Ein Satz wie in Pudding gemeißelt: Deutschland wird Deutschland bleiben. Mit allem, was uns daran lieb und teuer ist.“ Da ist es wieder, das klassenübergreifende „Wir“, das alle Unterschiede der Interessen einebnet. Eben: Wir. Genauer: Deutsche.
In dem Satz, von Kanzlerin Merkel vorgetragen bei der Generaldebatte im Bundestag, weht der Geist der Freiheitsideologie Gauckscher Prägung. Er täuscht Gleichheit vor und lädt zur freien Interpretation ein. Wir, damit sind nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern zuallererst die gemeint, die sich bedroht fühlen durch Veränderungen, die sie nicht durchschauen, die anfällig sind für Hetze gegen Migranten und die den Kopf voll haben mit völkischem Ideologiemüll: „Hier im Innern des Landes leben sie noch/nach den alten Sitten und alten Gebräuchen,/kaum dezimiert durch Kriege und Seuchen“, wie Franz Josef Degenhardt sang. Für sie ist der Satz als Sedativ gedacht – ihr braucht nicht die AfD zu wählen, alles bleibt anders und wird wie es war.
Beruhigend wirken soll der Satz aber auch auf die, die sich gegen die aktuelle Militarisierung, gegen soziales Unrecht und gegen den neuen deutschen Chauvinismus mit der EU-Maske wenden.
Für die Herren und Quotendamen des Kapitals heißt „Deutschland bleibt Deutschland“: Wir machen die Grenzen nicht dicht. Ein Zustrom von jungen, oft gut ausgebildeten Menschen, deren Arbeitskraft ihr vernutzen dürft. Und ihr habt die Option, sie als Mittel zu verwenden, um Druck auf die Lohnquote auszuüben.
Und natürlich soll der Satz die Wellen der Diskussion innerhalb der CDU und der Koalition glätten. An die Adressen Seehofers und Gabriels bedeutet er: „Versucht euch ruhig zu profilieren. Die Richtlinien der Politik bestimmt die Kanzlerin. Und das bin ich.“
Für jeden ist was drin, das macht diesen tautologischen Satz so unpolitisch wie „Brautkleid bleibt Brautkleid und Blaukraut bleibt Blaukraut“. Die „Grünen“ als Fachleute für gutgemeintes Geplapper hatten verstanden, und ihre Fraktionschefin Göring-Eckardt wies die Kanzlerin in der Debatte darauf hin: „Den meisten Applaus haben Sie von den Grünen bekommen, den wenigsten von der CSU. Das sollte Ihnen zu denken geben.“