Letzte Woche überraschten das Bundesjustizministerium und die Generalbundesanwaltschaft die Öffentlichkeit mit einer Studie zum juristischen Personal der Bundesanwaltschaft in den Jahren seit der Gründung bis in die Mitte der 1970er-Jahre. Das Ergebnis: Fast alle Leitenden Staatsanwälte waren ehemalige Nazis. Wer hätte das gedacht? Was das in Zahlen heißt, zeigt die Studie unter dem bezeichnenden Titel: „Staatsschutz im Kalten Krieg“. So seien 1953 rund 80 Prozent der Juristen der Behörde schon vor 1945 als Nazijuristen tätig gewesen. Bei den leitenden Bundes- und Oberstaatsanwälten waren es auch zehn Jahre später noch 75 Prozent. Zehn von elf Bundesanwälten seien 1966 ehemalige NSDAP-Mitglieder gewesen.
Man könnte diese Nachricht unter dem Kapitel politische Realsatire abhandeln. Aber nicht für jene, die während des Faschismus Opfer eben dieser Juristen wurden. Sie traf aus unterschiedlichsten Gründen die brutale Realität von Juristen, die mit Hilfe des politischen Strafrechtes das faschistische Menschenbild und Gesellschaftsideal durchsetzten. Auch diejenigen, die in den 50er-Jahren und danach in die Fänge der politischen Justiz der Bundesanwaltschaft gerieten, weil sie wegen Verstoßes gegen das KPD-Verbot oder anderer „hochverräterischer Delikte“ angeklagt wurden, können diese Nachricht nicht als Satire auffassen.
Skandalös ist das Fazit der Autoren bei der Vorstellung der Studie, der Behörde sei der Übergang in den demokratischen Rechtsstaat dennoch „erstaunlich gut“ gelungen. Dazu beigetragen habe das Selbstverständnis, ab 1950 einzig „Diener des Rechts“ zu sein und sich den Zugriffen der Politik verweigert zu haben. Solche Eingriffe waren gar nicht nötig, denn die ehemaligen Nazis mussten ihre Perspektive nicht verändern. Ihr Arbeitsfokus war seit 1950 weitgehend die Kommunistenverfolgung, wenn man von den Ermittlungen gegen den „Naumann-Kreis“ einmal absieht, einen Zirkel von Altnazis, deren Auftreten die Adenauer-Regierung bei der Durchsetzung der Remilitarisierung störte.
Während Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) bei der Präsentation verkündete, mit dieser Studie setze sich die Bundesanwaltschaft mit ihrer „belasteten Vergangenheit“ auseinander, kritisiert die „junge Welt“, diese Studie stelle der Bundesanwaltschaft einen „Persilschein“ aus.