Stellungnahme der DKP Schleswig-Holstein zu erneuten Vorwürfen illegaler Geschäfte von SIG Sauer und der Schließung des Werkes in Eckernförde

Die mörderische Erpressungs-„Logik“ der Rüstungsindustrie

Am 4.Juni wurde den 130 Arbeiter*innen des Waffenherstellers SIG Sauer in Eckernförde mitgeteilt, dass der Betrieb zum Jahresende schließt und sie alle auf die Straße gesetzt werden.

Fakt ist, dass es nach einem ersten Prozess gegen drei der Geschäftsführer von SIG Sauer im Jahr 2019 nun neue Ermittlungen gegen die Firma gibt. Waren es im ersten Prozess 38.000 illegal nach Kolumbien geschleuste Pistolen der Marke SP2022, so prüft die Staatsanwaltschaft Kiel aktuell die Legalität erneuerter Pistolenexporte, diesmal nach Mexico, wo sie im Drogenkrieg im Einsatz sind.

„aufschrei-waffenhandel.de“ berichtet: „Wie Recherchen des SWR ergaben, soll der Kleinwaffenhersteller Sig Sauer 50.000 Pistolen des Typs P320 nach Mexiko verkauft haben. Das gehe aus einem mexikanischen Regierungsdokument vom April 2020 hervor. Von Deutschland aus wäre ein solcher Verkauf nicht genehmigungsfähig, auch nicht über den Umweg USA. Sig Sauer Deutschland habe auf SWR-Anfrage denn auch erklärt, dass diese Waffen von seiner Schwesterfirma in den USA entwickelt, produziert und nach amerikanischen Exportregeln nach Mexiko verkauft worden seien.

Doch sowohl SIG Sauer Deutschland als auch SIG Sauer USA sind laut SWR hundertprozentige Tochterfirmen der L&O SIG Sauer Holding, die ihren Sitz im deutschen Emsdetten hat. Außerdem habe SIG Sauer auf einer mittlerweile gelöschten Webseite mit „Spitzentechnologie made in Germany“ geworben und neben dem Foto einer P320 angegeben, dass die Entwicklung, Herstellung und Wartung der Produkte in Deutschland erfolge. (…)

Im April 2019 wurden drei Manager des Rüstungsunternehmens Sig Sauer am Landgericht Kiel wegen illegaler Waffenlieferungen nach Kolumbien zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt. Ein Jahr später liefert die ARD-Doku „Tödliche Exporte: Rüstungsmanager vor Gericht“ Hinweise auf weitere möglicherweise illegale Rüstungsexporte der Waffenschmiede aus Eckernförde. Wie die Recherchen des Filmemachers Daniel Harrich zeigen, soll Sig Sauer neben Kolumbien auch Mexiko ohne Rüstungsexportgenehmigung der Bundesregierung beliefert haben. Videoaufnahmen zeigten Soldaten mit Pistolen von Sig Sauer. Auf manchen Pistolen von mexikanischen Polizisten sei auch „Frame made in Germany“ eingraviert. Diese kamen offensichtlich über das US-amerikanische Schwesterunternehmen von Sig Sauer, Sig Sauer USA, nach Mexiko.

Außerdem belegten Dokumente des US-Außenministeriums, dass Sig Sauer USA nicht nur fertige Waffen nach Mexiko lieferte, sondern auch die Lizenz zur Herstellung verschiedener Sig-Sauer-Waffenmodelle in Mexiko. Darunter seien auch Typen aufgeführt, die ursprünglich in Deutschland entwickelte und produziert wurden. So eine Weitergabe an Mexiko sei aber nach deutschem Recht nur mit einer weiteren Genehmigung möglich. Auch nach Kolumbien hat Sig Sauer der Dokumentation zufolge ohne Erlaubnis mehr deutsche Waffen über die US-Schwester geliefert als bislang bekannt. Die Firma habe nicht nur weiter Waffen geliefert als in Deutschland schon gegen den Waffenhersteller ermittelt worden sei, sondern auch noch nach dem Urteilsspruch im April 2019.Wie der „Spiegel“ berichtet, geht die Staatsanwaltschaft Kiel diesen neuen Vorwürfen nun nach.“

Diese Umstände legen die Vermutung nahe, dass die deutsche Holding detailliert in die illegalen Geschäfte eingebunden und somit an den mörderischen Geschäften beteiligt war.

Zu elf Millionen Euro Geldstrafe wurde das Unternehmen im ersten Prozess verurteilt. Der zweite Prozess könnte noch teurer werden. Daher gibt die Geschäftsführung von SIG Sauer Land und Bund die Schuld wegen schlechter und ungerechter Behandlung und schließt den Standort.

Das kann aber nur als Hohn verstanden werden, bedenkt man das extra für SIG Sauer eine Beschussstelle in Eckernförde für schlappe 400.000 Euro erneuert wurde und deutsche Waffenexport-Regeln keineswegs streng sind.

Weder Bundes- noch Landesregierung ist also eine mangelnde Unterstützung für den Waffenkonzern vorzuwerfen, sondern eher das genaue Gegenteil, nämlich die direkte Förderung z. B. durch die Einrichtung der Beschussstelle.

Die nun angekündigte Schließung der Produktion in Deutschland durch SIG Sauer belegt vielmehr eines mehr als deutlich, nämlich, dass es nicht stimmt, dass Rüstungsproduktion sichere Arbeitsplätze schafft und das Rüstungskonzerne es mit dem Recht oft nicht so genau nehmen.

Für die DKP Schleswig-Holstein ist das Ende des Waffenproduzenten SIG Sauer in Eckernförde daher erst einmal keine schlechte Nachricht, sehr wohl aber die Tatsache, dass die dortige Belegschaft auf die Straße gesetzt wird, statt sinnvolle zivile Produktion in Eckernförde zu betreiben.

Wie mörderisch Kleinwaffenproduzenten wie SIG Sauer sind, macht eine Stellungnahme der dem Klassenkampf doch unverdächtigen kirchlichen Organisation „Brot für die Welt“ deutlich: „Der deutsche Begriff „Kleinwaffen“ klingt recht harmlos, dabei umfasst er Handfeuerwaffen, Maschinengewehre, Handgranaten und Minen. Also alles, was ein Mensch tragen kann – und was Menschen tötet. „Aufgrund des Gemetzels, das sie anrichten, können Kleinwaffen tatsächlich treffender als Massenvernichtungswaffen bezeichnet werden“, sagte 2006 der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan. Durch diese Waffen sterben jedes Jahr ungefähr 300.000 Menschen, bei insgesamt etwa einer halben Million Toten durch Waffengewalt. Deutschland gehört seit Jahren zu den Top 3 der größten Kleinwaffen-Exporteure weltweit. Inzwischen sterben in nahezu allen gewaltsamen Konflikten Menschen durch deutsche Waffen. Besonders perfide ist, dass ihr geringes Gewicht und ihre einfache Bedienung den Einsatz von Kindersoldaten erleichtern.“

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