Bei der Solidaritätskundgebung der DKP in Schwedt am 29. Oktober sprach auch Hans Bauer, Vorsitzender der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung (GRH). Wir dokumentieren seine Rede im Wortlaut:
Wenn ich mir als ehemaliger DDR-Bürger Vergangenheit und Gegenwart von Schwedt vor Augen führe, so erkenne ich darin die Geschichte der DDR/Ostdeutschlands seit mehr als 60 Jahren.
Schwedt ist nicht nur schlechthin ein Ort im heutigen Brandenburg. Diese Stadt hat Geschichte geschrieben. Wie auch andere Städte in Brandenburg, wenn ich unter anderem an Eisenhüttenstadt (Eisenhüttenkombinat Ost), an Brandenburg (Stahlwerk) oder an die Wilhelm-Pieck-Stadt Guben (Chemiefaserwerk) denke. Mit dem Bau der Erdöltrasse wurde Schwedt zu einem Symbol der Erdölindustrie in der DDR. Schwedt wurde eine Art Hauptschlagader für die Wirtschaft unseres Landes. Nach dem Probebetrieb 1964 versorgte die über 3.000 Kilometer lange Pipeline von Tjumen in Sibirien bis nach Schwedt die Industrie der DDR zuverlässig mit Erdöl, Grundlage für die Chemieindustrie. Schwedt selbst wurde eine moderne sozialistische Stadt. Das PCK beschäftigte über 8.000 Mitarbeiter, die Stadt wuchs auf fast 55.000 Einwohner. Weitere Industrie siedelte sich an. Kindergärten und Erholungsheime, moderne Bildungs-, Kultur- und Sporteinrichtungen entstanden.
Freundschaft zwischen den Völkern
Die Trasse war aber mehr als ein wirtschaftliches Schwergewicht. Sie wurde nicht zufällig Druschba-Trasse genannt. Von den Bürgern wurde sie auch als solche verstanden: Freundschaft zwischen der DDR und der Sowjetunion sowie anderen sozialistischen Staaten. Vor allem aber zwischen den Völkern. Da war nichts verordnet. Das war den meisten ein Bedürfnis. Uns als Deutschen aber auch Dank und Verpflichtung gegenüber den Völkern der Sowjetunion, die uns vom Faschismus befreit hatten. Das waren unsere Lehren aus der Geschichte, im Gegensatz zur alten Bundesrepublik.
Tausende insbesondere junge Menschen waren an der Montage dieses großartigen Werkes beteiligt. Bau und Nutzung der Trasse waren Ausdruck einer friedlichen, auf Völkerfreundschaft und auf das Wohl der Menschen gerichteten Politik.
Die DDR wurde verramscht
Dann, 1990 die Annexion der DDR durch die BRD. Die ganze Unmenschlichkeit des Kapitalismus kam über uns. Ostdeutschland wurde privat verramscht. Deindustrialisiert. Menschen wurden ihres Lebens entwürdigt, sogar verfolgt und bestraft. Ostdeutschland wurde zur Kolonie des Westens. Alles sollte nun nichts mehr wert sein. Auch Schwedt erlebte diesen Niedergang. Die Zahl der Einwohner sank um etwa 40 Prozent auf 30.000. Die Arbeitslosenquote ist heute überdurchschnittlich.
Aber dank der Pipeline und des preiswerten russischen Erdöls blieb Schwedt auch lukrativ für den kapitalistischen Markt. Das PCK wurde privatisiert und 1991 als Aktiengesellschaft neu gegründet, später die PCK-Raffinerie GmbH. Es wurde investiert, modernisiert und natürlich profitiert.
Über die Erdölleitung „Druschba“ kommen heute rund 25 Prozent des Rohölbedarfs Deutschlands. Ostdeutsche Länder, einschließlich Berlin, werden von Schwedt versorgt. Die Zahl der Mitarbeiter im PCK beträgt etwa 1.200 – 15 Prozent der damals Beschäftigten.
Es droht die nächste Deindustrialisierung
Und nun droht die nächste Deindustrialisierung. Durch eine Politik der Unfähigkeit, Unwilligkeit und Feindschaft. Betroffen ist dieses Mal ganz Deutschland, Ostdeutschland aber besonders, wie Schwedt. Verantwortlich dafür sind Politiker, die Realitäten nicht anerkennen und eigentlich gemeingefährlich für Land und Leute sind. Sie regieren vor allem im Interesse anderer, in- und ausländischer Konzerngruppen, deutscher und US-amerikanischer, sowie natürlich auch zum eigenen Vorteil. Sie scheren sich nicht um ihre Wähler, wie sie offen verkünden. Sie regieren mit Sanktionen insbesondere gegen die Russische Föderation und mit Kriegsbeteiligung in der Ukraine. Sie hetzen seit Jahrzehnten gegen Russland, wollen es gar „ruinieren“, wie Außenministerin Baerbock es fordert. Statt Friedensbemühungen betreiben sie Kriegspolitik. Sie militarisieren mit Milliarden. Und verteilen für das Volk Almosen. Sie ruinieren das eigene Land zum Schaden der Menschen. Was kümmert sie ihr Amtseid? An der Spitze die grüne Kriegspartei, assistiert von den Sozialdemokraten.
Sanktionen kehren wie ein Bumerang zurück
Diese Politik äußert sich im nunmehr achten Sanktionspaket gegen Russland. Lebenswichtige wirtschaftliche Beziehungen zu diesem Lande werden gekappt, indem von dort keine Rohstoffe mehr bezogen werden sollen. Politiker sägen den Ast ab, auf dem wir alle sitzen. Dieses „Sanktionspaket (…) kehrt wie ein Bumerang zum Werfer zurück“, so der russische Botschafter in Deutschland. Deutschlands Politiker beziehen lieber klimafeindliche und teure Rohstoffe aus Übersee und arabischen Staaten.
Wie viel Dummheit ist es, die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 zu blockieren? Über deren Zerstörung sind sie scheinheilig empört, wollen sie untersuchen, weigern sich aber, Russland dabei einzubeziehen. Dabei sind die Nutznießer dieser Terrorakte bekannt.
Nun soll auch durch die Druschba-Pipeline ab Januar 2023 kein Erdöl mehr nach Schwedt fließen. Ein Leck in Polen dürfte Vorwarnung und kein Zufall sein.
Das ist Wirtschaftskrieg, den die deutsche Regierung gemeinsam mit der NATO und der EU seit vielen Jahren führen.
Es entzieht sich jeglicher Logik, Sanktionen zu beschließen, denen zufolge kein Gas und Öl mehr aus Russland bezogen werden soll, weil Putin kein zuverlässiger Partner sei, andererseits aber seit Jahrzehnten zuverlässig Gas und Öl aus Russland bezogen zu haben. Das ist ohne Sinn und Verstand.
Die Klassenjustiz lässt grüßen
Der Aufstand im Osten zeigt die Unzufriedenheit mit dieser Politik. Aber er zeigt auch, wie viele Menschen mit Russland verbunden sind. Das entspricht ihren Erfahrungen und ist auch mit der unerträglichen Russophobie, den Fakes an Informationen nicht auszutreiben. Was Politiker hier von sich geben, erinnert an finsterste Goebbelssche Propaganda gegen Russland im faschistischen Deutschland. Und jetzt vor wenigen Tagen haben sie nachgelegt. Wer für Russland Partei ergreift, kann wegen Volksverhetzung bestraft werden. Verfahren laufen bereits. Meinungsfreiheit ade – Die Klassenjustiz lässt grüßen.
Höchste Zeit, dass sie abtreten, Habeck, Baerbock, Lindner, Scholz & Co. Todenhöfer, kein Linker, fordert: „Geht, bevor man euch davonjagt“, und selbst CSU-Söder stellt auf dem Parteitag fest: „Eine der schwächsten Regierungen, die die Bundesrepublik je gehabt hat.“
Wir sind hier auf dem Platz der Befreiung: Befreit uns von eurer dummen und gefährlichen Politik – oder: Das müssen wir wohl selbst tun.
Diese Regierungsampel erinnert mich an eine Kreuzung. Die Ampel ist defekt. Rot, Gelb, Grün leuchten gleichzeitig. Was passiert? Gefahr von Chaos. Und das geschieht in Deutschland. Wenn sich nichts verändert, kommt es zur Katastrophe. Das dürfen wir alle nicht zulassen.
Da wird vor wenigen Tagen im Bericht des Ostbeauftragten zum 3. Oktober von Vorhaben der Bundesregierung in dieser Wahlperiode berichtet. Auch von Defiziten in der Kolonie Ost. Als Lösung ist ein zentrales Projekt in Ostdeutschland geplant, die Gründung und der Bau eines Zukunftszentrums. Bis 2028. Das ist die wichtigste Schlussfolgerung aus dem Bericht. Unglaublich. Offenbar wollen die Verantwortlichen nicht hören und sehen, was sich hierzulande wirklich abspielt.
Wir lassen uns nicht einschüchtern
Was ist also zu tun? Den Druck auf der Straße erhöhen. Nicht einschüchtern lassen. Nicht von Diffamierungen und Drohungen unfähiger und unwilliger Politiker.
Den gekauften Journalisten in den Medien, in Reportagen und Talkshows nicht auf den Leim gehen. Wir aus der DDR wissen doch, was seit 32 Jahren über unser eigenes Leben erzählt wird. Wir wissen, dass wir so nicht erlebt haben, was gebetsmühlenartig versucht wird, uns einzureden.
Apropos Rede. Bundespräsident Steinmeier – er hat selbst als damaliger Außenminister zum faschistischen Putsch in der Ukraine beigetragen –, beschwor in seiner Rede an die Nation den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Tatsächlich besteht dieser heute nicht, falls er überhaupt mal existiert hat. In einem muss ich ihm allerdings zustimmen. Er sagte: „Deutschland braucht in der Krise neue Widerstandskraft.“ Ja, diese Widerstandskraft können er und seinesgleichen auf der Straße erleben. Und sie wächst – gegen diese Kriegspolitik, den deutschen Größenwahn und die Zerstörung des eigenen Landes. Unsere Forderungen müssen unüberhörbar sein. Und mit Nachdruck. Frankreich und auch Tschechien machen es vor.
Gemeinsam mit vielen anderen fordern wir:
- Schluss mit den Sanktionen und mit der Kriegstreiberei
- Die Druschba-Pipeline muss offen bleiben
- PCK und Schwedt müssen leben