SPD-Kanzlerkandidat wirbt mit dem, was er als Finanzminister nicht umgesetzt hat

Dreister Scholz

Olaf Scholz befindet sich im Höhenflug. Laut der letzten ZDF-Umfrage trauen 59 Prozent der Befragten dem SPD-Kandidaten die Kanzlerschaft zu. Als letzter, der noch nicht seine Inkompetenz präsentiert hat, liegt jetzt Scholz vor CDU-Mann Armin Laschet (28 Prozent) und Grünen-Frau Annalena Baerbock (23 Prozent).

Für kompetent hält ihn zumindest das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München. In ihrer neuesten Studie attestieren die Forscher dem bisherigen Bundesfinanzminister, er habe „die Steuerzahler spürbar entlastet“. Im Vergleich zu 2018 zahle ein Haushalt im Schnitt heute 444 Euro weniger Steuern im Jahr. Somit zahle jeder Haushalt im Schnitt 1,2 Prozent weniger Steuern als zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode. Im Schnitt kommt Scholz gut weg bei der Studie, die sein Ministerium in Auftrag gegeben hat.

Die Ifo-Forscher haben in ihrer Studie die Wirkungen der Steuerreformen der Regierung seit 2018 berechnet und vergleichen diese mit einem Modell, das so tut, als hätte es unter der Großen Koalition überhaupt keine Steuerreformen gegeben. Der Bundestag hatte auf Initiative von Scholz im November 2019 für die Abschaffung des Solidaritätszuschlags (Soli) gestimmt, der seit Anfang 2021 für 90 Prozent der Steuerzahler weggefallen ist. Zudem profitieren Haushalte mit Kindern seit Jahresanfang vom Familienentlastungsgesetz, das im Juli 2020 beschlossen wurde. Damit verbunden ist eine Anhebung des Kindergeldes um 15 Euro pro Kind und der steuerliche Kinderfreibetrag wurde um 570 Euro erhöht.
Klingt gut, aber wem nützen die Reformen? Der Wegfall des Solidaritätszuschlages bewirkt, dass 6,5 Prozent der Steuerzahler weniger Soli zahlen, und nur die 3,5 Prozent Top-Verdiener müssen den Zuschlag voll weiterzahlen. Gutverdiener mit einem Haushaltseinkommen ab 57.000 Euro im Jahr profitieren deshalb am stärksten von der Reform, so die Ifo-Forscher. Die Anhebung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages war ein zentrales Wahlversprechen der CDU, und nicht der SPD. Diese fiel auch nicht besonders viel höher aus als die vom Grundgesetz vorgeschriebene regelmäßige Anpassung an die realen Einkommensteuersätze. Gerade niedrige und mittlere Einkommen stehen durch die sogenannte „kalte Progression“, eine inflationsbedingte schleichende Steuererhöhung, sogar schlechter da, als zuvor.

So entpuppen sich die Steuersenkungen, die SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf den Weg gebracht hat und „im Schnitt“ allen Vorzüge bringen, als Steuergeschenke für Besserverdienende. Nicht umgesetzt hat Scholz hingegen das Wahlversprechen, untere und mittlere Einkommen mit einer Anhebung der Spitzensteuersatzes zu entlasten. Das hatte sich bei der letzten Bundestagswahl 2017 nicht nur die SPD auf die Fahnen geschrieben, sondern auch ihr Koalitionspartner CDU. Ändern wollte man, dass Niedrigverdiener nicht mehr, wie bisher, selbst bei einem kleinen Gehaltsplus sogar weniger Geld in der Tasche haben als zuvor. Bisher fressen höhere Steuern, höhere Sozialbeiträge und der gleichzeitige Wegfall von Sozialleistungen das Plus an Gehalt auf.

Scholz wirbt jetzt im Wahlkampf wieder für die Entlastung von unteren und mittleren Einkommen. Dazu möchte er wieder den Spitzensteuersatz erst bei einem Jahresbruttoeinkommen für Singles oberhalb von 100.000 Euro und für Verheiratete oberhalb von 200.000 Euro beginnen lassen. Dieser soll wieder von 42 auf 45 Prozent erhöht werden. 96 Prozent der Steuerzahler würden, laut Scholz, damit entlastet. Für die obersten 4 Prozent Topverdiener würde es dagegen teurer.

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"Dreister Scholz", UZ vom 20. August 2021



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