Die Corona-Pandemie hat die Notwendigkeit einer internationalen Koordinations- und Hilfsorganisation überdeutlich werden lassen. Vielen Ländern, auch und gerade jenen, die sich für technologisch und industriell hochentwickelte Staaten halten, fehlte es an elementaren Mitteln und Kenntnissen, um effektiv gegen die Seuche vorgehen zu können. Oft fehlen darüber hinaus fachkundige Kräfte, die in den überlasteten Covid-19-Hotspots helfend und unterstützend zur Seite stehen konnten und können. Die Anti-Seuchen-Strategie ist international weder sonderlich koordiniert noch effektiv organisiert. Vor allem die US-Regierung und ihre europäischen Vasallen üben sich statt in konstruktiven Handlungen in absurden Schuldzuweisungen. Die globalen offiziellen Fallzahlen schießen weiterhin auf einer exponentiellen Kurve steil nach oben und haben die Millionen überschritten. Täglich kommen rund 200.000 hinzu. Tendenz steigend. Weit mehr als eine halbe Million Menschen sind bislang an Covid-19 gestorben. Die mangelhafte und unsystematische Testsituation lässt eine hohe Dunkelziffer an nicht erkannten Erkrankten vermuten, die durchaus ein Mehrfaches der offiziellen Zahlen erreichen könnte. Weiterhin gilt: Wer viel testet, hat hohe Zahlen, wer wenig testet, hat niedrige Zahlen. Als Hotspots der Seuche haben sich die USA, Brasilien und Britannien „profiliert“. Hier sind bislang mit Abstand die meisten Menschen gestorben. Aber auch die europäischen Hauptstaaten, Frankreich, Italien und Spanien, liegen weiterhin weit vorn in der Todesstatistik.
Viren und Seuchen sind so alt wie die Menschheit und älter. Es liegt also nahe, den Kampf gegen Krankheiten international zu koordinieren und vor allem ärmere Nationen effektiv zu unterstützen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Phase, als das US-Imperium in der westlichen Welt uneingeschränkt das Sagen hatte und noch um einen guten Ruf in der Welt bemüht war, konnte 1948 die World Health Organisation (WHO) als Unterorganisation der Vereinten Nationen gegründet werden. In der Sache ein großer Erfolg, aber wie andere internationale Organisationen auf UN-Ebene, der IWF, die Weltbank, die ILO, die UNESCO und andere, diente das UN-Format auch und manchmal vor allem dazu, einer de facto durchgesetzten US-Großmachtpolitik das Image einer Legitimation durch die internationale „Staatengemeinschaft“ zu verleihen. 194 Staaten, nahezu alle Staaten weltweit, wurden WHO-Mitglied. Die WHO gibt seit 1995 als wichtigste Publikation jährlich den „World Health Report“ heraus und hat eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung zahlreicher Krankheiten und Epidemien gespielt, so beim Kampf gegen die Pocken, gegen Polio, HIV/AIDS, Ebola, Malaria, Tuberkulose und andere Infektionskrankheiten. Die Statistiken und die Expertise der Organisation sind maßgebend bei Beurteilung und Therapie wichtiger Krankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei Ernährungshinweisen, Nahrungsmittelsicherheit, Arbeitsplatzsicherheit und Drogenmissbrauch. Nicht zuletzt werden Investitionsentscheidungen über Vorsorge, Forschung, Medikamente, Impfstoffe sowie die Ausrüstung und Lagerhaltung auf der Basis des WHO-Know-hows getroffen.
Die Interessen der Gesundheits- und Ernährungsindustrie
Da wir allerdings in einer Welt leben, die von großen, international agierenden Monopolkonzernen beherrscht wird, tangieren die Entscheidungen, die Expertise und Deutungshoheit der WHO unmittelbar Investitionsmöglichkeiten und Profitaussichten im mehrstelligen Milliardenbereich. Gesundheit und Ernährung, die Dinge, mit denen sich die WHO beschäftigt, sind ein Multi-Billionen-Dollar-Geschäft. Für Big Pharma, Big Medicine, Big Agro & Co. ist klar, dass WHO-Entscheidungen möglicherweise ihre hohen Profite existenziell gefährden oder auch befördern können. Solche Dinge überlässt man in diesen Kreisen ungern ihrem Schicksal. Die WHO ist zu einer heftig umkämpften Organisation geworden. Ganz besonders im Zeitalter der neoliberalen Gegenreform.
Wie alle übrigen ökonomischen Sektoren huldigt auch das neoliberal zugerichtete Medizin- und Ernährungsbusiness dem Shareholder-Value. Etwas verschämt zwar, man mag öffentlich nicht so gern darüber reden, dass man am Leid der Menschen viele Milliarden verdient, öffentlich regiert eher der Text der Werbefuzzis: „Hier werden Sie geholfen“, aber auf jeder Aktionärsversammlung sieht es ganz anders aus. Da wird Klartext geredet. Da lautet die Frage: „Ist die vorgegebene Profitmarge erfüllt oder nicht?“ Und wenn nein, dann müssen eben Stellen gestrichen, mehr teure Operationen verordnet oder eben auch mehr Separatorenfleisch verwurstet, mehr Antibiotika und Enzyme in der Massentierhaltung eingesetzt werden.
Die Medizin und Ernährungsmonopole haben auf der einen Seite einen technologisch hoch elaborierten Medizinreparaturbetrieb erschaffen, in dem der kranke Mensch mit einer Operation oder mit Pillen repariert und danach als Fall pauschal abgerechnet wird. Auf der anderen Seite liefern die monopolisierte Agroindustrie sowie die großindustrielle Nahrungsmittelproduktion ein Angebot, das in weiten Bereichen als gesundheitsgefährdend eingestuft werden kann. Letztlich eine Win-win-Situation. Das Ergebnis ist ein erschreckender Gesundheitszustand weiter Teile der Bevölkerung, auch und vor allem in den reichen Vorzeigestaaten des „Westens“. Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, Allergien sind auf dem Vormarsch. Ähnliches gilt für die von der Agroindustrie malträtierte Umwelt. Das blendende Geschäft hat dramatische Konsequenzen. Aber es soll natürlich so und wenn möglich auf höherer Stufe weitergehen.
Impfstoff, Profit, Finanzen, WHO
Man kann bislang kaum behaupten, dass sich die WHO als Vorkämpferin gegen die Pharma- und Agromonopole einen Namen gemacht hätte. In guter Erinnerung ist die wohlorganisierte H1N1-Schweinegrippe-Panik 2009. Die WHO setzte den Pandemiealarm auf die höchste Stufe, 6. Die Obama-Regierung rief den nationalen Notstand aus. Die Gesamtkosten bei den alarmierten Staaten lagen im zweistelligen Milliardenbereich bei entsprechend hohen Margen für Big Pharma. Jede Menge Impfstoff, jede Menge Profit. Der reale Nutzen war eher begrenzt bis nicht vorhanden.
Als Vorkämpferin solcher Impfkampagnen gilt die Hongkong-Chinesin und ehemalige Generaldirektorin der WHO (2007 bis 2017), Margaret Chan. Chan gilt für viele als der verlängerte Arm von Big Pharma in der WHO. Aber natürlich kann man die Einwirkungsmöglichkeiten der Monopolkonzerne und ihre Kollaboration mit der WHO nicht an einer Person festmachen. Obwohl dergleichen von Seiten der WHO vehement bestritten wird, ist schon aus strukturellen Gründen ein hohes Maß an Einflussnahme anzunehmen. Entscheidend ist schließlich die Kapital- und Marktmacht der Multis, und woher die Experten kommen, welche die WHO in den entscheidenden Fragen beraten.
Die nächste wichtige Frage heißt also: Wer finanziert die WHO? In den ersten Jahren waren das ausschließlich die Mitgliedstaaten. Die Zeiten sind lange vorbei, heute heißt das neoliberale „Zauberwort“auch bei der WHO „PPP“ (Public-Private Partnership). Die Mitgliedsstaaten kommen noch für gerade 51 Prozent der Einnahmen auf. Der Rest kommt aus dem privaten Sektor, von Stiftungen, von Nichtregierungsorganisationen, Banken oder anderen Institutionen. Ganz vorn dabei die Bill & Melinda Gates Stiftung (BMGF). Die Gates-Stiftung gilt mit knapp 47 Milliarden Dollar Vermögen als die größte Stiftung weltweit und verfügt über ein ganzes Imperium an Unternehmensbeteiligungen, darunter Walmart, United Parcel, FedEx, Microsoft, Caterpillar und Berkshire Hathaway. BMGF war mit mehr als 200 Millionen Dollar der zweitgrößte Finanzier der WHO hinter den USA. Bill Gates gilt als entschiedener Impflobbyist. Er kündigte in der ARD unwidersprochen durch den Moderator an, seinen Corona-Impfstoff, wenn er denn entwickelt ist, „sieben Milliarden Menschen verabreichen“ zu wollen. Im Klartext, die gesamte Menschheit zwingen zu wollen, sich von ihm impfen zu lassen. Man ahnt, welcher enorme Druck auf den Impfstoffentwicklern lastet, in einer drastisch verkürzten Zeitspanne, solange noch die Pandemieverunsicherung anhält, einen marktfähigen Impfstoff zu produzieren. Einen Impfstoff, von dem man allerdings weder wissen wird, wie sicher er ist, noch, ob er denn überhaupt wirksam sein wird. Das einzige, was man relativ sicher sagen kann, ist, dass damit, wie schon bei H1N1, Milliarden zu verdienen sein werden. Und das Vehikel, welches dieses extreme Vorhaben ermöglichen soll, heißt natürlich WHO.
Die WHO im Kalten Krieg 2.0
Die China-Falken in der Trump-Regierung verfolgen aber offensichtlich eine etwas andere Agenda. Hier geht es nicht so sehr ums Kohlemachen als um die „Great Power Competition“, den „Wettbewerb“ der großen Mächte: Die USA und die übrigen Verteidiger von Freedom & Democracy auf der einen Seite und die russisch-asiatischen Mächte der Finsternis mit der Kommunistischen Partei Chinas an der Spitze auf der anderen Seite. Das Imperium hält – und diese ganz real – provozierende Manöver vor den russischen, iranischen und chinesischen Küsten ab. US-Flugzeugträger-Kampfgruppen wurden in Stellung gebracht. Strategische B-1B-Atombomber patrouillieren an den Grenzen der eurasischen Staaten. Das Ganze kann man durchaus Kalter Krieg 2.0 nennen.
Dieser zweite Kalte Krieg wird, wie schon der erste, an allen Fronten geführt. Eine davon ist die Pandemie und die WHO. Wie gesagt, machen die USA bei dieser Seuche nicht gerade bella figura. Umso aggressiver gehen die „Make America Great Again“-Strategen zu Werke, um vor allem China und seiner Kommunistischen Partei den Schwarzen Peter zuzuschieben. Dabei scheuen sie wieder einmal auch vor den plattesten und dreistesten Lügen nicht zurück.
Mike Pompeo bemüht sich auch hier wieder, der Klassenbeste zu sein: „China belog uns über das Corona-Virus und ließ es sich über die ganze Welt verbreiten, während es die Weltgesundheitsorganisation drängte, bei dieser verdeckten Aktion zu assistieren (…) Nun sind Hunderttausende gestorben, die globale Wirtschaft ist dezimiert.“ Das „chinesische Virus“ sei aus einem Laboratorium in Wuhan gekommen. Und es sei „absichtlich“ über die Welt verbreitet worden.
Bei diesem durchsichtigen Versuch der Trump-Administration, wenige Monate vor der Wahl bei ihren konservativen und evangelikalen Wählern zu punkten, ist auch die WHO ins Fadenkreuz gerückt. WHO-Generaldirektor Tedros Adhamon Ghebreyesus hatte sich mehrfach sehr positiv über die chinesischen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus geäußert. China habe „einen neuen Standard zur Kontrolle des Ausbruchs“ gesetzt. Damit habe die Volksrepublik der „Welt Zeit erkauft“. Die WHO-Repräsentanten in China konnten offensichtlich eine gute Zusammenarbeit mit den chinesischen Verantwortlichen erreichen.
So etwas ist angesichts der eigenen Lage nicht das, was der Trump-Regierung ins Konzept passt. Das Imperium und seine Führung hat in Bezug auf die Virusbekämpfung jeden Kredit verloren und verliert ihn auch auf anderen Feldern. Entsprechend wütend und haltlos fallen die Reaktionen aus.
Am 7. Juli 2020 hat Washington nun den Austritt aus der WHO auch formal eingereicht. Er wird zum 6. Juli 2021 wirksam werden. Dann könnte die Gates Foundation zum größten Geldgeber der Weltgesundheitsorganisation aufsteigen. Es gab schon bessere Neuigkeiten.
Die Weltgesundheitsorganisation finanziert sich aus festen Pflichtbeiträgen ihrer 194 Mitgliedstaaten und freiwilligen Beitragszahlungen. Die Höhe der Pflichtbeiträge orientiert sich an dem Grad des Wohlstandes des Mitgliedstaates und seiner Bevölkerungszahl.
Die Beiträge sind seit 1993 nicht erhöht worden, seitdem ist ihr Anteil am Gesamthaushalt der WHO immer weiter gesunken und liegt mittlerweile bei etwa einem Viertel.
Mehr als 75 Prozent ihrer Mittel bezieht die WHO aus Spenden. Ein Großteil davon ist zweckgebunden und fließt in bestimmte Tätigkeitsbereiche der WHO. Diese Spenden kommen im Unterschied zu den Pflichtzahlungen sowohl von Mitgliedstaaten als auch von Organisationen – wie etwa der Impf-Allianz Gavi, der Weltbank, den Rotariern International oder auch der Bill-und Melinda-Gates-Stiftung.