Auf der Delegiertenversammlung der IG Metall Stuttgart am 21. April standen die Tarifrunde und die Betriebsratswahlen im Mittelpunkt der Berichte und der Diskussion. Sehr beeindruckend war der Rückblick mit Fotos auf die Streiks, insbesondere die Tagesstreiks. Waren doch viele Betriebe aktiv mit dabei, auch weniger bekannte, und einige streikten zum allerersten Mal.
Betont wurde vom ersten Bevollmächtigten Uwe Meinhardt, dass das Selbstbewusstsein deutlich zugenommen hat, die Streiks der gewerkschaftlichen Seele gut getan haben und die sozialen Medien übergelaufen sind von Fotos und Streikgeschichten. Auch in weniger kampffähigen Bezirken in Deutschland sei die Beteiligung gut und die Begeisterung über die Streiks hoch gewesen, die Bewährungsprobe wurde bestanden. Als spannendes Moment bezeichnete er den Oktober 2018, wenn die Entscheidung ansteht, ob das tarifliche Zusatzentgelt oder acht freie Tage genommen werden. Mit der Umwandlungsregelung sei der Zeitgeist getroffen worden. Im Herbst wird es Schulungen geben und eine Broschüre herauskommen, die den Umsetzungsprozess der qualitativen Ergebnisse begleiten.
In der anschließenden Diskussion wurden die tollen Erfahrungen der Streiks von den betrieblichen Funktionären bestätigt. Kritisch gesehen wurde die Öffnung der wöchentlichen Arbeitszeit Richtung 40-Stundenwoche, die Möglichkeit der Erhöhung der Quoten für die 40-Stünder. Ein Kollege berichtete, dass sie seither ca. elf Prozent in der 40-Stundenwoche hatten, nach der Tarifrunde waren es ca. fünf Prozent mehr. Damit würden Fakten geschaffen, die der Betriebsrat austragen müsse. Der Vertrauenskörperleiter von Daimler Untertürkheim merkte an, dass die individuelle Verkürzung der Arbeitszeit nur der Anfang sein sollte und für die kommenden Tarifrunden kollektive Forderungen diskutiert werden müssen.
Der baden-württembergische Bezirksleiter Roman Zitzelsberger bestätigte, dass das Thema Arbeitszeit nicht beendet sei, sondern auf dem nächsten Gewerkschaftstag 2019 Zwischenbilanz gezogen wird und festgelegt werden muss, wie es bei der Arbeitszeit weitergeht. Als zukünftige Themen der IG Metall nannte er die Anpassung des Manteltarifvertrags für die Auszubildenden, der 40 Jahre die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen geregelt hat und nach so langer Zeit neu aufgesetzt werden muss. Ebenso sollen die Manteltarifverträge überarbeitet werden. Angesichts der Veränderungen ginge es dabei auch um die tarifliche Alterssicherung, weil der Klassengegner dort den Schleifstein ansetzen will. Dort muss eine Rechtssicherheit geschaffen werden.
Zu den Betriebsratswahlen wurde Zwischenbilanz gezogen, insbesondere mit Blick auf die rechten Listen. Betont wurde die neue Qualität der bundesweiten Vernetzung der Rechten – bis ins extrem rechte Lager hinein von Pegida bis Identitärer Bewegung – und der nachgewiesene rechtsextreme Hintergrund der Listen. Zitzelsberger betonte, dass die IG Metall vom nur Beobachten zum aktiven Bekämpfen übergehen muss. Meinhardt nahm den Auftrag des Vertrauenskörperleiters von Daimler Untertürkheim an, als IG Metall dazu Stellung zu beziehen und Schulungen für betriebliche Funktionäre durchzuführen.
Der Vertrauenskörperleiter von Daimler betonte in der Diskussion, dass es Aufgabe der gesamten IG Metall ist, gegen die Rechten Stellung zu beziehen und aktiv zu werden und die Betriebe nicht allein gelassen werden sollen. Neben dem Blick auf die rechte Propaganda soll aber auch im Blick sein, wie wir als Gewerkschaft, als Betriebsräte und Vertrauensleute auftreten, wirken und unsere Arbeit machen. Er erteilte dem Co-Management eine klare Absage und forderte eine beteiligungsorientierte kämpferische Interessenpolitik für die Beschäftigten. Als Beispiele nannte er die Streiks in der Tarifrunde und den Kampf im Sommer letzten Jahres gegen die Pläne von Daimler. Damit würde den Rechten der Boden entzogen.
Auch der Arbeitskreis Migration betonte, dass die IG Metall Haltung gegen Rassismus zeigen soll und nicht den rechten Hetzern das Feld überlassen darf und verwies auf die über 500000 IG Metall-Mitglieder und die tausenden betrieblichen Funktionäre mit migrantischem Hintergrund.
Alles in allem eine interessante Delegiertenversammlung mit guten klaren politischen Positionen und Zielsetzungen für die kommenden Jahre.