Linkspartei fordert Vermögensabgabe

Die Reichen sollen zahlen

Die Debatte hat begonnen: Wer soll die Last der Überproduktionskrise und der Pandemie tragen? Die Partei „Die Linke“ hat den Vorschlag eingebracht, eine einmalige Vermögensabgabe auf die Vermögen von Milliardären und Multimillionären zu erheben. Um diesen Vorschlag zu untermauern, wurde eine wissenschaftliche Studie beim bekannten DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) in Auftrag gegeben. Das DIW ist ein bürgerliches Institut (gegründet 1925 von Ernst Wagemann, der es selbst bis 1945 leitete), aber im Gegensatz zu Ifo und anderen eher „keynesianisch“ orientiert ist es „neoliberal“.

Das gesamte Nettovermögen in der BRD soll laut Studie etwa 12 Billionen Euro umfassen. Allein das reichste eine Prozent der Bevölkerung, so DIW, besitze davon 32 Prozent beziehungsweise circa 3,8 Billionen Euro – Tendenz: steigend. Eine neue Studie der Unternehmensberatung „PricewaterhouseCoopers“ und der schweizerischen Großbank UBS zeigt, dass allein das Vermögen der 119 Dollar-Milliardäre in Deutschland seit März 2019 – trotz Krise – bis Ende Juli 2020 um 20 Prozent auf über 594 Milliarden Dollar gestiegen ist.

Während die noch reicher wurden, zahlen wir schon für die Krise mit stark reduzierten Einkommen dank Erwerbslosigkeit, Kurzarbeit, Wegfall von Neben- und Minijobs, von den kleinbürgerlichen Schichten ganz zu schweigen, wie kleine und Solo-Selbstständige, Künstler, Studenten und viele andere.

Von daher ist diese Initiative der Partei „Die Linke“ gut und eben nicht schlecht, wie Thomas Sigmund, seines Zeichens Leiter Politik und Hauptstadtstudio beim „Handelsblatt“, sie hinstellen möchte – keine olle Kamelle auslassend: „Die Linkspartei lässt ihre Maske fallen. Die SED-Nachfolgepartei marschiert stramm in Richtung Sozialismus. Wurde in der DDR noch knallhart enteignet, will die Linkspartei nun über das Steuerrecht ihre Ziele von damals erreichen.“

Die Initiative ist gut, weil sie die Reichen im Land zwingt, Farbe zu bekennen, wie sie es denn mit dem Gemeinwesen halten wollen. Dabei ist der Vorschlag wahrlich moderat und müsste jedem Freund der „sozialen Gerechtigkeit“ ob seiner „Ausgewogenheit“ aus dem Herzen gesprochen sein. Die einmalige Vermögensabgabe soll über 20 Jahre zahlbar sein und ist mit hohen Freigrenzen versehen, so dass die „ärmeren Millionäre“ ganz verschont bleiben. Betroffen wären lediglich die reichsten 0,7 Prozent der Bevölkerung, also etwa 580.000 Personen. Dadurch kämen nach DIW in der Laufzeit 310 Milliarden Euro zusammen, pro Jahr also mindestens 15 Milliarden Euro. Immerhin! Genauer betrachtet würde das allerdings noch nicht einmal dazu reichen, die staatlichen Subventionen allein für die Lufthansa zu finanzieren mit ihrem Großaktionär und Multimilliardär Thiele.

Beispiele für solche Vermögensabgaben aus der Geschichte des imperialistischen Deutschlands gibt es: Das DIW erwähnt, allerdings ohne politische Wertung, unter anderem den „Wehrbeitrag“ von 1913 zur Finanzierung der Aufrüstung, die „Judenvermögensabgabe“ von 1938, die in der schändlichsten Weise die Staatsmacht für die Erpressung und den Raub einsetzt, und auch den Lastenausgleich der BRD von 1952, der vor allem die reichen Großgrundbesitzer in den ehemaligen Ostgebieten begünstigte, die überwiegend Hitler unterstützt hatten und vor der Roten Armee abgehauen waren.

Die jährlichen 15 Milliarden Euro aus der Reichenabgabe könnten natürlich auch statt in die Lufthansa in die Sozialkassen fließen. Und da wird das Problem schnell deutlich. Durch eine Vermögensabgabe allein ist das Geld noch lange nicht bei uns angekommen. Und wie soll selbst dann eine Änderung der Verhältnisse kommen, wenn der ganze Zirkus wieder von vorne losgeht? Haben denn die Herrschaften nicht längst das Recht verwirkt, die Produktions- und damit die Lebensmittel des ganzen Landes ihr Eigentum zu nennen? Haben sie es nicht verwirkt durch die kapitalistische Misswirtschaft, durch Ausplünderung von Mensch und Natur? So wichtig es also ist, die Initiative der Linkspartei zu unterstützen, so beschränkt ist es, sich darauf zu beschränken.

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"Die Reichen sollen zahlen", UZ vom 20. November 2020



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