IPPNW zur Fortsetzung der Auslandseinsätze

Durchgewunken

Angesichts der gestrigen Entscheidung des Kabinetts, gleich sieben noch in diesem Jahr auslaufende Bundeswehrmandate – darunter das Syrienmandat – vorläufig um drei Monate bis Ende März zu verlängern, warnt die Kampagne „MACHT FRIEDEN. Zivile Lösungen für Syrien“ vor einer diskussionslosen „Mandatsverlängerung light“. Erst im Frühjahr 2018, nach erfolgter Regierungsbildung, soll der Bundestag über die reguläre Verlängerung um ein Jahr abstimmen dürfen.

Einerseits, sei es zu begrüßen, dass die alten und neuen Bundestagsabgeordneten nach vielen Monaten des Wahlkampfes durch die Verschiebung der „eigentlichen“ Mandatsabstimmung nun mehr Zeit und Raum hätten, über ihre Entscheidung nachzudenken und sich die notwendigen Informationen über die Einsätze zu beschaffen. So sei z. B. der Vorfall vom 19. März 2017 im syrischen Al-Mansura noch immer nicht aufgeklärt. An diesem Tag hatten Flugzeuge der US-geführten Anti-IS-Koalition ein ehemaliges Schulgebäude beschossen und damit nach Recherchen von Human Rights Watch 40 Zivilistinnen, darunter 16 Kinder getötet. Für diesen Einsatz waren laut Informationen des ARD-Magazins Monitor Aufklärungsbilder der Bundeswehr verwendet worden. Erst wenn solche Vorfälle restlos aufgeklärt seien, könnten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob sie dem Einsatz der Bundeswehr in Syrien weiterhin zustimmen können.

Andererseits sei eine Entscheidung über Auslandseinsätze der Bundeswehr auch keine, die man „einfach mal so“ für drei Monate treffe, nur um die Kontinuität des Regierungshandelns zu wahren. „Jede Mandatsverlängerung, auch für einen so kurzen Zeitraum, stellt eine Gewissensentscheidung dar, die angesichts der vielen Opfer einer intensiven Auseinandersetzung insbesondere mit den zivilen Alternativen bedarf“, so Kopper. „Es wird aber suggeriert, dass es auf diese drei Monate gar nicht so ankomme, dass die Abstimmung über Einsätze der Bundeswehr nur eine Formalität sei. Wir fürchten, dass die dreimonatige Verlängerung nun einfach durchgewunken wird, ohne größere Debatten über die aktuelle Situation in Syrien und die Folgen des Bundeswehreinsatzes. Wir sind weiterhin überzeugt: Der Einsatz der Bundeswehr trägt nicht zum Frieden in Syrien bei. Im Gegenteil: Durch militärische Interventionen wird der internationale Terrorismus nur noch weiter befeuert.“ Vor diesem Hintergrund fordert die Kampagne die Abgeordneten des neu gewählten Bundestags auf, dem Antrag der Bundesregierung auf dreimonatige Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Syrien nicht zuzustimmen und die Bundeswehr aus Syrien abzuziehen. Stattdessen soll sich deutsche Politik ausschließlich zivil und humanitär engagieren.

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"Durchgewunken", UZ vom 27. Oktober 2017



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