Olympia und Imperialismus

Dreckige Spiele

In 329 Wettbewerben ringen Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen in Paris um die Goldmedaillen. Am Montag waren davon etwas mehr als die Hälfte vergeben. Für Überraschungen sorgten dabei die deutschen Basketballerinnen, die sich im 3 × 3 das Siegerpodest sicherten. In der trüben Brühe der Seine ging es auch für die Mixed Staffel im Triathlon zu Gold. Schwimmer Lukas Märtens kam über 400 Meter Freistil ebenso auf den ersten Platz wie der Ruderer Oliver Zeidler im Einer. Drei weitere Goldmedaillen errangen deutsche Reiter. Im Medaillenspiegel liegt Deutschland damit auf dem zehnten Platz. An der Spitze stehen derzeit die USA und China Kopf an Kopf mit je 21 ersten Plätzen. Mit 13 goldenen Medaillen liegt Gastgeber Frankreich bereits abgeschlagen auf Platz drei.

Die Podestplätze belegten knapp zur Hälfte Sportlerinnen und Sportler aus den G7-Staaten. Mit Australien, Südkorea und den Niederlanden sind auf den ersten zehn Plätzen des Medaillenspiegels imperialistische Länder. Sie profitieren vom Ausschluss der Sportnation Russland aus den internationalen Wettbewerben. 133 der 206 teilnehmenden Delegationen landeten bisher nicht auf einem Platz auf dem Treppchen.

Das hat natürlich mit den finanziellen Möglichkeiten der Sportförderung zu tun. Länder, die – wie die USA – in diesen Bereich investieren können, haben einen entscheidenden Vorteil. Lange gab es bei Olympischen Spielen auch die Auseinandersetzung um die Bevorzugung von Profisportlern, die natürlich ihre Sportarten dominieren. Mit den Spielen 1992 in Barcelona, als die hochbezahlten Basketballstars aus den USA zugelassen wurden, wurde diese Regelung nach und nach gekippt. In einigen Wettbewerben haben Länder, in denen es keine hochbezahlten Ligen gibt, keine Chance mehr.

Sportförderung findet aber nicht nur über entsprechende Sportstätten und Trainingsbedingungen mit Trainer und umfangreichem Stab statt. Mehr als ein Drittel der deutschen Athletinnen und Athleten sind Soldaten der Bundeswehr. Wo lukrative Profi- oder Werbeverträge nicht möglich sind, ist das häufig der einzige Weg für die Sportlerinnen und Sportler, sich den Weg nach Olympia zu sichern. Die Bundeswehr nutzt das natürlich für ihre Werbung: sechs der 13 deutschen Medaillen hätten ihre Leute gewonnen, das sind die, die Tucholsky Mörder schimpfte.

Und natürlich ist auch immer noch ein bisschen Platz dafür, mit Dreck nach anderen Ländern und ihren Sportlern zu werfen – und vielleicht sogar noch davon zu profitieren: Die ständig aufgewärmten Dopingvorwürfe gegen China sollen dafür sorgen, dass der Westen mit seinen Freunden auf dem Treppchen unter sich bleiben kann. Gleichzeitig wird damit die Geschichte von sauberen Spielen verbreitet, die einfach aufgrund der Ungleichheit auf dieser Welt dreckig sein müssen.

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"Dreckige Spiele", UZ vom 9. August 2024



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