Die soziale Frage in den Wahlkampf einbringen

Werner Sarbok im Gespräch mit Patrik Köbele

UZ: Weshalb sollte die DKP aus deiner Sicht bei der kommenden Bundestagswahl kandidieren?

Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP: „Unser Beitrag im Kampf gegen die AfD“.

Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP: „Unser Beitrag im Kampf gegen die AfD“.

( Tom Brenner)

Patrik Köbele: Weil wir, die DKP die Kraft sind, die die Verursacher von Krieg und Flucht benennen. Deshalb haben wir auch unser Sofortforderungsprogramm formuliert. Was derzeit abläuft, ist doch dass in der öffentlichen Diskussion die Schwachen im eigenen Land gegen die Schwächsten, die aus anderen Ländern fliehen müssen, gegeneinander ausgespielt werden. Das wird im Wahlkampf noch auf die Spitze getrieben. Da muss unsere Stimme her, die die Ursachen benennt und die Verursacher ins Visier nimmt.

UZ: Es geht also um soziale Fragen. Um welche?

Patrik Köbele: Darum geht es gerade bei der Bundestagswahl und bei unserem Sofortprogramm. Wir weisen auf die Katastrophe des deutschen Gesundheitssystems hin. Das ist das eine. Das andere und keineswegs sensationell Neue ist das: wir brauchen viele neue Wohnungen, wir brauchen Arbeitsplätze, um die Konkurrenz der Ärmsten gegen die Armen einzudämmen. Das ist so dringend wie die Friedensfrage. Dass die Frage der vielen Flüchtlinge eine soziale Frage ist, das wird die DKP im Bundestagswahlkampf einbringen.

UZ: Ist die Kandidatur der DKP das richtige Mittel dazu, um das durchzusetzen? Manche behaupten ja, dass die Kandidatur der DKP gegen ihre Bündnisorientierung und Bündnispolitik spricht.

Patrik Köbele: Ich glaube, das ist erst einmal eine inhaltliche Frage. Sind unser Inhalte lebendig? Und ich glaube, dass unsere Inhalte dringend notwendig sind. Und so müssen wir sagen: Wir müssen um einen wahlpolitischen Platz für diese Inhalte ringen. Das zweite ist: Natürlich haben Wahlen immer auch etwas mit Konkurrenz zu tun. Aber ich würde es vielmehr so sehen: Wenn wir kandidieren, dann sind wir ein Druckmoment nach Links, was allen Linken gut tut. Auch die Partei „Die Linke“ braucht das kommunistische Druckmoment nach links.

Und was die Bündnispolitik angeht: Ich nehme immer wieder wahr, dass wir von unseren bündnispolitischen Partnern dann ernst genommen werden, wenn wir uns auch selber ernst nehmen. Und deswegen sehe ich nicht, dass eine Kandidatur gegen Bündnispolitik spricht. Auch kein Bündnispartner würde das sagen: Weil wir die DKP so nett finden, verzichten wir auf eine Kandidatur. Das ist Unsinn.

UZ: Im Vorfeld von Wahlbeteiligungen der DKP tauchte immer wieder die Frage auf: Nimmt die DKP der Partei „Die Linke“ mit ihrer Kandidatur nicht Stimmen weg? Wie siehst du das?

Patrik Köbele: Es kann natürlich sein, dass Menschen, die uns wählen, die Partei „Die Linke“ wählen würden, wenn wir nicht kandidieren. Es kann auch sein, dass ein Teil gar nicht wählen gehen würde. Ziemlich sicher bin ich mir, dass unsere Kandidatur den Wahlkampf in die linke Richtung politisiert und damit auch für Stimmen für die Partei „Die Linke“ sorgt. Ich werfe der PDL auch nicht vor, dass sie uns Stimmen wegnimmt.

UZ: Welche Ziele verbindest du mit der Kandidatur? Welche abrechenbaren Erfolge kann und sollte die DKP erreichen bzw. erkämpfen?

Patrik Köbele: Wir haben ja die Situation, dass wir Unterschriften sammeln müssen für die Absicherung der Kandidatur. Und das ist eine ziemliche Menge. Man kann so grob sagen, dass wir in den meisten Bundesländern 2 000 Unterschriften für die Absicherung einer Landesliste sammeln müssen. Das heißt, wenn wir das schaffen wollen, müssen wir um die 90 000 Gespräche führen. Und ich muss ganz ehrlich sagen, das ist mein erstes Ziel, dass die DKP mit dem Sofortprogramm an Menschen herangeht. Wichtig ist, dass wir hinterher sagen können: Wir haben so und so viele zehntausende Gespräche über unser Sofortprogramm geführt und haben damit die Inhalte in die öffentliche Debatte hereingebracht und haben auch die DKP bekannt gemacht.

UZ: Was ist jetzt erforderlich, um die Kandidatur der DKP vorzubereiten und abzusichern?

Patrik Köbele: Jetzt geht es darum, dass wir beginnen mit den Diskussionen über das Sofortprogramm mit Freunden und Bekannten. Und es wäre schon gut – und darauf orientiert ja auch der Parteivorstand mit seinen Beschlüssen – dass wir im Herbst direkt nach der Sommerpause in möglichst allen Bundesländern die Landeslisten aufstellen, um dann zügig an die Unterschriftensammlung heranzugehen zu können. Das sollten wir nicht als einen technischen Vorgang betrachten, sondern als einen politischen, von dem wir sagen können: Diese Unterschriften dokumentieren für uns die Anzahl von Gesprächen über das Sofortprogramm, die wir mit Menschen geführt haben.

Damit dokumentieren wir auch, wie wir unsere Losung „Unsere Willkommenskultur heißt gemeinsam kämpfen“ verstehen. Und damit setzen wir auch ein Zeichen gegen die AfD, dass es eben nicht darum geht, sich gegeneinander ausspielen zu lassen, sondern dass es darum geht, gemeinsam gegen die Profiteure von Krieg, Flucht und Ausbeutung zu kämpfen. Das ist genau das Gegenteil dessen, was die AfD macht. Und deswegen ist unsere Kandidatur auch ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen das Erstarken der AfD.

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"Die soziale Frage in den Wahlkampf einbringen", UZ vom 10. Juni 2016



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