Das hessische Finanzgericht in Kassel hat dem dem globalisierungskritischen Verein attac in der vergangenen Woche die Gemeinnützigkeit wieder zuerkannt, die ihm zuvor vom Frankfurter Finanzamt aberkannt worden war. Das Finanzamt hatte behauptet, attac handle aufgrund seines politischen Engagement außerhalb der gemeinnützigen Zwecke. Auch anderen Vereinen hatte das Finanzamt in der Vergangenheit die Gemeinnützigkeit entzogen. Betroffen war etwa auch der Verein Doña Carmen, in dem sich Prostituierte für ihre Rechte engagieren. Dabei war dem Verein seit 1998 von der Frankfurter Finanzbehörde mehrfach die Gemeinnützigkeit bestätigt worden. „Nach 18 Jahren stellt man dann plötzlich fest, unsere Vereinssatzung sei ‚fehlerhaft‘, kritisierte der Verein. Doña Carmen erwartet nun, dass infolge des Kasseler Urteils auch die seit über einem Jahr bestehende Aberkennung der Gemeinnützigkeit des eigenen Vereins umgehend aufgehoben wird. Doña Carmen werde „seine legitimen gemeinnützigen Ziele einer rechtlichen Entdiskriminierung von Sexarbeit auch weiterhin mit politischen Mitteln verfolgen“, kündigte die Organisation an.
Begrüßt wurde der Urteilsspruch auch von der Linkspartei: „Lange genug wurde die Tätigkeit einer gesellschaftlich wichtigen Organisation der Zivilgesellschaft wie attac durch die falsche Auslegung der Vorschriften der Abgabenordnung behindert. Umso mehr freut es mich, dass die Klage von attac gegen die Entscheidung des Finanzamtes, die Tätigkeit von attac in den Jahren 2010 bis 2012 nicht als gemeinnützig anzuerkennen, zum Erfolg geführt hat“, erklärte Richard Pitterle, steuerpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Für ihn sei „absolut unverständlich“, dass ausgerechnet attac betroffen war. „Wenn man sich das Sammelbecken der gemeinnützigen Organisationen mal ansieht, sollte man an ganz anderer Stelle stutzig werden, zum Beispiel bei der ‚Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger e. V.‘: Dort huldigt man Angehörigen der Wehrmacht und der Waffen-SS, die mit dem von Adolf Hitler verliehenen Ritterkreuz dekoriert wurden“, bemerkte Pitterle. Der Bundestagsabgeordenete wies auch auf die „Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik e. V.“ hin. Das sei „ein Lobbyverband, der die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie vertritt und entsprechende Kontakte zu politischen Entscheidungsträgern pflegt“. „Es ist eine Unverschämtheit, dass solche Organisationen von den Finanzämtern als gemeinnützig anerkannt werden und so in den Genuss steuerlicher Privilegien kommen.“