Zeitgleich mit den EU-Wahlen wurden in Baden-Württemberg die Gemeinderäte neu gewählt. Dabei gelang es Reinhard Püschel, den Sitz der DKP im Gemeinderat von Heidenheim zu verteidigen.
UZ: Du bist jetzt seit 20 Jahren im Gemeinderat. Herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl! Für die, die es nicht kennen: Was ist Heidenheim für eine Stadt und mit welchen Problemen seid ihr konfrontiert?
Reinhard Püschel: In Heidenheim leben knapp 50.000 Einwohner. Hier gibt es große Betriebe wie zum Beispiel Voith und Hartmann. Das größte Problem ist der Wohnungsmangel. Der frühere Oberbürgermeister hatte gesagt: Wohnungen sind keine Aufgabe der Stadt. Deshalb wurde die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GBH) an Gagfah (heute Vonovia) verkauft. Dagegen gab es viele Aktionen, auch parteiübergreifend. Aber verhindern konnten wir den Verkauf nicht. Seit zwei Jahren ist ein neuer Oberbürgermeister im Amt, der sich für den sozialen und kommunalen Wohnungsbau ausspricht. Jetzt will die Stadt 26 Wohnungen im künftigen Wohnquartier Schlossberg neben dem Klinikum und 35 Wohnungen im Stadtteil Schnaitheim (Kleehof) kaufen.
UZ: Das kostet Geld. Viele Städte und Gemeinden sind aber unterfinanziert und kaum noch handlungsfähig …
Reinhard Püschel: Das ist in Heidenheim auch so. Die Finanzsituation ist schlimm, die Stadt ist verschuldet. Deswegen habe ich auch wiederholt beantragt, die Gewerbesteuern zu erhöhen. Dabei sollten kleine Selbstständige und Gewerbetreibende geschützt werden. Es geht also darum, dass die großen Konzerne, die hier ihren Sitz haben, mehr zahlen.
UZ: Welche politischen Schwerpunkte habt ihr?
Reinhard Püschel: Wohnen ist unser Schwerpunkt, seit die DKP im Jahr 1975 in den Gemeinderat eingezogen ist. Wir kämpfen auch für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs. Ich fordere immer wieder, dass der Autoverkehr reduziert werden soll. Das geht aber nur, wenn der Busverkehr ausgebaut wird, die Taktzeiten kürzer sind und das Ticket bezahlbar ist – meine Forderung ist: kostenlos.
In allen Bereichen gibt es großen Personalmangel: im Klinikum, in den Schulen, im sozialen Bereich. Wir fordern bessere Löhne und die Einstellung von mehr Personal, um für Entlastung zu sorgen. Damit liegen wir auf der Linie der Klinikangestellten, die in den vergangenen Jahren große Aktionen durchgeführt und bessere Löhne gefordert haben. Wir unterstützen die Ortschaft Oggenhausen, die seit Jahren ein Dorfgemeinschaftshaus fordert, damit die Menschen dort einen Treffpunkt haben. Bei den letzten Haushaltsberatungen habe ich zudem beantragt, dass auf den öffentlichen Gebäuden der Stadt Photovoltaikanlagen installiert werden. In einem weiteren Antrag habe ich die Erstellung eines Armutsberichtes gefordert. Niemand weiß genau, wie viele Haushalte von Armut betroffen sind.
UZ: Ratspolitik ist kleinteilig und zeitaufwendig. Wie gelingt es da, Impulse zu setzen, die über den Rat hinausreichen?
Reinhard Püschel: Ganz wichtig ist, dass wir regelmäßig auf der Straße sind. Wir haben zu den Gemeinderatswahlen zwei Ausgaben unserer Zeitung „Blickpunkt“ verteilt, insgesamt rund 7.500 Stück. Außerdem stehen wir jeden Monat in der Innenstadt. Wir sind also da und ansprechbar, die Leute kennen uns. „Den Püschel, den wählen wir“, höre ich öfter. Nächstes Jahr wird gefeiert. Dann sind wir 50 Jahre lang ununterbrochen im Gemeinderat, das ist ein einzigartiger Erfolg.
UZ: Was können andere von Heidenheim lernen?
Reinhard Püschel: Es ist richtig, dass wir als Partei zum Beispiel zu den EU-Wahlen antreten. Wir müssen aber auch auf der kommunalen Ebene sichtbar sein und dort, wo es Sinn macht, auch kandidieren. Hier in Baden-Württemberg können die Stimmen zwischen verschiedenen Wahlvorschlägen verteilt und Kandidaten direkt gewählt werden, das ist eine gute Gelegenheit, um Kommunistinnen und Kommunisten bekannter zu machen.