DKP Saarland: Zu den gesellschaftlichen Aspekten der Corona-Krise

Die DKP Saarland unterstützt entschlossene Aktionen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Wir fordern eine ständige Überprüfung, ob diese Maßnahmen ausreichend und zielführend sind. Wir fordern, jetzt von anderen zu lernen, die im Kampf gegen Corona erfolgreich sind.

Tatsache ist: Das Virus breitet sich aus, Millionen Menschen sind bedroht. Es geht im wahrsten Sinne des Wortes für viele um Leben oder Tod.

Corona mit der Grippe zu vergleichen, ist gefährlich und irreführend. Das liegt nicht nur an der höheren Sterberate, sondern auch daran, dass die Herdenimmunität bei Corona viel geringer ist (da die klassische Grippe schon lange grassiert, sind viel mehr Menschen immun dagegen). Und an der hohen Ansteckungsgefahr mit der raschen Verbreitung als Folge. Ebenso irreführend sind Verschwörungstheorien, Verniedlichung oder Verharmlosung. Dagegen wehren wir uns auch. Das Corona-Virus existiert – mit seiner Bedrohung!

Die Gefahren dürfen nicht unterschätzt oder relativiert werden. Kern aller Anordnungen muss der Schutz aller Menschen mit den dafür notwendigen Maßnahmen sein. Dazu gehört internationales, nationales und regionales Handeln. Das muss jetzt unser Denken bestimmen und unser Kompass für unser politisches Handeln sein. Es sind gewaltige Anstrengungen nötig, um die entstandene Gefahr für Gesundheit und Leben für alle zu bändigen.

Auch wir Kommunistinnen und Kommunisten sind besorgt. Diese Sorge ist vor allem dadurch begründet, dass die kapitalistische Gesellschaft, in der wir leben, und vor allem deren Gesundheitssystem schnell an seine Grenzen geraten können. Offen ist, ob allen, die Hilfe benötigen, auch geholfen werden kann. Was ist mit den Armen dieser Welt, mit den Menschen, für die es keinen Zugang zu einem adäquaten Gesundheitssystem gibt, wer spricht über die Folgen in Indien, Afrika, Lateinamerika?

Wir werden alle Versuche bekämpfen, die Corona-Krise profit-egoistisch und machtpolitisch zu missbrauchen. Vor allem werden wir uns dagegen wenden, wenn die Corona-Krise dazu genutzt werden soll, um Notstandsgesetze oder Teile davon jetzt im gesellschaftlichen Alltag zu verankern. Demokratische Rechte dürfen nicht weiter abgebaut, sondern müssen gerade jetzt ausgeweitet werden.

Aus den Lautsprechern der Unternehmerverbände hörten wir schnell ihre Forderungen nach Steuererlässen und finanzielle Zuwendungen des Staates. Bundes- und Landesregierung waren sofort dabei, den Forderungen nach zu kommen. Plötzlich ist Geld da. Milliardengewinne und die vorhandenen Rücklagen in Billionenhöhe in den Kapitalkassen bleiben dabei unangetastet.

Das Ganze hat den üblen Geruch eines Finanzierungsmodells, um der drohenden oder schon vorhandenen Finanz- und Wirtschaftskrise, die mit dem Corona-Virus nichts zu tun haben, etwas entgegen zu stellen. Und auch von den Ursachen abzulenken, die im kapitalistischen Wirtschaftssystem liegen! Während die Reichen mit ihren Gewinnen wieder geschont werden, wird die Allgemeinheit erneut für die Krisen des Kapitalismus zur Kasse gebeten. Von sozialer Gerechtigkeit keine Spur: Eine neue Variante der Agenda 2010.

Während die Arbeitenden mit ihren Steuern und Abgaben die Unterstützungsmaßnahmen für das Kapital finanzieren, werden sie zusätzlich zur Kasse gebeten, weil in die Kassen der sozialen Sicherungssysteme gegriffen wird. Kurzarbeitergeld kann abmildern, aber es gibt Einkommenseinbußen. Und danach? Die Rechnung sollen die „kleinen Leute“ zahlen.

Noch vor Tagen sind die saarländischen Bürgermeister in Berlin abgeblitzt, als sie Mittel zur Entschuldung der saarländischen Kommunen forderten, damit diese die Daseinsvorsorge in notwendigem Umfang aufrechterhalten können. Auch die Landesregierung bekommt die kalte Schulter gezeigt, wenn sie ausreichende Hilfen gegen die Verschuldung fordert. Eine Folge ist, dass sie die Mittel zur Instandhaltung und Modernisierung der saarländischen Krankenhäuser nicht in dem notwendigen Ausmaß zur Verfügung stellen will, obwohl sie dazu verpflichtet ist. Es fehlen Krankenhäuser in der Fläche, zudem medizinisches Personal. Das Gesundheitssystem wurde durch die neoliberalen Sparmaßnahmen deutlich geschwächt. Der saarländische Finanzminister befürchtet jetzt Steuerausfälle in noch nicht kalkulierbarem Ausmaß.

Aktuell schließen mehrere Krankenhäuser im Saarland. Weitere sind bedroht. Es findet eine weiterer Abbau von Behandlungsplätzen statt, die im Kampf gegen solche Herausforderungen wie Corona dringend vorgehalten werden müssen. Hintergrund ist die Kapitalisierung des gesamten Gesundheitswesens, das Gewinne abwerfen soll. Wir meinen: Gesundheit darf keine Ware sein!

Zudem ist das Gesundheitswesen unterfinanziert. Es ist ein Skandal, dass die Steigerungsraten der Ausgaben für die Aufrüstung beschleunigt werden, die Daseinsvorsorge als gesellschaftspolitische Hauptaufgabe vernachlässigt wird. Das militärische Großmanöver Defender 2020 gegen Russland findet in diesen Tagen statt, verschlingt Unsummen und gefährdet die Gesundheit. Das wirft die Frage auf, was den Herrschenden wichtiger ist: ihre militärischen Provokationen oder der Schutz der Bevölkerung?

Es geht uns nicht um Schwarzmalerei und voreilige Schuldzuweisungen. Uns geht es vor allem um die Frage, wie jetzt effektiv gehandelt und was in der Debatte um die besten Schutz- und Hilfsmaßnahmen in den Vordergrund gerückt wird. Und uns Kommunisten geht es trotz des Ernstes der Lage immer auch um die Analyse der Ursachen und um Schlussfolgerungen.

Am erfolgversprechendsten im Kampf gegen Corona wären, so Wissenschaftler, nicht allein die Schließung von Schulen, Kindergärten, Unis und Kultureinrichtungen, sondern vor allem eine Quarantäne von Menschen zuhause, die sich krank fühlen, oder zur Risikogruppe gehören.

Wir fordern deshalb die rasche und umfassende Freistellung von der Arbeit, wenn dies Beschäftige wünschen oder es die Situation erforderlich macht. Die Profite dürfen nicht im Vordergrund stehen, sondern die Eindämmung von Corona und die Gesundheit der Beschäftigten.

Wir fordern jetzt mehr finanzielle Mittel für öffentliche Einrichtungen, die notwendig sind, um einen Schutzschirm zu schaffen. Schluss mit der Schuldenbremse – Gesundheit geht vor!

Wir fordern die sofortige Erhöhung aller Sozialleistungen, damit sich arme Menschen trotz der Krisenlasten weiter versorgen können, denn viele Tafeln schließen bereits oder haben zu wenig Lebensmittel.

Zu alledem gehört die Erkenntnis, dass das Auftauchen von Corona und die schnelle Abfolge anderer Virusepidemien (SARS, Vogelgrippe, Zika, Ebola, Geflügelpest,…) in den letzten Jahren verbunden sind mit der sich immer weiter verschärfenden kapitalistischen Ausbeutung der Natur.

Die immer weiter vordringende Abholzung von Wäldern für Ressourcenabbau, Holz und Agroindustrie zerstört jene Ökosysteme, die aufgrund ihrer Vielfältigkeit entsprechende Viren zurückhalten und isolieren können. Das ist die Meinung von Wissenschaftlern, die sich ernsthaft damit beschäftigen.

Der zweite Faktor ist nach Meinung vieler Wissenschaftler die kapitalistische Fleischproduktion, denn die damit einhergehenden genetischen Monokulturen und der hohe Durchlauf von Tieren in der industriellen Produktion sind optimale Bedingungen für Ausbreitung und Überspringen der Viren auf Menschen.

Bei Wissenschaftlern, die sich mit diesen Themen beschäftigen sind diese Zusammenhänge, unbestritten. Doch eine breite öffentliche Debatte darüber wird nicht geführt. Die ökonomisch Mächtigen und ihre Vertreter unterdrücken sie. Corona verweist uns darauf, welche Verwüstungen die kapitalistische Produktionsweise im Feld der Gesundheit, der Ernährung, der Gesellschaft und der öffentlichen Infrastruktur nach sich gezogen hat. Wir engagieren uns für nachhaltige Lösungen. Deshalb sind wir für die Überwindung des kapitalistischen Systems, weil es zerstört, kaputt macht, die Menschheit in immer neue Krisen mit immer größeren Gefahren stürzt.

Wir bekunden unseren Respekt und unsere Solidarität mit all jenen, die sich in vorderster Front den Herausforderungen stellen: den Not- und Rettungsdiensten, den Ärzten, den Pflegerinnen und Pflegern in den Einrichtungen, den Wissenschaftlern, den Menschen, die sich in ihrem sozialen Umfeld mit Solidarität und Hilfsbereitschaft bewegen. Wir bekunden unsere Solidarität mit allen von der Krankheit Betroffenen.

Wir fordern von der Landesregierung, entschlossen den Kampf darum zu führen, dass jetzt die Mittel sozial gerecht generiert werden, die Reichen und die Finanzkreise nicht zu schonen und sich dafür auch auf Bundesebene einzusetzen!

Wir fordern die Landesregierung auf, sich umgehend für die Senkung des Rüstungshaushaltes und auch die sofortige Beendigung des NATO-Großmanövers Defender 2020 einzusetzen, u. a. auch durch eine Initiative im Bundesrat!

DKP-Saarland – Die Mitglieder des Bezirksvorstandes und weitere Mitglieder im Bezirk
Saarbrücken, 14. März 2020

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