Kurt Bachmann (1909 – 1997) beschreibt, wie sich die DKP konstituierte. Er war KPD-Funktionär, in den KZ Auschwitz und Buchenwald gefangen, von 1969 bis 1973 Vorsitzender der DKP.
„Vor dem Eingang des Frankfurter Hotels ‚Intercontinental‘ drängten sich am 26. September 1968 etwa hundert Presse-, Funk- und Fernsehleute, Korrespondenten der großen in- und ausländischen Zeitungen, Aufnahmeteams der führenden Fernsehanstalten. Sie waren der Einladung zu einer Pressekonferenz gefolgt, auf der ein Ereignis bekanntgegeben werden sollte, das für die politische Entwicklung in der Bundesrepublik neue Zeichen setzte: die Neukonstituierung einer legalen kommunistischen Partei.
Dieses bevorstehende Ereignis hatte jedoch auch trübe, antikommunistische Kräfte auf den Plan gerufen, die die Leitung des Hotels unter Druck setzten und veranlassten, den zugesagten Raum für die Pressekonferenz kurzfristig aufzukündigen. Was dann geschah, schilderte eine bürgerliche Zeitung so: ‚Nach einiger Zeit kommt endlich ein Mann mit einem umhängenden Schild ‚Pressekonferenz Bachmann – Auskunft hier‘. ‚Weinhaus Kanne‘ ist die neue Adresse. Dort beginnt mit kurzer Verspätung die angekündigte Pressekonferenz im überfüllten und heißen Raum. Auf dem Podium haben Kurt Bachmann, Korrespondent aus Weiden, Kurt Erlebach, Hamburger Journalist, der Frankfurter Verlagsangestellte Josef Mayer, Georg Polikeit, Journalist aus Offenbach, und der Angestellte Ludwig Müller aus Angermund Platz genommen. Im Namen und als Sprecher eines einunddreißigköpfigen Bundesausschusses, der am Vortag, am 25. September 1968, die ‚Deutsche Kommunistische Partei‘ konstituiert hatte, trug ich die Erklärung vor, in der wir diesen bedeutsamen Schritt begründeten. In der Öffentlichkeit schlug dieses Ereignis wie eine Bombe ein. Die Zeitungen waren voll davon.
Man spürte, dass die Neukonstituierung einer Kommunistischen Partei zum richtigen Zeitpunkt erfolgte. Die Notwendigkeit einer legal wirkenden Kommunistischen Partei erwies sich mit jedem Tag als dringender. Die Bundesrepublik befand sich 1968 an einem Schnittpunkt ihrer Entwicklung.
Überall in der Bundesrepublik ergriffen Kommunisten die Initiative zur Bildung regionaler Ausschüsse für die Konstituierung der DKP. Bereits am 12. Oktober 1968 konnte der Bundesausschuß in einer ersten Bilanz feststellen: 6 000 Personen haben Beitrittserklärungen abgegeben. 220 Orts- und Stadtteilausschüsse, etwa 40 Betriebsausschüsse für Großbetriebe, 123 Kreis- und 10 Landesausschüsse haben sich konstituiert.
Was waren das für Menschen, die der Aufforderung folgten, in der Bundesrepublik eine Kommunistische Partei neu zu konstituieren? Es waren bewährte Kommunisten, die bereits im Kaiserreich, in der Weimarer Zeit, unter dem Hitlerfaschismus in der revolutionären Arbeiterbewegung standen und für den Sozialismus kämpften. Es waren Angehörige der Generation, die als Soldaten oder in der Heimat die Verbrechen des Faschismus und das Grauen des Krieges kennenlernten und die nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus ihre ersten politischen Erfahrungen sammelten. Und es waren schließlich junge Menschen, die als aktive Teilnehmer der Ostermarschbewegung, der Anti-Notstands-Bewegung, der Bewegung für die Beendigung der US-amerikanischen Aggression in Vietnam und der Studentenbewegung zu der Einsicht gelangten, dass es für die Wahrnehmung der Tagesinteressen der Arbeiterklasse und der Jugend sowie für den Kampf um grundlegende gesellschaftliche Veränderungen einer kommunistischen Partei bedarf.“
Auszüge aus: Max Schäfer (Hrsg.): Die DKP. Gründung, Entwicklung, Bedeutung, Frankfurt a. M.: Verlag Marxistische Blätter, 1978.