipfel“ bei Kanzlerin Angela Merkel ein, unter ihnen VW-Chef Herbert Diess und BMW-Chef Harald Krüger. Die Beschäftigten der Automobilindustrie waren nicht eingeladen, sie werden an diesem Samstag in Berlin demonstrieren, wenn die IG Metall zur Großkundgebung unter dem Motto „FairWandel“ in Berlin ruft.
Diess und Co. haben derartige Muskelspiele selbstverständlich nicht nötig. Die drei Stunden bei der Kanzlerin werden sie genutzt haben, um zu verdeutlichen, dass es den Staat einiges kosten wird, ihnen das Geschäft mit den E-Autos profitabel zu machen. Zwar habe es noch keine konkreten Zusagen gegeben, sagte ein „demonstrativ gut gelaunter Bernhard Mattes“, Präsident des Verbands der Automobilindustrie, laut „BR24“, aber ein „Masterplan“ wurde vereinbart. Dieser werde unter anderem den Aufbau eines Netzes von Ladestationen vorsehen – und das wird teuer. Auch bei der Frage der Fertigung von Batteriezellen geht es anscheinend nicht ohne staatliche Hilfe. Eine Milliarde Euro an Fördergeldern hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier in Aussicht gestellt.
Das formulierte Ziel ist, bis 2030 sieben bis zehneinhalb Millionen E-Fahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen und diese dann auch laden zu können.
E-Autos verkaufen sich bisher schlecht – trotz Kaufprämien. Das Kraftfahrt-Bundesamt gibt an, dass dort 83 000 Elektroautos gemeldet sind, von insgesamt über 47 Millionen Pkws.
Die IG Metall will sich in diese Debatte einschalten und nach eigener Aussage Druck auf Regierung und Unternehmen ausüben, um den Wandel, der nicht nur die Automobilindustrie betrifft, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten „sozial, ökologisch und demokratisch“ zu gestalten. Auch sie fordert unter anderem massive Investitionen in Ladestationen für E-Autos und leistungsfähigere Stromnetze, aber auch in öffentlichen Nahverkehr und in klimaneutrale Energieerzeugung. Für die Beschäftigten fordert die IG Metall eine „Qualifizierungsoffensive“ der Unternehmen für die sich verändernden Anforderungen, mehr Mitbestimmung bei der Gestaltung der Veränderungen und ein „Transfer-Kurzarbeitergeld“, um Kurzarbeit nicht nur wie bisher bei Auftragseinbrüchen, sondern auch für Umbauprozesse nutzen zu können.
Für die Beschäftigten der Automobilindustrie ist der Weg der Konzernspitzen eine Sackgasse. Er sieht nicht nur die Förderung von E-Mobilität und Individualverkehr sowie den Einsatz massiver staatlicher Mittel zur Sicherung von privaten Profiten vor, sondern darüber hinaus Stellenabbau und die Erhöhung von Produktivität und Arbeitszeit. Zudem ist fraglich, in welchem Maße E-Autos verkauft werden können.
Außerdem sind Elektroautos nicht der Weg, um eine klimafreundliche „Verkehrswende“ einzuleiten. Ein guter, leistungsfähiger und preiswerter oder kostenloser öffentlicher Nahverkehr und eine kundenorientierte Deutsche Bahn könnten einen größeren Beitrag zu klimaverträglicher Mobilität leisten – und Beschäftigung sichern beziehungsweise schaffen.
Eins ist klar: Wenn die Kolleginnen und Kollegen wollen, dass ihre Interessen nicht unter die Räder kommen, dann müssen sie sich auf der Straße und im Betrieb Gehör verschaffen. Berlin kann dazu nur ein Auftakt sein.