Es ist der letzte in einer Reihe von Angriffen auf den Gewerkschaftssekretär Orhan Akman. Per Einschreiben erhielt er am 10. März gleich drei Abmahnungen wegen „arbeitsvertraglicher Pflichtverletzungen“. Der Absender: seine Gewerkschaft, ver.di. Alle drei werden mit Veröffentlichungen in der Presse und auf Social Media begründet, darunter ein Interview mit der UZ. Ihm wird „Illoyalität“ sowie die „Gefährdung der Geschlossenheit von ver.di als Gewerkschaft im öffentlichen Ansehen“ vorgeworfen.
Der ver.di-Bundesvorstand versucht seit Längerem, seinen Bundesfachgruppenleiter für Einzel- und Versandhandel loszuwerden. Akman, der für den ver.di-Bundesvorstand kandidiert, wurde im letzten Jahr mehrfach fristlos gekündigt, doch das Berliner Arbeitsgericht erklärte diese Kündigungen im Dezember 2022 für unwirksam. Das Gericht entschied zudem, dass er bis zu einem rechtskräftigen Urteil weiter als Bundes-Fachgruppenleiter zu beschäftigten ist. Der ver.di-Bundesvorstand will das jedoch nicht anerkennen, legte Berufung ein und versucht, Akman zu versetzen.
Bei den Abmahnungen, die Akman nun erhalten hat, geht es um Veröffentlichungen bei Facebook, in der Tageszeitung „junge Welt“ und in der Wochenzeitung „Unsere Zeit“. ver.di wirft ihm unter anderem vor, der UZ ein Interview als „ver.di-Vertreter“ gegeben zu haben („Eine Handvoll Konzerne bestimmt, was wir konsumieren“, UZ vom 17. Januar). Fakt ist, dass die UZ ihn als Gewerkschafter zu seinen inhaltlichen Positionen befragt hat. Er selbst schreibt dazu: „In dem UZ-Interview äußere ich meine Gedanken darüber, wie wir als Gewerkschaft wieder stärker werden können (…). Aus dem Interview eine Verletzung von Loyalitätspflichten abzuleiten ist weit hergeholt.“
Akman wirft mit Blick auf die Abmahnungen zudem die Frage auf, ob ihm das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entzogen werden soll und ob er sich als Person nicht mehr zu tarif- und gewerkschaftspolitischen Themen äußern darf. Er verweist in einer Stellungnahme, die auf seiner Website (orhan-akman.de) veröffentlicht ist, auf Paragraph 10 der ver.di-Satzung: „Jedes Mitglied hat das Recht, seine Meinung in allen gewerkschaftlichen Angelegenheiten frei zu äußern.“
Akman scheibt: „Obwohl mir ver.di im vergangenen Jahr mehrfach gekündigt hat – zuunrecht, wie das Arbeitsgericht Berlin im Dezember 2022 festgestellt hat – und mich mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen überhäuft, werbe ich in der Öffentlichkeit und auf Veranstaltungen immer wieder dafür, dass sich Beschäftigte in ver.di organisieren. Als überzeugter Gewerkschafter stehe ich hinter den Grundwerten unserer Organisation!“
Irritiert zeigt sich Akman auch darüber, dass der Abmahnung zu einem seiner Facebook-Posts auf seinem privaten Account ein Screen-shot beigefügt worden ist, der unmittelbar nach der Veröffentlichung aufgenommen wurde. Dies erwecke den Eindruck, als ob ver.di seine Social-Media-Aktivitäten überwache.
Orhan Akman wird sich auch gegen die Abmahnungen gerichtlich und politisch wehren, das hat er bereits angekündigt. Aber er betont auch, dass der Konflikt mit dem ver.di-Bundesvorstand längst beigelegt sein könnte, wenn sich dieser „endlich zu Gesprächen bereiterklären“ würde.