In Südkorea stehen die demokratische und die Friedensbewegung weiterhin vor schweren Aufgaben

Die Rechten drohen mit Bürgerkrieg

Von Hohyun Choi

Vor einer Woche ging es in einem Beitrag unseres Südkorea-Korrespondenten Hohyun Choi um die wachsende Kriegsgefahr, mit der die Protestbewegung Südkoreas nach der Absetzung von Präsidentin Park Geun-hye konfrontiert ist. Heute befasst er sich mit weiteren Herausforderungen für die demokratischen Kräfte des Landes.

Zweite Herausforderung für die südkoreanische Protestbewegung ist das Problem der Zerstörung demokratischer Rechte. Mainstream-Medien stellen zwar das Verfassungsgericht als „Hüter der Demokratie“ dar, die Verfassungsrichter haben in ihrer Urteilsbegründung die Verletzung demokratischer Rechte durch die Park-Regierung jedoch an keiner Stelle angesprochen.

Die Proteste gegen die Park-Regierung werden als demokratische Revolution gewertet. Dennoch bleibt die Menschenrechtslage in Südkorea unverändert. Obwohl die Tochter des ehemaligen Militärdiktators aus dem Präsidentenamt gejagt worden ist, ist der Gewerkschafter Han Sang-Gyun, der Massendemonstrationen gegen Parks arbeiterfeindliche Politik organisiert hatte, noch in Haft. Der frühere Stabschef des Präsidialamts, Kim Ki-Choon, der den Plan für das Verbotsverfahren gegen die Vereinte Progressive Partei (UPP) geschmiedet hatte, wurde zwar festgenommen, aber immer noch sind seit 2013der Abgeordnete der UPP Lee Seok-Ki, der am hartnäckigsten gegen die Kriegspolitik Parks protestiert hatte, und weitere Funktionäre der UPP im Gefängnis. Außerdem ist ein Initiator einer linken Internetbibliothek, die „rote Publikationen“ wie Werke von Marx und Lenin ins Netz gestellt hatte, in Isolationshaft. Insgesamt mehr als 50 Friedensaktivisten, Gewerkschafter und linke Politiker, die unter Parks Regierung aus politischen Gründen festgenommen wurden, sitzen noch im Gefängnis. Es ist erste Aufgabe der Protestbewegung, diese politischen Gefangenen zu befreien.

Die dritte Herausforderung für die demokratische Bewegung ist der Aufstieg der Rechtsextremisten. Seit der Amtsenthebung radikalisieren sich die traditionellen Rechtskräfte, unter ihnen die Anhänger Parks. Sie erkennen die Gültigkeit des Verfassungsgerichtsurteils nicht an und protestieren gegen die Absetzung Parks. Sie hegen sogar Misstrauen gegen die konservativen Parteien und sind dabei, eine neue ultrarechte Partei zu gründen.

Ein gefährliches Phänomen ist, dass Rechtsextremisten in Südkorea paramilitärisch organisiert sind. Ein Prozessvertreter Parks erklärte vor dem Urteil: „Wenn Präsidentin Park entmachtet wird, wird ein Bürgerkrieg ausbrechen, Blut auf der Straße vergossen“. Zur Führung dieser rechtsextremen Gruppen gehören viele Ex-Generale. Sie fordern bei Kundgebungen öffentlich die Erklärung des Ausnahmezustands und das Einschreiten des Militärs.

Der Rechtsextremismus in Südkorea ist von der Propaganda gegen Nordkorea und Linke geprägt. Bemerkenswert ist, dass die südkoreanischen Rechtsextremisten die USA anbeten: Sie sind überzeugt, von den USA vor der Eroberung durch Kommunisten oder Linke geschützt zu werden und schwenken deshalb bei ihren Kundgebungen Sternenbanner und rufen „We love Trump!“ Auf Demonstrationen gegen die Stationierung des Raketensystems THAAD reagieren sie mit Hysterie. Der Aufstieg der Rechtsextremisten ist symptomatisch für die Krise des bürgerlichen Demokratiesystems und die Krise des Kapitalismus. Den Aufstieg des Rechtsextremismus zu verhindern ist wie in Europa, so auch in Südkorea, dringende Aufgabe der Protestbewegung.

Südkorea steht jetzt vor einem historischen Wendepunkt. Die nächste Kampfarena ist der Wahlkampf um die am 9. Mai stattfindende Präsidentenwahl. Es ist wahrscheinlich, dass der Kandidat der liberalen Minju-tonghap-Partei, Moon Jae-In, gewählt wird. Zum einen verspricht er, er werde die demokratische Revolution fortsetzen. Zum anderen distanziert er sich von der Forderung nach Freilassung der politischen Gefangenen. Er inszeniert sich zwar als Vertreter der Entspannungspolitik, aber unternimmt nichts gegen die Stationierung des Raketenabwehrsystems THAAD: es sei nicht möglich, ein Abkommen mit den USA zu brechen.

Die einzige Kraft, welche die demokratische Revolution weiterführen kann, ist die demokratische Bewegung. Am vergangenen Samstag gab es erneut Proteste gegen die Stationierung von THAAD. Friedensaktivisten und linke Kräfte mobilisieren weiter gegen die Kriegstreiberei des US-Imperialismus. Die Zukunft der koreanischen Halbinsel liegt in den Händen der Protestbewegung.

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"Die Rechten drohen mit Bürgerkrieg", UZ vom 24. März 2017



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