Diese Zeitung bezieht Stellung, wenn Linke als Querfront beschimpft, Kritik am israelischen Staatsrassismus als Antisemitismus verleumdet, kritische Fragen zur Rolle der Geheimdienste als Verschwörungstheorien abgestempelt werden. Der Herr Kultursenator Lederer (Linkspartei) steht für eine Strömung in der Linken, die so furchtbar emanzipatorisch ist, dass sie von einer klaren Haltung gegen imperialistische Kriege abrückt und sich ins bürgerliche System integriert. Lederer hat seine Macht als Mitglied einer bürgerlichen Landesregierung benutzt, um die Preisverleihung an Ken Jebsen zu zensieren. Aber als der Linksparteivorstand sich von Jebsen distanziert hat und Linksparteipolitiker dagegen vor der eigenen Parteizentrale demonstriert haben, ging es nicht nur darum.
Für welche Linie steht Ken Jebsen? Er selbst bestreitet gerne, überhaupt eine Linie zu vertreten – sein Portal KenFM gebe nur eine Plattform, um kritische Geister zu Wort kommen zu lassen. Jebsen und sein Portal, so stellt er es dar, sind irgendwie ganz besonders kritisch, dabei ganz und gar unvoreingenommen – so unvoreingenommen, dass die traditionelle Unterscheidung zwischen links und rechts für ihn nicht wichtig ist.
Deshalb bietet KenFM die Plattform, um kreuz und quer jede kritische Frage aufzuwerfen: Vielleicht unterstützt die NATO in der Ukraine Faschisten? Vielleicht kommen die Flüchtlinge deshalb nach Deutschland, weil dunkle Mächte sie als „Migrationswaffe“ einsetzen? Vielleicht stehen hinter der Politik der Bundesregierung die Interessen von Banken und Konzernen? Vielleicht hat der „sogenannte Klimawandel“ überhaupt nichts mit CO2 zu tun, sondern wird von geheimen Laserwaffen verursacht? Jebsens allerkritischste Kritik ist ein Mischmasch von Tatsachen und irrationalen Spekulationen.
Diese „Unvoreingenommenheit“ ist die Linie, die Jebsen und andere, die sich als „neue Friedensbewegung“ sehen, in die Friedensbewegung hineintragen wollen. In dieser Friedensbewegung soll Raum für alle „kritischen“ Positionen sein, der Unterschied von rechts und links keine Rolle spielen, „traditionelle“ Organisationen umgangen werden. Jebsen formuliert öffentlich keine ausgearbeitete Querfrontstrategie. Seine Kreuz-und-Quer-Kritik öffnet die Tür auch für rechte Hetzer. Die „Für alles offen“-Haltung ist die Querfrontstrategie.
Deshalb sind die vielen Berührungspunkte zwischen Jebsen und anderen aus seinem Spektrum mit offen rechten Kräften kein Zufall. Nur ein Beispiel: Im Interview mit Ken Jebsen durfte sich noch im März der reaktionäre Autor Gerhard Wisnewski, der auch für das Elsässer-Blatt „Compact“ schreibt, Sorgen darüber machen, ob die eigentlich sympathische AfD nicht doch ein wenig zu angepasst an den Mainstream sei. Nach der Bundestagswahl kommentierte Jebsen, dass es zwischen AfD, CDU und Linkspartei überhaupt keine Unterschiede gebe und er die Wahlen sowieso für Theater halte. Auf KenFM kommen linke Aktivisten genauso zu Wort wie rechte Hetzer – die Unterscheidung ist für Jebsen eben nicht so wichtig.
So ekelhaft Lederers „emanzipatorischer“ Zensurversuch war – Jebsen hat keinen Preis verdient, der nach Karl Marx benannt ist. Wir brauchen eine Friedensbewegung, die die wirklichen Organe des Imperialismus benennt, die den Kampf gegen die deutsche Kriegspolitik, die Kriegspolitik der NATO und die Militarisierung der EU führt, die die Verbindung der Friedensfrage zu den alltäglichen sozialen Bedürfnissen der Mehrheit herstellt, die rechte Hetzer auch als Kriegstreiber entlarvt, wenn sie sich als Friedensengel darstellen. Die DKP will ihren Beitrag leisten, um die Kräfte zu stärken, die für eine solche Orientierung arbeiten. Dann erledigen sich Debatten um Jebsen von selbst.