„Dietmar, du darfst nicht einknicken“

Christoph Hentschel im Gespräch mit Dietmar Schäfers

Dietmar Schäfers ist stellv. Bundesvorsitzender der IG BAU und Verhandlungsführer der IG BAU für die Tarifrunde Bauhauptgewerbe

Dietmar Schäfers ist stellv. Bundesvorsitzender der IG BAU und Verhandlungsführer der IG BAU für die Tarifrunde Bauhauptgewerbe

( igbau.de)

UZ: Wie ist der Stand bei den Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe?

Dietmar Schäfers: Gerade wollten 70 Kolleginnen und Kollegen das Verhandlungslokal stürmen, was dann allerdings von dem Hotel mit unterbunden wurde. Es hat von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht. Bei den Verhandlungen selbst sind wir bisher keinen Schritt weiter. Die Arbeitgeber igeln sich ein.

UZ: Wie ist die momentane Lage auf dem Bau?

Dietmar Schäfers: Die Bauwirtschaft brummt wie Hacke. Die haben nicht genug Leute und suchen. Die können sich ihre Aufträge mittlerweile aussuchen, die Preise entwickeln sich. Und dann bieten die uns 1,65 Prozent plus 1,35 Prozent für den Osten an, weil wir da ja noch den Lohnunterschied haben. Aber wir können nicht mit 1,65 Prozent für den Rest der Republik hier aus der Tarifrunde rausgehen. Das werden wir auf keinen Fall tun. Und das wird eine sehr haarige Geschichte heute werden, ob wir überhaupt einen Kompromiss erzielen können?

UZ: Was sind eure Forderungen?

Dietmar Schäfers: Unsere Forderung war ja: 6 Prozent für zwölf Monate, mehr Weihnachtsgeld, vor allen Dingen für die Auszubildenden, die immer weitere Anreisen zu Berufsschulen haben, sollen die Kosten auch erstattet werden. Und wir wollen einen Einstieg finden in „Wegezeit ist Arbeitszeit“, weil ein normaler Arbeiter, der in Essen wohnt und bei ThysssenKrupp beschäftigt ist, hat einen Weg zur Arbeit von einer halben Stunde. Aber ein Bauarbeiter fängt heute in einem Baubetrieb an, ist morgen im Nachbarort beschäftigt und drei Wochen später muss der jeden Tag 120 Kilometer pendeln hin und 120 Kilometer zurück und kriegt dafür keinen Pfennig. Also da muss was geregelt werden. Aber insgesamt verhandeln die Arbeitgeber mit uns so, als wenn die Bauwirtschaft am Boden liegen würde. Und das macht die Verhandlungen so schwierig.

UZ: Wären für euch Tageswarnstreiks wie bei der IG Metall und ver.di jetzt eine Option?

Dietmar Schäfers: Die können wir nicht machen. Wir haben ein Schlichtungsabkommen, das heißt, während der gesamten Verhandlung ist Friedenspflicht. Und auch falls die Verhandlungen scheitern, dann haben wir eine Schlichtung mit einem externen Schlichter, das ist der Herr Wolfgang Clement, unser früherer Ministerpräsident aus NRW und früherer Wirtschaftsminister. Und erst dann, wenn es auch in einer Schlichtung kein Ergebnis gibt, dann können wir zu Warnstreiks oder zu Arbeitskampfmaßnahmen greifen. Das ist der Unterschied zu ver.di, zum öffentlichen Dienst und zur Metallindustrie.

UZ: Aber wären Tageswarnstreiks generell eine Option, die ihr machen wollt und auch könnt?

Dietmar Schäfers: Die Kollegen, die hier vor der Tür gestanden haben, haben mir als Verhandlungsführer ganz deutlich gemacht, nicht einzuknicken, weil die Stimmung am Bau ist richtig mies, auch aufgrund der Arbeitsbelastung und des Stresses. Sie haben mir auf die Fahne geschrieben: Dietmar, du darfst nicht einknicken. Eher streiken wir, damit wir den Arbeitgebern noch mal zeigen, dass wir Bauarbeiter sind und nicht irgendwelche Idioten. Also die Stimmung ist schon so draußen, dass die Kollegen sagen: Irgendwann ist auch mal Schluss. Und wenn es kein Ergebnis gibt, dann muss man streiken.

UZ: Welche eurer Forderungen hat denn jetzt Priorität? Welche wollt ihr unbedingt durchsetzen?

Dietmar Schäfers: Wir müssen in allen Bereichen etwas erzielen. Und natürlich ist das Thema Einkommen ein sehr wichtiges Thema, weil wir ja schon der Industrie hinterherhinken. Also Einkommen ist ein sehr wichtiges Thema. Ein flächendeckendes 13. Monatseinkommen muss kommen. Und wichtig ist vor allen Dingen auch das ganze Thema mit den Auszubildenden. Und perspektivisch brauchen wir auch eine Regelung „Wegezeit ist Arbeitszeit“, Arbeitszeit ist Lebenszeit. Das ist ja unser Motto, an dem wir arbeiten wollen.

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"„Dietmar, du darfst nicht einknicken“", UZ vom 20. April 2018



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