Nur der HSV-Klassenerhalt macht die Bundesliga ein bisschend spannend

Die Schläfer-Fans

Von fv

Es ist Samstagabend und wir sitzen in einer Dorfkneipe zwischen Cuxhaven und Hamburg. Auf dem Flachbildschirm läuft Fußball – HSV gegen Köln. An der Wand direkt gegenüber ein gerahmtes Möchengladbach-Trikot von André Hahn, dem „Mentalitätsmonster“ (André Schubert). Diese monströse Fähigkeit einer Mentalität braucht er auch, denn er spielt gerade für den HSV und es läuft – wie immer- nicht gut.

Ergebnis dieses Spiels: Zwei zu Null für den 1. FC. Und obwohl alle fünf anwesenden Kneipenbesucher glühende Fans des HSV sein müssen: Ärger ist hier keiner zu spüren, noch nicht einmal Resignation, eher Apathie. HSV-Fans haben sich eine Art Winterschlaf angewöhnt, der kurz nach Saisonbeginn Ende August beginnt und erst mit der Relegation endet. Denn spätestens am dritten oder vierten Spieltag ist eigentlich klar: Auch dieses Mal wird es nix mit Champions League oder Euroliga, Pokalsieg oder was auch immer.

Es gibt nur noch ein Saisonziel beim HSV: Klassenerhalt. Und der findet auch dieses Jahr wieder erst ganz zum Schluss statt. Und so starren die Schläfer-Fans des HSV auf den Bildschirm und zählen still die Jahre, Tage und Stunden, die ihr Verein in der ersten Bundesliga verbracht hat (es sind gerade 54 Jahre, 149 Tage, 4 Stunden), um erst in der Relegation wieder wach zu werden.

Trainerwechsel? Querelen im Verein? Verrisse des letzten Spieltages im Ottendorfer Kreisblatt? Interessiert hier niemanden mehr. Der ewig gleiche Ablauf der HSV-Weltuntergangs-Hofberichterstattung hat schon lange seine Wirkung verloren.

Aber der Endspurt gegen Saisonende ist es, der die Zugehörigkeit zur Fangemeinde des wohl in seiner faszinierenden Beständigkeit schlechtesten Vereins der 1. Bundesliga spannend macht. Wie langweilig muss es sein, mit dem BVB zu fiebern, ob es am Ende Platz 3 oder 5 werden wird. Wer fragt sich denn ernsthaft, ob Hertha BSC nun 10. oder 14. wird? Beim HSV dagegen steht richtig was auf dem Spiel.

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"Die Schläfer-Fans", UZ vom 26. Januar 2018



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