Kohleländer wollen gegen EU-Richtlinie klagen

Drecksschleudern weiter in Betrieb

Von Bernd Müller

Die Braunkohleländer machen sich für die Interessen der Energiekonzerne stark, wie ein Bericht des Spiegels kürzlich gezeigt hat. In einem Brief mahnte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Bundeswirtschaftministerin Brigitte Zypries (SPD) auch im Namen seiner Amtskollegen, „alle politischen und rechtlichen Mittel auszuschöpfen“. Neben Sachsen sind Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt beteiligt. Hintergrund sind neue EU-Grenzwerte für Quecksilber und Stickoxid aus „Großfeuerungsanlagen“.

„Angesichts der sozialen und wirtschaftspolitischen Auswirkungen der rechtswidrig zu Stande gekommenen EU-Vorgaben halten wir es für unverantwortlich, uns auf Spielräume bei der nationalen Umsetzung zu verlassen“, heißt es in dem Schreiben an Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) vom vergangenen Donnerstag. Die Grenzwerte für Quecksilber seien fachlich unkorrekt hergeleitet und der Grenzwert für Stickoxid für bestehende Braunkohlekraftwerke sei unverhältnismäßig, argumentierte Tillich.

Am 17. August wurde der Durchführungsbeschluss zu einer EU-Richtlinie veröffentlicht, die das Europäische Parlament und der Europäische Rat beschlossen hatten. Darin wurden die Grenzwerte für die Abgase aus Kraftwerken deutlich verschärft, so dass die Anlagen entweder nachgerüstet oder stillgelegt werden müssen. Insbesondere Braunkohlekraftwerke können ab 2021 davon betroffen sein.

„Die neuen EU-Schadstoffgrenzwerte für Kraftwerksemissionen sind ein weiteres Argument, die dreckigsten und ältesten deutschen Kohlekraftwerke abzuschalten“, sagte Stefanie Langkamp, Experte für Kohlepolitik der Klima-Allianz Deutschland am 17. August. Für die Erreichung der deutschen Klimaziele gehe kein Weg an einem Kohleausstieg vorbei, für den es einen verbindlichen Fahrplan brauche. Bei der Umsetzung der EU-Vorgaben solle die deutsche Bundesregierung dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung Vorrang vor Industrieinteressen geben und den erlaubten Schadstoffausstoß weiter minimieren.

Der von dem Bündnis HEAL mitveröffentlichte Bericht „Die dunkle Wolke über Europa lichten“ vom Oktober 2016 legt erhebliche gesundheitliche Vorteile von hohen europäischen Standards offen. So könnten bei einer strengen Auslegung durch die Bundesregierung jährlich bis zu 20.000 vorzeitige Todesfälle durch Luftschadstoffe verhindert und 56 Milliarden Euro an Gesundheitskosten eingespart werden.

Eine Analyse der Klima-Allianz Deutschland zeigt, dass der Großteil der von den Schadstoffgrenzen betroffenen Kraftwerke ohnehin in der nächsten Legislaturperiode vom Netz gehen muss, um die Ziele des Pariser Abkommens und die deutschen Klimaschutzziele einzuhalten. Bei der Umsetzung der neuen EU-Standards bis zum Jahr 2021 ist die Mehrheit der Kraftwerke über 40, teilweise sogar über 50 Jahre alt und hat die technische Lebensdauer erreicht.

Die Bundesregierung hatte noch am 28. April versucht, die neuen Grenzwerte zu verhindern. Damals hatte sie gegen die Verschärfung gestimmt, konnte sich aber nicht durchsetzen. Dass sie nun gegen diese klagen wird, hält die Grüne Liga für unwahrscheinlich. In einem Rundbrief der Grünen Liga in der Lausitz heißt es, dass Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) unbestätigten Berichten zufolge bei einem Besuch der Lausitz einer solchen Klage eine Absage erteilt habe.

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"Drecksschleudern weiter in Betrieb", UZ vom 1. September 2017



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