Ende November begann die syrische Armee eine Offensive in Aleppo, die überraschend schnell große Erfolge erzielt hat. Die Dschihadisten wurden endlich aus Stadtvierteln vertrieben, die sie seit Jahren besetzt hatten, das Gebiet unter ihrer Kontrolle schrumpfte immer weiter. Jetzt sind sie vollständig aus Aleppo vertrieben und in Aleppo wird gefeiert.
In den Tagen zuvor gelang es immer mehr Zivilisten, in sichere Gebiete zu fliehen. Bis heute sind es mehr als Hunderttausend, die von der syrischen und russischen Armee, vom Roten Halbmond und von internationalen Organisationen versorgt werden.
Für die Staatengruppe, bestehend aus den USA, Türkei, Deutschland, Frankreich, Katar, Saudi-Arabien und anderen Ländern, die den Krieg seit Jahren anheizen und den Sturz der Regierung anstreben und sich zynisch „Freunde Syriens“ nennt, kam die Befreiung Aleppos als Schock. Monatelang hatten die USA in Verhandlungen mit Russland auf Zeit gespielt: Die Trennung der angeblich gemäßigten Rebellen von al-Nusra und IS sei schwierig und langwierig. In Wirklichkeit geschah – nichts. Die militärische Offensive der syrischen Armee hat nun sehr schnell die „gemäßigten Rebellen“ von den Terroristen von al-Nusra und IS getrennt: Bis zu 2000 bewaffnete Syrer haben sich der Armee ergeben, um Nutzen aus der aktuellen Amnestie zu ziehen.
Die Reaktion der USA und des Westens auf die Niederlage in Aleppo kam schnell. Angeblich zum Schutz von Zivilisten – aber in Wirklichkeit, um den Dschihadisten in Aleppo die Möglichkeit zu geben, sich neu zu organisieren – forderte eine Resolution der UN-Vollversammlung kurz vor der Befreiung Aleppos einen „sofortigen Waffenstillstand“. Kanada hatte die Resolution formuliert, unter anderem Russland, China und der Iran stimmten dagegen, weil die Resolution nicht von der Notwendigkeit sprach, terroristische Gruppen zu bekämpfen.
Die „Freunde Syriens“ boten Syrien auf ihrem Treffen in Paris am 10. Dezember weitere Verhandlungen mit dem „Hohen Verhandlungsrat“ an, der im Wesentlichen aus den Teilen der Opposition besteht, die von Saudi-Arabien unterstützt wird. Andere ausländische Oppositionsgruppen wurden nicht erwähnt. US-Außenminister Kerry bat sogar um Gnade für Aleppo. „Ein wenig Gnade“ könne manchmal viel bewegen. Wichtiger als diese Reden aber sind die Fakten, die der Westen schafft.
Der Sprecher des US-Außenministeriums kündigte an: „Selbst, wenn Aleppo fällt, wird das nicht den Krieg beenden … Tatsächlich wird es den Konflikt weiter eskalieren“. Das war keine Warnung, sondern eine Aufforderung. Noch während der Verhandlungen mit Russland über Aleppo genehmigte US-Präsident Obama weitere Waffenlieferungen an „gemäßigte Rebellen“, die angeblich die USA im Kampf gegen IS unterstützen. In der Vergangenheit landeten solche Waffen regelmäßig bei IS und al-Nusra. Und das Pentagon schickt weitere 200 Soldaten nach Syrien. Kurz vor dem Ende der Amtszeit der jetzigen Regierung sollen damit Fakten geschaffen werden, die die Politik der kommenden Regierung festlegen.
Die Aufforderung der US-Regierung und der Hinweis, der Konflikt werde weiter eskalieren, wurde umgehend aufgegriffen. In einer Blitzoffensive eroberten Einheiten des IS mit Verstärkung aus dem Irak erneut Palmyra. Sie konnten gezielt eine Unterbrechung der US-Angriffe auf al-Raqqa ausnutzen.
Der Westen will Syrien – und Russland – seine Bedingungen aufzwingen. So wird der Krieg gegen Syrien um jeden Preis weitergeführt, die Dschihadisten jeglicher Couleur werden gefördert – solange sie die syrische Regierung bekämpfen. Da sich noch US-Soldaten und türkische Truppen im Norden Syriens befinden, der IS in al-Raqqa aktiv ist und die Dschihadisten in Idlib, besteht noch keine konkrete Aussicht auf Frieden in Syrien.
Aber mit der Befreiung Aleppos, mit weiteren lokalen Waffenstillständen (bisher sind es über 1000) und dem innersyrischen Dialog über die Zukunft des Landes besteht die Hoffnung, dass Syrien den Krieg weiter an die Peripherie des Landes zurückdrängen kann.