Es dürfte angenehmere Termine für Donald Trump gegeben haben. Zwar inszenierte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping sogar den Großen Paradebahnhof mit 21 Salutschüssen, aber Trump hatte weder viel anzubieten, noch viel zu kassieren. Die aufstrebenden Regionen der Welt liegen längst nicht mehr in den USA. Die Phantasie von der Wiederbelebung der US-amerikanischen Industriebrachen wird wohl ein Traumgebilde für seine Anhänger bleiben.
Geostrategisch betrachtet, bemüht sich das US-Imperium in Asien seit geraumer Zeit um die Umzingelung seiner, in seiner Sicht, größten Herausforderer. Allein 400 Militärstützpunkte hat das Pentagon um die VR China gruppiert. Radarstationen, Raketenabwehrsysteme, strategische Bomber. Allein drei Flugzeugträgergruppen hat die US Navy in der Nähe Nordkoreas zusammengezogen. „Raketenmann“ (Trump) Kim Jong-un spielt die Rolle des Watschenmannes, womit über Bande gegen die Volksrepublik gespielt wird. Die Region dürfe nicht „durch die perversen Phantasien eines Diktators über gewaltsame Eroberung und atomare Erpressung in Geiselhaft genommen werden“, so Trump. Die kalkulierte Erhöhung der Spannung auf der koreanischen Halbinsel soll die übrigen asiatischen Staaten hinter der Schutzmacht USA versammeln und deren (hoffentlich antichinesische) Aufrüstung vorantreiben. Beispielsweise in Japan, Südkorea und Vietnam nicht ohne Erfolg.
Allerdings bröckelt unter dieser militärstrategischen Offensive das politökonomische Fundament. Die 1989 gegründete APEC (Asian-Pacific Economic Corporation) repräsentiert heute mit 21 Staaten 40 Prozent der Weltbevölkerung und deutlich mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung. Weder Europa noch die USA, sondern Asien ist zum Wachstumsmotor der Weltwirtschaft geworden. Und vor allem die USA waren und sind immer noch der Verbraucher der letzten Instanz, der die asiatischen, in erster Linie chinesischen Produktionsüberschüsse kauft und dafür mit Dollar, also Schuldpapieren bezahlt.
Der Ausstieg der USA aus TPP (Trans-Pacific Partnership) sowie die Propagierung eines protektionistisch basierten „America first“ durch Donald Trump markiert den Übergang in die ökonomische Defensive. Zwar haben die gegenwärtigen globalökonomischen Strukturen die großen Kapitalsammelstellen in den USA unglaublich reich gemacht. Aber der Rest des Landes, Infrastruktur, Bildung, Soziales liegt darnieder. Der staatstragende US-amerikanische „Mittelstand“, verarmt, prekarisiert, perspektivlos. Alles in allem kostet der US-Repressionsapparat weit mehr als eine Billion Dollar pro Jahr. Obwohl die Zinsen historisch niedrig sind, mussten im US-Budget 2017 allein 474,5 Mrd. Dollar für die Bedienung der Staatsverschuldung eingeplant werden. Freihandel ist die Parole der ökonomisch Starken. Freihandel ist für ökonomisch Schwache tödlich, weshalb er in der Regel mit Flottenkommandos oder Bombergeschwadern erzwungen werden musste. Dass das US-Imperium diesen imperialen Anspruch auf ökonomische Dominanz mit Trump nun auch formal aufgeben muss, markiert eine Wende.
Die Asian Development Bank hat den Investitionsbedarf für die asiatische Infrastruktur mit satten 26 Bio. US-Dollar beziffert. Xis Billionenprojekt einer Neuen Seidenstraße steht in krassem Gegensatz zum Säbelrasseln Washingtons. Ökonomisch ist der Wettkampf um Asien längst entschieden. Donald Trump blieb denn auch nicht mehr, als zu all dem gute Miene aufzusetzen, imposante Wirtschaftsverträge abzuzeichnen, die laut Bloomberg aber kaum mehr als Absichtserklärungen sind, Kooperation auch in Fragen der regionalen Sicherheit zu versprechen und nette Worte für Xi Jinping zu finden: „Er ist ein mächtiger Vertreter seines Volkes.“ Das früher heftig beklagte 350 Mrd. Dollar schwere Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber der Volksrepublik wurde – nicht ganz zu Unrecht – früheren US-Regierungen angelastet.
Wie stark das US-Prestige mittlerweile gelitten hat, symbolisiert die, freundlich ausgedrückt, amerikaskeptische Politik des philippinischen Präsidenten und diesjährigen Vorsitzenden des ASEAN-Gipfels, Rodrigo Duterte. Die Philippinen waren eine der ersten Kolonien, welche die USA, 1902, im Pazifik unter Inkaufnahme von mehr als einer Million toter Zivilisten erobert hatten. Auch nach der offiziellen Unabhängigkeitserklärung, am 4. Juli 1946, blieben die Philippinen ein eng geführtes US-Protektorat. Dutertes intensiver Flirt mit China und Russland wäre früher undenkbar gewesen. Noch weniger dessen geschäftsmäßige Akzeptierung durch einen US-Präsidenten.