Für eine Kehrtwende im öffentlichen Personennahverkehr

Die Roten fahren schwarz …

Von Barbara Kuprat

… und stoßen dabei auch noch auf Zustimmung. Was ist passiert?

Bereits seit Längerem engagiert sich die DKP-Essen für eine Kehrtwende im öffentlichen Personennahverkehr. Vorbild dabei waren zunächst die Rot-Punkt-Aktionen in den 1968–71er Jahren. Bei diesen Protestaktionen gegen Fahrpreiserhöhungen fanden sich viele Parteien, Gewerkschaften und Verbände zusammen, demonstrierten, blockierten Busse und Bahnen und organisierten einen alternativen öffentlichen Nahverkehr, bei dem ein roter Punkt auf der Windschutzscheibe von Privatautos signalisierte: Ich unterstütze die Aktion und nehme dich mit.

Auch in Essen werden Jahr für Jahr die Ticket-Preise erhöht, seit 2009 um knapp 25 Prozent – und das bei sinkender Qualität im ÖPNV. Die Taktzeiten wurden verringert, der Fahrzeugpark ist überaltert, ständig sind Rolltreppen oder Aufzüge kaputt und von Barriere­freiheit kann nicht die Rede sein. Die Beschäftigung vieler Mitarbeiter steht auf der Kippe, da die Belegschaft aus Kostengründen reduziert werden soll.

Mobilität ist ein Menschenrecht – kostenloser Personennahverkehr muss her! Unter diesem Motto sind die Essener Genossinnen und Genossen seit dem Ende vergangenen Jahres auf der Straße, verteilen Flyer oder Protestpostkarten. Die Reaktion der Bevölkerung ist äußerst positiv.

Am Samstag führte die DKP Essen eine spektakuläre Aktion durch. Bereits in der vorausgegangenen Woche wurde mit Flyern angekündigt: am 15. 8. fahren die Roten schwarz! Wurde etwa eine illegale Handlung geplant? Sollte die Essener Verkehrs AG um ihr gutes Fahrgeld geprellt werden? Werden die Roten jetzt Stadtguerillas? Und kündigen das auch noch an?

11.00 Uhr am Essener Hbf. Ein Haufen schwarz gekleideter Menschen hat sich zusammengerottet. Teilweise sieht man seltsame Hüte auf ihren Köpfen. Beim näheren Hinschauen erkennt man einen roten Button auf dem schwarzen Zwirn: Fahrpreise runter!

Unter ihnen Siw Mammitzsch, Oberbürgermeister-Kandidatin der DKP, die sich massiv für eine Senkung der Fahrpreise einsetzt. Wohlausgestattet mit Tickets entern dann mehrere kleine Trupps von „Schwarzen“ die Straßenbahn, fahren eine Station, verteilen Flyer und Buttons eilen hurtig wieder hinaus und flitzen rein in die nächste Bahn. In Windeseile werden so hunderte von Menschen erreicht. Die Reaktion der Fahrgäste ist unglaublich zustimmend. Manche zeigen empört ihre überteuerten Tickets, andere stecken sich sofort den Button an, mindestens aber wird sogleich der Flyer gelesen.

Beim Treffen nach der Aktion wird von allen Gruppen übereinstimmend festgestellt: Das hat Spaß gemacht, das war ein Erfolg auf der ganzen Linie, wir machen mit neuem Schwung weiter.

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"Die Roten fahren schwarz …", UZ vom 21. August 2015



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