Nicht nur Informationsquelle für Kommunalpolitiker

Die lokale Presse nutzen

Von Werner Sarbok

Um linke Kommunalpolitik entwickeln zu können, braucht es nicht zwingend Ratsmandate und einen großen „Apparat“, um über interessante Themen zu recherchieren und sich Sachkunde anzueignen. Ein wichtiges Medium dafür ist die lokale Tageszeitung. Aber nicht nur als Informationsquelle, sondern auch, um die eigenen Positionen über Leserbriefe oder Stellungnahmen zu verbreiten.

Klar, es wird nicht jeder Leserbrief gedruckt, manche Lokalredaktionen boykottieren konsequent linke Veröffentlichungen. Und viele Menschen können sich heute keine lokale Tageszeitung mehr leisten bzw. beziehen ihre Informationen aus dem Internet. Das ändert jedoch nichts daran, dass „Dorfzeitungen“ wie die meine noch einen beachtlichen Verbreitungsgrat haben.

Häufig denke ich beim Lesen eines Artikels: Hier müsstest du eigentlich was schreiben. Aber es bleibt zu häufig beim „müsste eigentlich“. Und ich habe mich noch nie über einen Leserbrief von mir geärgert, der vielleicht hätte feiner formuliert oder besser recherchiert werden können. Ich habe mich aber viel häufiger über Leserbriefe geärgert, die ich nicht geschrieben habe.

Der Idealfall ist also der, den ich einige Tage vor Weihnachten erlebte: In der Lokalzeitung ein Beitrag, der Widerspruch fordert. Abends hingesetzt und schnell einen Leserbrief geschrieben, der dann einen Tag später veröffentlicht wurde. Und da war mit Nennung meines Namens und natürlich meiner Parteizugehörigkeit unter der Überschrift „Das stinkt nach illegaler Parteienfinanzierung“ zu lesen:

„Als selbst leidenschaftlicher Modellbahner, ehemaliges Ratsmitglied sowie Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) in Recklinghausen schließe ich mich den Glückwünschen an die Suderwicher Modellbahnfreunde aus Anlass ihres 40-jährigen Bestehens an. In diesem Zusammenhang überreichte Frau Marita Bergmaier (CDU) in ihrer Eigenschaft als Vize-Bürgermeisterin die Glückwünsche der Stadt Recklinghausen, wie es ja in der Recklinghäuser Zeitung dankenswerter Weise dokumentiert wurde. Das wäre ja nun alles keinen Leserbrief wert, wenn sich nicht auf dem Geschenk der Stadt Recklinghausen, zwei Modellbahnloks, große CDU-Logos befinden würden.

Da drängen sich Fragen auf: Ist denn die Recklinghäuser CDU so arm, dass sie sich ihre Werbegeschenke von den Bürgern der Stadt Recklinghausen bezahlen lassen muss? Das würde natürlich auch erklären, dass die Wahlkampfkostenerstattung bei Bundestagswahlen für die großen Parteien (nicht für alle, versteht sich) nun unbedingt auf 83 Cent pro abgegebene Stimme erhöht werden muss – aus Sicht derer, die davon profitieren und das auch beschließen. Oder begreift die CDU die Stadt Recklinghausen als ihr Eigentum, von dem sie sich beliebig Werbeartikel finanzieren lassen kann? Das hat ja nun weit mehr als ein Geschmäckle – das stinkt nach illegaler Parteienfinanzierung und Amtsmissbrauch!“

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"Die lokale Presse nutzen", UZ vom 8. Januar 2016



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