Im Dezember 2016 war Präsidentin Park Geun-Hye vom Parlament entmachtet worden. Von den 300 Abgeordneten stimmten 234 für die Entlassung aus dem Amt, 56 stimmten dagegen. Wenn die Amtsenthebung vom Verfassungsgericht endgültig als gerechtfertigt erklärt wird, wird eine Neuwahl stattfinden.
Nach der Amtsenthebung spaltete sich die Regierungspartei in zwei Lager: In Anhänger und Gegner Parks. 29 der 100 Abgeordneten der rechtskonservativen Regierungspartei traten aus ihrer Partei aus und gründeten eine neue, die Barun-Partei. Sie distanziert sich von den „alten Konservativen“, positioniert sich als „gesunde konservative Partei“. Die Barun-Partei kritisiert den autoritären Herrschaftsstil Parks, übernimmt jedoch ihre Politik – wie die geplante Stationierung des US-Abwehrraketensystems THAAD in Südkorea und die Arbeitsrechtsreform.
Weil die Regierungspartei Saenuri völlig untergegangen und die neu gegründete konservative Partei Barun noch zu schwach ist, schmiedet die herrschende Klasse nun einen neuen Plan: Bildung einer „Mitte-Rechts-Koalition“. Sie versucht, eine Koalition zwischen den noch in der Saenuri-Partei verbliebenen Gegnern Parks, der Barun-Partei und dem rechten Flügel des liberalen Lagers zu bilden. Als nächsten Schritt plant sie, den früheren UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, der auf Rang zwei in der Wählergunst steht, als ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl aufzustellen. Ban verhält sich so, als wäre er schon der Kandidat dieser Koalition. Beim seinem ersten Auftritt auf der politischen Bühne behauptete er, die Stationierung der THAAD sei eine unabdingbare Verteidigungsmaßnahme, weil Südkorea zurzeit im Kriegszustand sei. Seine arbeiterfeindliche Haltung machte er in seiner Rede deutlich, als er von „Adelsgewerkschaften“ sprach, die ihre Privilegien aufgeben müssten. Diese Koalition mit Kandidat Ban Ki-Moon an der Spitze ist zweifellos das beste Szenario für die herrschende Klasse.
Ist es nicht möglich, eine solche Koalition zu bilden, dann wäre eine Koalition aus liberaler Partei, der Demokratie-Partei und ihrem möglichen Kandidaten Mun Jae-In keine schlechte Option für die Herrschenden. Erfahrungen aus der Geschichte zeigen, dass die früheren Präsidenten der Demokratie-Partei, Kim Dae-Jung und Roh Moo-Hyun, massiv unternehmerfreundliche Politik durchsetzen. Sie ermöglichten u.a. eine massenhafte Zunahme prekärer Beschäftigung.
Die Position des US-Imperialismus ist klar: Solange jemand dessen Interessen verteidigen will, wird er von den USA unterstützt. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, erklärte nach der Absetzung Parks: Die USA seien an der Seite Koreas, während das Land einen politischen Wandel und Übergang durchmacht. Diese Äußerung suggeriert die Akzeptanz der Absetzung von Park.
Gefährlich ist, dass mögliche Kandidaten seit dem Machtwechsel in den USA beginnen, um die Unterstützung der USA zu konkurrieren. Nicht nur der konservative Ban Ki-Moon, auch der liberale Mun Jae-In sagte kurz vor Trumps Amtsantritt, er sei zwar gegen THAAD, aber es sei unmöglich, ein diplomatisches Übereinkommen mit den USA zu brechen.
Die politische Lage Südkoreas ist nicht rosig. Aber es gibt hoffnungsvolle Zeichen, dass die Forderungen der Protestierenden, die Massendemonstrationen für die Amtsenthebung Parks organisierten, über den Skandal hinauszugehen beginnen.
In der letzten Woche beantragte die Staatsanwaltschaft Koreas Haftbefehl gegen den De-facto-Chef der Samsung-Gruppe, Lee Jae-Yong. Ihm wird vorgeworfen, dass er Präsidentin Park bestochen habe. Aber das Gericht in Seoul lehnte den Antrag ab. Diese Entscheidung des Gerichts goss Öl ins Feuer, die Wut der Bevölkerung explodierte. Zwei Tage nach dieser Entscheidung gingen wieder mehr als 300 000 Demonstranten auf die Straße, forderten, die dunklen Beziehungen zwischen Konzernen und Politikern aufzuklären und korrupte Politiker und Konzernchefs zu bestrafen. Die Demonstranten riefen: „Die Wurzel des Skandals ist die Macht der Konzerne!“
Seit der Vergeltungsmaßnahme Chinas gegen THAAD und Trumps Rede von einer aggressiveren Nordkorea-Politik eskaliert die Angst vor einem Krieg. Angesichts der wachsenden Kriegsgefahr kritisierten Demonstranten die opportunistische Haltung der bürgerlichen Parteien zu der Stationierung des THAAD.
Je klarer der opportunistische Charakter dieser bürgerlichen Parteien ans Licht kommt, egal ob konservativ, liberal oder pseudolinks, desto rascher wird das Klassenbewusstsein in der Protestbewegung gestärkt.