Referat der 6. Tagung des DKP-Parteivorstandes von Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP

Die Zeiten werden härter – Wir brauchen mehr Widerstand

Am 13. und 14. April traf sich der Parteivorstand der DKP zu seiner 6. Tagung in Leverkusen. Es ging um nicht weniger als die Stärkung der DKP in Zeiten des reaktionär-militaristischen Staatsumbaus. Wir dokumentieren im Folgenden – leicht gekürzt – das Referat von Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, zu aktuellen Fragen und der Vorbereitung des 26. Parteitages, der im Juni 2025 stattfinden soll.

Die Bundesregierung und große Teile der Opposition, der Militärapparat und die Rüstungsindustrie verwickeln unser Land immer tiefer in den Krieg in der Ukraine und in den Völkermord in Gaza. Sie treiben unser Land immer tiefer in die durch Israel eskalierten Konflikte mit Syrien, dem Libanon und dem Iran. In dieser Zeit lassen sich vier Offiziere der Bundeswehr bei ihren Planspielen zum Einsatz der Taurus-Raketen gegen die Krim-Brücke und andere Ziele in Russland erwischen. Sie spielen mit dem Feuer und das geschieht nicht ohne Orientierung von oben. Das ist mehr als unverantwortlich.

Pistorius, der neue Noske, will die Bundeswehr auf Krieg ausrichten. Wir alle, das ganze Land, Kinder und Schüler sollen kriegstüchtig gemacht werden. Man muss über das Zögern von Scholz bei Taurus-Lieferungen schon froh sein, obwohl wir wissen, wie oft sein anfängliches Zögern bei vergangenen Eskalationen des Krieges Vernebelungstaktik war. Man muss schon froh sein, wenn die deutsch-französische Konkurrenz dazu führt, dass nicht sofort auf die Wahnsinnspläne von Macron aufgesprungen wird, offiziell Truppen in die Ukraine zu entsenden.

Israel setzt auf Eskalation und Völkermord. Der Angriff auf die Botschaft des Iran in Syrien ist mehrfacher Völkerrechtsbruch und soll offensichtlich provozieren. Der Angriff auf das Al-Schifa-Krankenhaus genauso. Der sogenannte Wertewesten übt sich in Doppelmoral. Westliche Helfer als Opfer werden betrauert, die Todesopfer unter palästinensischen Helfern zählen nicht, das ist Rassismus. All das hat uns bewogen, nun auch zur Frage des Völkermords in Gaza ein EU-Wahlplakat zu machen.

Dass sich Kräfteverhältnisse in der Welt verschieben, wird auch an der Klage Nicaraguas gegen die BRD wegen der Unterstützung des Völkermords Israels deutlich. Inhaltlich ist das völlig berechtigt und wir haben öffentlich unsere Unterstützung auch für die Kampagne, vor deutschen Botschaften und Konsulaten zu protestieren, erklärt. Erstaunlich ist der Fakt an sich, der von einem neuen, Fortschritt ausdrückenden Selbstbewusstsein zeugt.

Gerade in der Palästina-Frage brauchen die Palästinenser und jüdische nicht-zionistische Stimmen in unserem Land dringend unsere Solidarität. DKP und SDAJ spielen hier eine gute Rolle. Konfrontiert sind wir immer wieder mit der rechten Strömung der „Antideutschen“, die offensichtlich für ihre Provokationen Morgenluft wittern. Kein Wunder, sie liegen völlig im Mainstream von Teilen der Linkspartei bis zur AfD. Ein widerwärtiges Beispiel war hier der Übergriff eines „Journalisten“ auf zwei Genossinnen beim Ostermarsch in Duisburg. Besonders widerwärtig: Die Versuche der Denunzianten-Plattform „Ruhrbarone“, die berufliche Existenz unserer Genossin Shabnam anzugreifen – da trifft der alte Satz vom „größten Lump im ganzen Land“ schon voll und ganz zu. Es wird auch versucht, uns beziehungsweise die UZ und den CommPress-Verlag juristisch anzugehen. Die UZ lässt sich nicht mundtot machen. Redaktion und Verlag haben eine geforderte Unterlassungserklärung nicht unterzeichnet.

Solidarität hat auch der Palästina-Kongress verdient. Er war mit Verbotsforderungen, Kontenkündigungen durch Bankinstitute und vielem mehr konfrontiert und wurde schließlich kurz nach Beginn gewaltsam beendet. Wir werden uns im Laufe der PV-Tagung mit solidarischen Grüßen an die Organisatoren und Teilnehmerinnen und Teilnehmer wenden.

Das Schicksal der Palästinenser im Gaza-Streifen ist schrecklich. Es ist in der Tat ein Völkermord, den Israel da begeht, auch tausende Kinder und Jugendliche sind unter den Opfern. Ein Transparent unserer Essener Kreisorganisation mit der Aufschrift „Waffenlieferungen sind Beihilfe zum Völkermord“ wurde beim Ostermarsch viel beachtet. Neben diesem ganzen Schrecken müssen wir aber auch die Gefahr der weiteren Eskalation sehr genau beobachten. Sowohl die Angriffe Israels auf das Territorium Libanons, aber erst recht der Angriff auf die iranische Botschaft in Syrien zeugen davon, dass die Herrschenden in Israel die Eskalation offensichtlich einkalkulieren und dabei möglicherweise selbst die eigenen imperialistischen Verbündeten vor sich hertreiben.

Hinter uns liegen die Ostermärsche. Natürlich hätten sie angesichts der Kriegssituation, der Eskalationspolitik der Bundesregierung größer sein müssen. Aber angesichts des Gesamtklimas, der medialen Kriegshetze und des Versagens von Teilen der Linken und der organisierten Arbeiterbewegung war das Ganze aus meiner Sicht mehr als ein Achtungserfolg. Mein Eindruck ist auch, dass es im Osten der Republik eine Tendenz zur Zunahme von Osteraktivitäten gibt. Aus meiner Sicht ist das sehr wichtig, weil wir dringend Strukturen der Friedensbewegung brauchen, die in möglichst vielen Orten verankert sind. In längerer Perspektive werden wir hoffentlich auch wieder an Strukturen in Betrieben, Universitäten und Schulen arbeiten.

Dabei bleibt erst recht auch in Auswertung der relativ schwachen Beteiligung der Gewerkschaften an den Ostermärschen unsere Hauptaufgabe bestehen: Das Zurückdrängen der Integration der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den Kurs der NATO, des Krieges und der Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten.

Eine sehr große Bedeutung kommt hier aus unserer Sicht dem Aufruf „Gewerkschafter gegen Aufrüstung und Krieg“ zu. Er ist inhaltlich so formuliert, dass er die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter zusammenführen kann, die nicht mit dem NATO-Kurs, dem Kurs von Aufrüstung und Waffenlieferungen, übereinstimmen. Aus unserer Sicht wird seine Bedeutung noch unterschätzt. Das gilt teilweise für unsere Partei selbst, aber offensichtlich auch noch innerhalb der gesamten Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung. Leider erschwert auch die Entscheidung der Initiatorinnen und Initiatoren, ihn nur online zeichnen zu lassen, den Einsatz zur Verbreiterung. Mit einem Online-Aufruf kann man weder bei Aktionen auf der Straße und natürlich erst recht nicht im und am Betrieb vernünftig sammeln. Wir können die Bedenken der Initiatorinnen und Initiatoren bezüglich des Aufwands für die Auswertung von Papierlisten nachvollziehen, trotzdem sollte hier über eine Unterstützung nachgedacht werden, die eine Korrektur dieser Entscheidung ermöglicht.

Wichtig sind Initiativen, diesen Aufruf auch in Gremien zu bringen und dort um Unterstützung zu ringen. Aus unserer Sicht ist es schon dringend nötig, dass sich auch unsere Leitungsgremien mehr damit befassen, wie wir den Aufruf und seine Unterstützung nach vorne bringen können. Überlegenswert ist es, sich mit den örtlichen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zu vernetzen, gegebenenfalls auch als Grundlage für gewerkschaftliche Friedensinitiativen. Wir sollten unbedingt auch den 1. Mai nutzen, um zahlreiche weitere Unterstützerinnen und Unterstützer zu gewinnen. Am 23. April findet eine Videokonferenz der Unterstützerinnen und Unterstützer des Aufrufs statt. Das ist sicher eine wichtige Gelegenheit, um Aktionsideen auszutauschen, um darüber zu beraten, wie der Aufruf zu einer breiten Plattform des gewerkschaftlichen Friedenskampfes werden kann.

Denn die Militarisierung und damit auch der reaktionär-militaristische Staatsumbau gehen dramatisch weiter. Die Herrschenden spüren offensichtlich, dass sie bei den Generationen, die Krieg und Nachkrieg, Entspannungspolitik und Friedensbewegung der Achtziger noch mitbekommen haben, Probleme haben, ihre Kriegstreiberei völlig zu verankern. Da reicht es noch nicht mal, dass man die Grünen völlig umgedreht hat, das wirkt wohl im Bildungsbürgertum, nicht aber in der Breite. Offensichtlich hat ihnen auch die Instrumentalisierung des Antifaschismus für das Zelebrieren einer neuen Gemeinsamkeit nicht genügend Fortschritt gebracht. Offensichtlich sind sie nun entschlossen, das Problem über die nachwachsenden Generationen anzugehen. Davon zeugt das widerliche Taurus-Kinder-Video genauso wie die Aussagen der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), die gegenüber der Presse sagte, dass Ziel des Bildungswesens müsse sein, „unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken“. Sie sprach sich auch für Zivilschutzübungen an Schulen aus. Sie rief die Schulen auch auf, ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. So sollten Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für die Sicherheit der Gesellschaft tue. Die jungen Menschen müssten die Bedrohungen der Freiheit kennen und mit den Gefahren umgehen können, forderte Stark-Watzinger. Da reiht sich nahtlos der Versuch ein, Zivilschutzklauseln an Universitäten zu schleifen und generell die universitäre Forschung und Bildung noch stärker dem Militarismus vorzuwerfen.

Liebe Genossinnen und Genossen,
über Ostern tagte der Bundeskongress der SDAJ. Die Genossinnen und Genossen konnten nicht anders, weil es nicht nur ein „normaler“ Bundeskongress war – die Beschlussfassung eines neuen „Zukunftspapiers“, der programmatischen Grundlage der SDAJ stand an und Schülerinnen und Schüler können keinen Urlaub nehmen – für den Kongress waren aber drei Tage notwendig.

Über 140 Delegierte trafen sich, das Durchschnittsalter lag bei 24 Jahren, knapp die Hälfte war erst in den letzten Jahren Mitglied der SDAJ geworden. Also ein wirklich junger Kongress. Die Delegierten kamen aus über fünfzig Gruppen der SDAJ. Die SDAJ konnte damit die Anzahl ihrer Gruppen um fast die Hälfte erhöhen – auch dazu herzlichen Glückwunsch. Der Kongress war spannend, es wurde viel und auf hohem Niveau diskutiert – trotzdem waren die Schlussabstimmungen über die zentralen Dokumente einstimmig. Das obwohl oder vielleicht auch weil es eine sehr intensive Diskussion im Vorfeld gegeben hatte, die auch zu hunderten von Anträgen geführt hatte. Die Führung der SDAJ wurde sehr einheitlich gewählt, das betrifft auch die Bundesgeschäftsführung. Stellvertretend gratulieren wir unserer Genossin Andrea, die als Bundesvorsitzende einstimmig bestätigt wurde.

Das Verhältnis zur Partei, also zu uns, war oft Teil der Diskussionen, aber immer in einer sehr wertschätzenden Art und Weise. Die Führung der SDAJ hat unter Beweis gestellt, wie wichtig ihr dieses Verhältnis ist und der Kongress ist dem mit großer Einheitlichkeit gefolgt. Ich hatte in unserem Grußwort u. a. gesagt, „wie wichtig unsere Kampfgemeinschaft ist – sie ist nicht bloße Bündnispolitik. Kampfgemeinschaft ist gemeinsame Weltanschauung, gemeinsame Strategie, gemeinsame Praxis, gemeinsames Handeln und natürlich auch Debatten und Diskussionen.

Unsere Kampfgemeinschaft ist unverzichtbar – gerade in Zeiten, die wohl härter werden. Die Jugend geht ihren eigenen Weg zum Sozialismus, sagte Clara Zetkin – deswegen orientierte die illegale KPD nicht auf einen Jugendverband als Bestandteil der Partei. Die revolutionäre Jugend braucht die revolutionäre, Kommunistische Partei, deswegen ist die Verteidigung dieser Kampfgemeinschaft alternativlos.“

Die SDAJ ist mit ihrem Kongress hier in Vorleistung getreten, es ist auch an den Gliederungen der Partei, dies viel mehr mit Leben zu erfüllen. Ihr könnt vieles weitere in der UZ nachlesen. Wir können der SDAJ nur zu diesem Bundeskongress gratulieren und freuen uns natürlich auch über zwei bis drei Dutzend Probeabos für die UZ, sowie mindestens drei Voll-Abos und drei Aufnahmeanträge für die Partei.

Ihr habt in der UZ sicher auch gelesen, dass es auch die SDAJ getroffen hat: Der Platz für ihr geplantes Festival der Jugend in Köln soll ihr aus politischen Gründen verweigert werden, ihr Verhältnis zur DKP wird stark als Begründung angeführt. Das ist ein Unding. Ich konnte vor wenigen Monaten an einer Ehrung der tollen Band Floh de Cologne teilnehmen. Die Oberbürgermeisterin von Köln verlieh ihnen (zu Recht) einen Preis für ihr Lebenswerk. Kurz später dürfen sie in Köln nicht auftreten, weil der SDAJ als Veranstalter die Örtlichkeiten vorenthalten werden – das ist pervers, aber auch Ausdruck dessen, was wir reaktionär-militaristischen Staatsumbau nennen.

Wir dürfen uns unsere Räume nicht nehmen lassen. In diesem Zusammenhang sehen wir auch unsere UZ-Friedenstage als großes, bundesweites Signal des Widerstands gegen den reaktionär-militaristischen Staatsumbau. Jetzt muss vor allem die Mobilisierung beginnen – es ist kein UZ-Pressefest, aber trotzdem sollen die Friedenstage groß, ausstrahlend, politisch und gut besucht werden.

Liebe Genossinnen und Genossen,
alleine der Skandal mit dem Taurus-Video in der Logo-Nachrichtensendung von KiKa, dem von ARD und ZDF betriebenen Kinderkanal, macht deutlich, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland seinen Charakter völlig verändert hat. Heute treibt er oftmals die Krieger in Regierung und Opposition sogar noch vor sich her. Gut, dass sich auch hier, in gewissen Umfang, Widerstand regt. Dazu gehört aktuell das „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“. Wir sind als Sekretariat der Meinung, dass es richtig ist dies zu unterstützen und zu zeichnen.

Diese Militarisierung läuft aber nicht nur im ideologischen und medialen Bereich. Sie läuft auch, logischerweise, im direkt militärischen Bereich. Da muss man dem Noske-Wiedergänger Pistorius durchaus eingestehen, dass er ernst meint, was er sagt – er ertüchtigt die Bundeswehr für kommende Kriege des deutschen Imperialismus. Dazu gehört die Bundeswehrreform. Vieles ist noch nicht an die Öffentlichkeit gelangt, aber der Vergleich, dass die neue Führungsstruktur den Zuschnitt eines Generalstabs hat, bringt es schon auf den Punkt. Und mindestens 5.000 Bundeswehr-Soldaten dauerhaft an der Grenze zu Russland, in Litauen. Das ist weitreichend: Es ist der endgültige Abschied davon, dass große NATO-Kontingente nicht dauerhaft an der russischen Grenze stehen. Auch wenn in der Vergangenheit schon mit der Rotation wortbrüchig umgangen wurde, das ist eine neue Qualität.

Dass es ausgerechnet deutsche Truppen, also die offizielle Nachfolge des faschistischen Aggressors sind, das ist eine neue Qualität. Eine neue Qualität aber auch für die Bundewehr, denn ein solches Truppen-Kontingent hat nichts mehr mit der Strategie der Eingreiftruppen zu tun, sondern das ist das Hinwenden zum Landkrieg in Europa. Eine neue Qualität auch in der Konkurrenz mit dem französischen Imperialismus. Der deutsche Imperialismus will im Rahmen der NATO offensichtlich in Europa die Speerspitze der NATO-Strategie gegen Russland und China sein.

Für uns bleibt es dabei: 75 Jahre NATO sind mehr als genug. NATO raus aus Deutschland – Deutschland raus aus NATO und EU.

Wir müssen hier auch einer Verklärung der Geschichte entgegenwirken. Es ist zwar legitim, in der Agitation Sätze von Brandt und Schmidt, wie z. B. „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles Nichts“ oder „Es ist besser 1.000 Stunden zu verhandeln, als eine Stunde zu schießen“ zu verwenden. Es ist andererseits aber grundfalsch zu übersehen, dass NATO und die Vorläufer der EU immer aggressive, imperialistische Gebilde waren und dass auch die sogenannte „Entspannungspolitik“ nicht der Friedfertigkeit von NATO, EU entsprungen sind, sondern einem realistischen Blick auf ein Kräfteverhältnis, dessen wesentliches Moment die militärische und ökonomische Stärke des realen Sozialismus war.

Liebe Genossinnen und Genossen,
ich befasse mich im Folgenden mit der politischen Perspektive hin zum Parteitag und darüber hinaus, darunter auch mit den Bundestagswahlen, die, falls sie nicht vorgezogen werden, im Herbst 2025 stattfinden. Wie ihr am Entwurf des Einberufungsbeschlusses seht, schlagen wir vor, den kommenden Parteitag vom 20. Juni bis zum 22. Juni 2025 durchzuführen.

Wir haben zur ersten Vorbereitung ein Kolloquium in Leverkusen durchgeführt. Dort haben wir uns vor allem mit der Vertiefung unserer Analyse des deutschen Imperialismus befasst – einige von uns haben teilgenommen. Wir möchten uns nochmal ganz herzlich bei Beate Landefeld, bei Stephan Müller, Conny Renkl und Ralf Hohmann bedanken, die uns mit ihren Einstiegsreferaten eine große Hilfe waren. Viel von dem wird sich in den Leitgedanken/Thesen wiederfinden, die wir zur Vorbereitung der Diskussion auf dem Parteitag erarbeiten wollen. Wir haben danach eine Klausur des Sekretariats durchgeführt, bei der wir auf dieser Basis diskutiert haben, welche politische Entwicklung wir in unserem Land in den nächsten zwei bis drei Jahren erwarten und wie Grundzüge einer Strategie und Handlungsorientierung unsererseits aussehen können.

Wir haben die folgenden Überlegungen auch ein erstes Mal mit den Leitungen unserer Kommissionen Kommunalpolitik, Friedenspolitik und Betriebs- und Gewerkschaftspolitik diskutiert, deren Diskussion zur weiteren Qualifizierung beigetragen hat.

Welche politischen Rahmenbedingungen erwarten wir?

Erstens: Wir sehen derzeit weder Regierungs- noch parlamentarische Konstellationen, die eine Chance auf Abkehr von der aggressiven Politik des deutschen Imperialismus nach außen noch nach innen beinhalten. Parlamentarisch haben wir es mit einer übergroßen Koalition von der AfD bis hin zu Teilen der Linken zu tun, die teilweise oder ganz diesen Kurs stützt.

Zweitens: Daraus ergibt sich, dass ein einfacher Regierungswechsel aus heutiger Sicht keine Hoffnung auf eine Umkehr dieses Kurses macht. Natürlich gibt es dabei immer auch Differenzierungen. Zum Beispiel wenn der Fraktionsvorsitzende der SPD, Mützenich, realistische Überlegungen zu einem Friedenskurs anmahnt. Diese Differenzierungen müssen wir genau beachten. Hegemonial können sie auf parlamentarischer Ebene ohne außerparlamentarischen Druck derzeit nicht werden.

Drittens: Es folgt aus unserer Sicht zwingend, dass nur durch außerparlamentarische Bewegung, die dann möglicherweise auch das parlamentarische und das Parteiensystem verändert, eine Umkehr des heutigen verheerenden Kurses möglich ist. Auch dafür gibt es derzeit wenig Ansatzpunkte, vor allem, weil die weitgehende Integration der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung behindert, dass aufbrechende Widersprüche, auch in anderen Bevölkerungsteilen, zielgerichtet auf eine Umkehr des herrschenden Kurses hinwirken. Das Zurückdrängen dieser Integration ist eine sehr langfristige Aufgabe, sie erfordert Klugheit, Fingerspitzengefühl und damit vor allem Kollektivität. Es erfordert das Zusammenbringen von Kämpfen, kleinen und großen, mit der Frage von Krieg, Frieden, Aufrüstung, Waffenlieferungen und deren Kosten. Als Beispiel sollten wir dringend versuchen, Solidarität mit den anstehenden Streiks im Nahverkehr in NRW zu üben und dabei genau das Kaputtsparen des Nahverkehrs und das Kaputtmachen der dort Beschäftigten in den Zusammenhang mit den Kriegs- und Aufrüstungskosten zu stellen.

Viertens: Die massiven Angriffe auf die sozialen und demokratischen Rechte werden zunehmen, also der reaktionär-militaristische Staatsumbau wird härter, solange er nicht gestoppt wird. Ohne starke außerparlamentarische Bewegung ist er nicht zu stoppen. Seine Verschärfung wird auch Widersprüche verschärfen und zu Ausbrüchen von Widerstand führen. Solange die Arbeiterbewegung nicht in der Lage (oder willens) ist, diesem Widerstand eine antimonopolistische Stoßrichtung zu geben, wird er sich gegebenenfalls chaotisch, widersprüchlich, irrational, möglicherweise auch irrational-gewalttätig äußern.

Fünftens: Selbst wenn die ein oder andere Kriegssituation, an der der deutsche Imperialismus beteiligt ist, in eine andere Phase, gegebenenfalls eine weniger kriegerische übergeht, wird das an der Gesamtaggressivität des Imperialismus, der NATO, der EU, in die sich der deutsche Imperialismus einordnet, ohne seinen eigenen langfristigen Weltmachtanspruch aufzugeben, nichts ändern.

Sechstens: Deswegen kann der deutsche Imperialismus auch seine soziale Kahlschlagpolitik nicht ändern. Er wird allerdings die Strategie beibehalten, die Angriff und Bestechung beinhaltet, die differenziert und zeitlich versetzt vorgeht und die immer versucht, die nichtmonopolistischen Teile der Bevölkerung gegeneinander auszuspielen. Hier müssen wir nach wie vor auch die gewaltige Ost-West-Spaltung sehen. Nicht zuletzt die Studien zur zukünftigen Bevölkerungsentwicklung der Bundesländer belegen, dass die dramatische soziale Situation im Osten zu massiver Abwanderung und im Gefolge Überalterung und weiterer Verarmung führt.

Siebtens: Dem wird auch die weitere Zunahme der Repression dienen, wie sie derzeit unter anderem durch Faeser und Haldenwang skizziert wird. Repression wird aber immer ergänzt sein durch direktes Ausspielen – dem dient die Bezahlkarte für Flüchtlinge genauso wie die Propaganda von den faulen Bürgergeldbeziehern. Dies wiederum wird ergänzt werden durch ideologische Spaltungskampagnen. Diese werden sich vermutlich oft eines entkernten Antifaschismus oder eines angeblichen Kampfes gegen Antisemitismus bedienen.

Achtens: Eine besondere Form der Spaltung stellt auch die zwischen der Lebensrealität von armen Bevölkerungsteilen und in armen Stadtteilen und dem dar, was sich in der parlamentarisch-bürgerlich-politischen Ebene tut. Die Berührungspunkte werden weniger. Auf der bürgerlich-parlamentarischen Ebene scheint sich immer mehr nur noch die Lebensrealität von Teilen der Bevölkerung widerzuspiegeln, die man wohl mit vom Bildungsbürgertum und unbefristet Vollzeitbeschäftigten in nicht-prekären Verhältnissen aufwärts beschreiben kann.

Wir meinen, wir haben beim vergangenen Parteitag mit dem Beschluss „Heizung, Brot und Frieden“ die Hauptaufgaben richtig bestimmt. Und wir haben sie richtig konkretisiert, wenn wir sagen, es geht um das Zurückdrängen der Integration der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in den NATO- und Aufrüstungskurs, in den Kurs der Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten und den reaktionär-militaristischen Staatsumbau.

Wir wollen versuchen, das noch etwas zu präzisieren, um damit auch den Parteitag vorzubereiten. Wir müssen mit unseren beschränkten Kräften versuchen, in möglichst vielen Städten und Gemeinden jetzt Kristallisationskerne zu bilden, die die Chance bieten, bei aufbrechenden Widersprüchen eine Stoßrichtung zu vermitteln, die gerade verhindert, dass diese chaotisch, irrational, widersprüchlich werden.

Das werden in der Regel örtliche Bündnisse sein, sie können unterschiedliche Ausprägungen haben:

Das können bereits bestehende Bündnisse „Heizung, Brot, Frieden“ sein, oder sich ähnlich orientierende.

Das können Bündnisse sein, die sich um Unterzeichner des Gewerkschafter-Aufrufs „Gewerkschafter gegen Aufrüstung und Krieg“ gruppieren.

Denkbar sind auch Bündnisse, die unter der Überschrift „Es reicht“ sehr breit versuchen, die Widersprüche aufzugreifen.

Wichtig scheint uns bei allen Schwierigkeiten das Ringen um die Einbeziehung organisierter Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung ohne gleichzeitig Einfallstore für Integration und Parlamentarismus zu öffnen. Es müssen aus unserer Sicht vor allem Aktionsbündnisse sein, deren klarer Schwerpunkt in der Entwicklung außerparlamentarischer Bewegung liegt. Wichtig ist es auch, um Wohlfahrtsverbände zu ringen, aber natürlich auch den Versuch zu machen, Menschen mitzunehmen, deren Heimatländer direkt von der Kriegspolitik des Imperialismus betroffen sind und die sich nicht auf die Seite des Imperialismus stellen. Das umschließt auch die Bereiche der russischen und palästinensischen Migration.

Meist wird es anfangs nicht gelingen, örtliche oder regionale Gewerkschaftsgliederungen, ganze Organisationen zu gewinnen. Ganz entscheidend hängt der Erfolg solcher Bemühungen von unserer eigenen Verankerung in der Klasse ab. Deshalb ist diese Orientierung auch keine Änderung unserer Orientierung „Heizung, Brot, Frieden“, sondern eher eine Konkretisierung und Weiterentwicklung. Sie ergibt sich aber zwingend aus den oben genannten Überlegungen.

Ob bereits bestehende Bündnisse vor Ort in der Lage sind, solche Kristallisationspunkte zu bilden, ob bestehende Bündnisse dorthin weiterentwickelt werden können oder ob es nötig ist, den Versuch zu unternehmen, neue Bündnisstrukturen zu bilden, das muss vor Ort geprüft und entschieden werden. Wichtig zur Beurteilung ist die Fähigkeit der Ausstrahlung in Betriebe und Gewerkschaften, aber auch die Bereitschaft, sich auf aufbrechenden Widerstand einzulassen, auch wenn dieser zu Beginn vielleicht chaotisch ist und gegebenenfalls auch irrationale Züge hat.

Das führt uns auch zu einem Ausblick auf die Bundestagswahlen und unser eigenes Auftreten. Natürlich brauchen wir dazu eine Diskussion in der Partei, bevor wir darüber entscheiden.

Aus unserer heutigen Sicht deutet wenig darauf hin, dass sich bis zum Spätsommer/Herbst 2025, dem planmäßigen Termin der kommenden Bundestagswahl, viel daran ändert, dass tatsächliche Kurswechsel wohl derzeit weniger durch Regierungswechsel und parlamentarische Verschiebungen, sondern höchstens durch außerparlamentarische Bewegung kommen. Darauf setzt aber derzeit im parlamentarischen Bereich niemand, leider auch nicht die neue Kraft BSW.

Wir hoffen, dass es bis zur Bundestagswahl Ansätze für die Entwicklung einer außerparlamentarischen Bewegung gegen Krieg, Waffenlieferungen, Hochrüstung, Kahlschlag und Demokratieabbau gibt. Es könnte kontraproduktiv sein, wenn diese Ansätze dann durch eine herannahende Wahl parteitaktisch überschattet würden. Für uns selbst spricht aus unserer Sicht deshalb vieles dafür, in Richtung der Bundestagswahlen keinen riesigen Kraftaufwand für eine Absicherung der Kandidatur zu planen, die uns vermutlich flächendeckend aus Kräftegründen auch nicht möglich wäre. Wie gesagt, dass muss natürlich in der Partei diskutiert werden.

Wir schlagen auch vor, die ursprüngliche Überlegung, möglichen Partnern in der außerparlamentarischen Bewegung strategische Überlegungen der Kommunistinnen und Kommunisten für eine antimonopolistische, außerparlamentarische Bewegung vorzulegen, etwas zurückzustellen. Zurückstellen meint keineswegs, diese Überlegungen zu verwerfen. Wir denken nur, dass es Sinn macht, zuerst Erfahrungen im Ausloten der Bildung von lokalen Strukturen zu sammeln, bevor wir strategische Überlegungen dafür erarbeiten, um diese mit möglichen Partnern zu diskutieren.

Wir können uns vorstellen, dass in einem Prozess das Bedürfnis entsteht, sich bundesweit zu verständigen, zum Beispiel bei einem Kongress unter dem Motto „Es reicht“. Aber auch hier schlagen wir vor, dass es besser ist, wenn das aus der konkreten Zusammenarbeit vor Ort erwächst und wir solche Überlegungen nicht an den Anfang stellen.

Uns ist klar, dass das ein langfristiges Unterfangen ist. Wir wollen diese Aufgabe erst einmal bis zum Parteitag im Juni 2025 stellen. Ein Schwerpunkt des Parteitags soll dann der Erfahrungsaustausch werden. Dabei geht es um „Heizung, Brot, Frieden“ im engeren Sinn, also die Verankerung der Partei in der Arbeiterklasse und der Arbeiterbewegung, aber auch um das Vorankommen in der Entwicklung außerparlamentarischer Bewegung.

Über unser konkretes Herangehen an die Bundestagswahl, immer unter dem Vorbehalt, dass sie planmäßig stattfindet, können wir bei einer der kommenden beiden PV-Tagungen entscheiden. Wenn wir uns doch zu einem Antreten mit Landeslisten entscheiden sollten, könnten wir die Landes- und Bezirkskonferenzen in Vorbereitung des Parteitags auch für deren Aufstellung nutzen.

Bei den Planungen sollten wir auch beachten, dass in dieser Zeit wichtige Tarifrunden stattfinden. Sie werden von der Frage geprägt sein, wohin das Geld geht, das den Beschäftigten nicht zugestanden wird. Oder wie ein Kapitalvertreter sagte: „Kanonen und Butter, das geht nicht gleichzeitig“. Von Bedeutung wird hier die Tarifrunde des Öffentlichen Dienstes, des Bundes und der Kommunen, kurz TvÖD sein. Die Kündigung der Tarifverträge ist zum 31. Dezember diesen Jahres geplant, direkt betroffen sind über 2,4 Millionen Beschäftigte.

Ihr seht, dass wir im Entwurf des Einberufungsbeschlusses des 26. Parteitags neben dem Referat zur Auswertung der MBNA und zur organisationspolitischen Entwicklung auch ein Referat zur „Einschätzung der Entwicklung des Imperialismus und den Aufgaben der DKP“ geplant haben. Hier liegt aus unserer Sicht der Schwerpunkt vor allem auf der Entwicklung des deutschen Imperialismus. Mit der entsprechenden Diskussion bildet das Referat eine Grundlage für den oben genannten Erfahrungsaustausch. Diese Diskussion wollen wir mit Leitgedanken/Thesen vorbereiten, die wir im Herbst, also lange vor dem Parteitag, zur Verfügung stellen. Auf dem Parteitag sollen sie nicht beschlossen werden.

Für die Beschlussfassung auf dem Parteitag schlagen wir ein Dokument vor, dass unsere strategischen Überlegungen und eine konkrete Handlungsorientierung umfasst. Darüber hinaus schlagen wir die Beschlussfassung eines internationalen Antrags vor. Beide Entwürfe planen wir bei der September-PV-Tagung zur Beschlussfassung und Veröffentlichung ein.

Zu den anstehenden Aufgaben für die Partei und ihre Gliederungen in den kommenden Tagen und Wochen:

  • Jetzt die „heiße“ Phase des Wahlkampfs organisieren, zum Beispiel das Plakatieren und andere Aktionen.
  • Den 1. Mai vorbereiten, vor allem auch überlegen, wie wir mit der UZ und dem Aufruf „Gewerkschafter gegen Krieg und Aufrüstung“ arbeiten können. Gegebenenfalls auch planen, ob und wie wir zu örtlichen Treffen der Unterstützerinnen und Unterstützer kommen.
  • Die Kampagne um die Gewinnung von Probe-Abos für die UZ intensivieren, auch hier bietet sich natürlich der 1. Mai, aber auch Aktivitäten am 8. und 9. Mai an.
  • Auf die SDAJ zugehen und gemeinsam diskutieren, wie die Zusammenarbeit intensiviert werden kann.
  • Die Mobilisierung für die UZ-Friedenstage, die vom 23. bis 25. August rund um und im ND-Gebäude in Berlin stattfinden, intensivieren, die Anfahrt und Übernachtungsmöglichkeiten für die Genossinnen und Genossen, für Freunde organisieren.

Die Referate und Beschlüsse von PV-Tagungen werden auf dkp.de im Mitgliederbereich zur Verfügung gestellt. Über die 6. Tagung des Parteivorstands der DKP schreibt Wera Richter in der UZ vom 19. April 2024.

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