Die katalanische Regionalwahl am 27. September ist zum inoffiziellen Volksentscheid über eine Abspaltung der Region von Spanien geworden. „Das Datum wird in die Geschichte Kataloniens eingehen“, äußerte Artur Mas, der Regierungschef der spanischen Autonomen Region Katalonien. Denn die Einheitsliste aus Mas‘ liberaler Partei Convergència Democràtica de Catalunya (CDC) und der linken Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) hat sich verpflichtet, innerhalb von acht Monaten einseitig die Unabhängigkeit der Region zu erklären, wenn sie bei den Wahlen mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten sollte. Aktuelle Umfragen sehen die Einheitsliste der Sezessionisten derzeit knapp im Rückstand, ihr wird jedoch zugetraut, noch Unterstützer zu gewinnen.
Das deutsche Establishment reagiert unterschiedlich auf die geplante Abspaltung Kataloniens. In der Vergangenheit hat die Bundesrepublik den katalanischen Separatismus immer wieder gefördert: Verschiedene von der Regierung finanzierte Stiftungen sprachen sich mehr oder weniger offen für die Separatisten aus, 2007 war – symbolisch hochwirksam – mit Katalonien erstmals eine Region zum offiziellen „Partnerland“ der Frankfurter Buchmesse erklärt worden – ein Fest für Sezessionisten.
Im vergangenen Jahr sind allerdings auch gegenteilige Stimmen laut geworden. Dies hat mit der ökonomischen Bedeutung Kataloniens zu tun. Die kleine Region erwirtschaftet rund 19 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 26 Prozent der spanischen Exporte. Die Bundesrepublik ist größter Handelspartner und insbesondere größter Lieferant der Region. Die ausländischen Firmen in Katalonien stellen 25 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen in ganz Spanien. Rund 18 Prozent davon kommen jeweils aus Deutschland und aus Frankreich, die sich damit Platz eins teilen. Katalonien, der Motor der spanischen Ökonomie, unterhält also besonders enge Wirtschaftsbeziehungen zur Bundesrepublik.
Katalonien besitzt damit zwar innerhalb Spaniens besondere Bedeutung für deutsche Unternehmen – dies aber eben auch, weil es Teil des spanischen Marktes ist. Deutsche Firmen seien „für einen Markt von 40 Millionen Spaniern nach Katalonien gekommen und nicht nur für sieben Millionen Katalanen“, ließ sich der Präsident eines „Kreises deutschsprachiger Führungskräfte“ mit Sitz in Barcelona, zitieren. Einige Kapitalvertreter warnten Anfang 2014 vor „verheerenden Folgen“ einer Abspaltung.
Regierungsberater halten diese Schwierigkeiten prinzipiell für lösbar. Man müsse Hindernisse für den Kapital- und Warenverkehr vermeiden, so eine Analyse der vom Bundeskanzleramt finanzierte Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Auch in der Frage, ob Katalonien nicht einfach den Euro weiternutzen darf, solle man flexibel sein. Zudem bringen Ökonomen andere Argumente für die Spaltung ins Spiel. Im Herbst letzten Jahres erklärte der Wirtschaftsprofessor Roland Vaubel, der dem Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums angehört: Eine Abspaltung Kataloniens stärke den „wirtschaftspolitischen Wettbewerb“, deshalb sei sie zu befürworten.