Zur Blutspur der NATO und wie sie enden könnte

Die USA isolieren

Vor knapp einem Jahr hat Bundeskanzler Olaf Scholz das Jahr 2022 zum Jahr einer Zeitenwende erklärt. Der Begriff beinhaltete damals das Schweigen über die von der OSZE bis dahin gezählten fast 15.000 Opfer ukrainischer Artillerieangriffe auf Zivilisten im Donbass und das Schweigen über die jahrelang im Schatten des Minsker Abkommens betriebene Aufrüstung der ukrainischen Armee. Sie sollte Schritt für Schritt in das NATO-Militärbündnis eingegliedert werden.

Seit ihrer Gründung im April 1949 zieht die NATO eine Blutspur durch die Geschichte. Ihre bis heute führende Macht, die USA, hat sich weder von UNO-Resolutionen noch vom Leid der von ihr gequälten Völker von ihrem Wahn abbringen lassen, eine „auserwählte Nation“ zu sein, die über dem Recht steht und das Zentrum der Welt bildet. Ob bei der Abschlachtung Hunderttausender in Indonesien, dem Verbrennen unzähliger Kinder in Vietnam, der Blockade Kubas, dem blutigen Putsch gegen Salvador Allende in Chile, der Zerschlagung Jugoslawiens oder dem Krieg gegen mehrere arabische Länder, in denen bis heute Chaos und Verzweiflung herrschen – nichts schien diese Blutsäufer aufhalten zu können.

Scholz hatte recht mit seinem Begriff von der Zeitenwende – aber in einem ganz anderen Sinne als von ihm vermutet. Was in der Ukraine passiert, ist möglicherweise der Beginn vom Ende dieser westlichen Dominanz und Arroganz. Obwohl die NATO alle ihre Rüstungsfabriken hochfährt und zehntausende Ukrainer im professionellen Töten trainiert, gelingt es ihr anders als gegen Jugoslawien oder den Irak nicht, die russische Armee zu zerstören und den Menschen im Donbass oder auf der Krim wie in der restlichen Ukraine den Gebrauch der russischen Sprache zu verbieten. Die Wirtschaftssanktionen der USA, der EU und Japans erweisen sich zunehmend als stumpfe Waffe. Sie senken den Lebensstandard vor allem der westeuropäischen und insbesondere der deutschen Bevölkerung. Statt wie von der gefährlichsten Außenministerin, die Deutschland je hatte, erwartet, Russland „in den Ruin“ zu treiben, beschleunigt diese Sanktionspolitik die Isolation der alten kapitalistischen Welt gegenüber der aufstrebenden neuen Welt des globalen Südens mit China und Indien an der Spitze. Faktisch stützen sie Russland als das Land, das der militärischen Macht der USA und ihrer Verbündeten nach dem Sieg des vietnamesischen Volkes erstmals wieder Paroli bieten könnte. Russlands Präsident Wladimir Putin ist kein Anhänger von Wladimir Lenin und die Kommunistinnen und Kommunisten sind keine Anhänger von Putin. Er kritisierte zu Unrecht Lenins auf dem Selbstbestimmungsrecht aller Völker der Sowjetunion beruhende Nationalitätenpolitik, die jahrzehntelang den Frieden zwischen Bug und Wladiwostok gesichert hat. Aber Russlands Ruin würde dem Wahn der NATO, die Welt beherrschen zu können, Futter geben und die Gefahr noch größerer Kriege erhöhen.

Die Völker der Welt wollen Frieden. Vom Papst über China und Indien bis hin zu Brasilien haben sich viele angeboten, zwischen der NATO und Russland als den eigentlichen Kriegsparteien zu verhandeln und vorgeschlagen, währenddessen die Waffen ruhen zu lassen. Die NATO will den Krieg in der Ukraine verlängern. Wenn Deutschland nicht in dem irrwitzigen Versuch untergehen will, um jeden Preis den Abstieg des Wertewestens verhindern zu müssen, muss sich dieses Land von den USA abkehren und an die Seite Brasiliens, Indiens, Chinas, Südafrikas und der anderen Staaten stellen, auf denen die Hoffnung der friedliebenden Menschen dieser Welt ruht. Das wäre die Zeitenwende, die jetzt nötig wäre.

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"Die USA isolieren", UZ vom 24. Februar 2023



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