Die Qualitätspresse hatte der AfD kurz vor der Berlin-Wahl noch einmal zu einem PR-Gag verholfen. Nicht ohne Erfolg. Aus dem Stand 14,2 Prozent. Gerade noch 3 Prozent von der Schwesterpartei CDU entfernt. Auch hier hat die „Groko“ keine Mehrheit mehr. Da fragt es sich, wie lange noch die Schamfrist zur Petry-Truppe hält.
Frauke Petry hatte in einem „Welt“-Interview ziemlich unmotiviert über das Adjektiv „völkisch“ schwadroniert. Die Qualitätspresse hatte Petry den Gefallen getan und das Gerede gierig zu einem Skandal aufgeblasen. Natürlich wohl wissend, dass das Wort „völkisch“ im rechten Spektrum durchaus nicht als faschistisches Unwort verstanden wird, sondern als ein, in einer Art deutsch-nationalem Verständnis positiver Integrationsbegriff. Und Frauke Petry und die AfD steht daher für immer mehr im Land, und nicht nur Rechte, als Vorkämpfer nationaler Interessen, gegen den nationalen Ausverkauf durch Merkels „Groko“. 14,2 Prozent zeigen, dass die Skandalisierung des Begriffs „völkisch“ durchaus in die gewünschte Richtung gewirkt hat.
Die nationale Rhetorik der AfD verfängt nicht ohne Grund. Der Klassenkampf durch das entgrenzte Finanzkapital, die Euro-Krise und das austeritätspolitische Krisenverschärfungsprogramm haben nicht nur die sozial-ökonomischen Interessen der arbeitenden Bevölkerung, sondern auch das, was Konservative unter nationalem Interesse verstehen massiv beeinträchtigt. Das Gemeinwesen Bundesrepublik zahlt einen hohen Preis dafür, dass es sich den Interessen des Finanzkapitals ausgeliefert hat. Das ist, wie Le Pen & Co. zeigen, in den anderen kapitalistischen Hauptstaaten nicht anders.
Dieser historischen Niederlage im Klassenkampf ist natürlich ebenso wenig mit der Aufwertung des Adjektivs „völkisch“ wie mit dem CSU-Mythos eines „christlichen Abendlandes“ zu begegnen. Der völkische Deutschnationalismus war schon bei seiner Entstehung vor 130 Jahren (als politische Speerspitze des Finanzkapitals, das man bei Gelegenheit zu bekämpfen vorgab) innenpolitisch militaristisch-reaktionär und außenpolitisch aggressiv-expansionistisch. Da dürften die Damen Petry und von der Leyen, bei Licht betrachtet, durchaus zusammenfinden. Und auch Wolfgang Schäuble, als schwäbische Hausfrau, dürfte sich für das reizende Duo erwärmen können. Wobei er, für eine Handvoll Divisionen mehr, seine geliebte Schwarze Null einstweilen in den Keller packen müsste. Mit nationalem Interesse hatte das alles damals so wenig zu tun wie heute.
Als „linke Alternative“ wird nun „Rot-Rot-Grün“ ins Spiel gebracht. Das ist der gleiche Unsinn von der anderen Seite. Die bittere Wahrheit heißt: Es gibt keine linken Mehrheiten. Nicht in Berlin und auch nicht anderswo. Wer so etwas will, muss sich die Agenda-SPD und die Nato-Olivgrünen zu linken Parteien umlügen. Dann lässt sich aber auch der Eindruck nicht mehr verdrängen, dass es nur um den Platz an den Fetttrögen geht. Wie bei den anderen, inklusive AfD, auch.