Als Ursula Püschel am 19. August des Jahres 2011 ihren Artikel über Federico Garcia Lorca, den sie anlässlich des 75. Jahrestages seiner Ermordung durch die spanischen Franco-Faschisten für die UZ verfasst hatte, zeigte sie sich sehr zufrieden, nun erstmals UZ-Autorin geworden zu sein. Ihre Würdigung des spanischen Lyrikers, Autoren und Dramatikers Lorca war eine kenntnisreiche Darstellung von dessen Werk und Wirkung. Er war bereits in den ersten Tagen des spanischen Krieges von den Falangisten ermordet worden. Lorca habe „mit seiner Feder mehr Unheil angerichtet als andere mit dem Gewehr“, äußerte der Denunziant, der die Verhaftung des Dichters veranlasste.
Ursula Püschel wurde am 1. Juni 1930 im brandenburgischen Töpchin geboren, sie besuchte die Arbeiter-und-Bauern-Fakultät und studierte Geschichte und Germanistik an der Humboldt-Universität in Berlin. Nach dem Staatsexamen arbeitete Ursula Püschel an der Akademie der Künste der DDR im Bettina-von-Arnim-Archiv und promovierte über Bettina von Arnims politische Schriften. Bis 2005 sorgte Püschel für Veröffentlichungen von Briefen und Texten der Autorin der deutschen Romantik und des Vormärz.
Ursula Püschel wurde nach einer lebenslangen Beschäftigung mit Bettina von Arnims literarischem und politischen Werk zur Expertin auf diesem Feld, befasste sich aber als Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin mit einer großen Anzahl anderer Themen und Autoren. Zu nennen sind ihre Arbeiten über Anna Seghers, Irmtraud Morgner, Paul Celan und Ingeborg Bachmann. 1982 erschienen ihre Essays „Mit allen Sinnen: Frauen in der Literatur“ als Ergebnis ihrer Beschäftigung mit Autorinnen über Jahrhundert- und Ländergrenzen hinweg. Sie publizierte über Mozart, Frauengestalten bei Shakespeare, über Etty und Peter Gingold, sie war Autorin verschiedener DDR-Zeitungen und des „kürbiskern“. Sie arbeitete für den DDR-Rundfunk, schrieb Reiseberichte, unter anderen über Mosambik („Der Schlangenbaum“, 1984) und befasste sich mit afrikanischer und arabischer Literatur. Angeregt von der Nachfrage eines Freundes, beschäftigte sie sich seit Ende 2017 mit der Zusammenstellung von Texten, die sie für einen Essay-Band in Betracht zog.
Ursula Püschel war mit dem in der DDR geborenen, in der BRD aufgewachsenen und 1989 repatriierten Ronald M. Schernikau befreundet. Nach dessen frühem Tod 1991, unterstützte sie mit ihren Mitteln die Bemühungen zur Veröffentlichung von dessen Hauptwerk „legende“. Zum heutigen posthumen Erfolg Schernikaus hat Ursula Püschel ihren Beitrag über Jahre mit Vergnügen geleistet.
2015 hatte die Mainzer DKP Ursula Püschel zu einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Ratsfraktion der Partei „Die Linken“ ins örtliche Rathaus eingeladen. Anlass war der 115. Geburtstag der in Mainz aufgewachsenen Anna Seghers. Püschel sprach kenntnisreich über Seghers‘ Romane „Die Entscheidung“ und „Das Vertrauen“ und fesselte das Publikum. Ein älterer, aufrechter linker Sozialdemokrat, aktives Mitglied der Anna-Seghers-Gesellschaft, gratulierte den Mainzer Kommunisten anschließend zu der Veranstaltung und der Referentin.
Krankheit und und notwendige Aufenthalte in Reha-Kliniken führten dazu, dass dies eine der letzten Veranstaltungen dieser hochgebildeten Frau war. Der Essay-Band mit von ihr selbst ausgewählten Texten aus ihrem reichhaltigen Lebenswerk wird nicht mehr erscheinen. Ursula Püschel starb am 10. August 2018 in einer Klinik bei Berlin.