Der Wiederaufbau Syriens bedeutet auch einen Weg aus der Abgeschnittenheit

Die Isolation durchbrechen

Von Manfred Ziegler

Noch ist der Krieg um Syrien nicht beendet. Im Süden kämpft die syrische Armee gegen die Reste des IS, in Idlib haben sich die Dschihadisten doch nicht wirklich aus der geplanten entmilitarisierten Zone zurückgezogen. Eine militärische Offensive ist nicht ausgeschlossen. Dennoch beginnt der Wiederaufbau.

Die Zerstörungen im Krieg gegen die Dschihadisten waren umfassend und wurden nur noch von der gezielten Vernichtung der Infrastruktur übertroffen, die die US-Luftangriffe erzielten. Die syrische Wirtschaft wurde nicht nur von den Sanktionen geschädigt, die die NATO-Staaten verhängt hatten. Große Teile der industriellen Werkzeuge und Maschinen vor allem in Aleppo wurden gestohlen und in die Türkei verbracht. Die Kosten für den Wiederaufbau werden mit 200 bis 400 Milliarden Euro angegeben.

Nicht nur die Kosten stehen dem Wiederaufbau entgegen. Lange Zeit war Syrien isoliert, nicht nur im politischen Sinne. Die Verkehrsverbindungen waren unterbrochen und das Land war buchstäblich abgeschnitten von den umliegenden Ländern. Die Grenzübergänge standen unter Kontrolle der Dschihadisten. Nach dem Grenzübergang al-Bukmal in den Irak wurde jetzt auch der Grenzübergang Nassib nach Jordanien offiziell wieder eröffnet. Damit ist der Landweg für Transporte vom Libanon über Syrien in die arabischen Länder wieder frei.

Die Verkehrsverbindungen zwischen den Städten wieder herzustellen war nach Ende der Kämpfe relativ leicht möglich. Wenige Wochen nach der Vertreibung der Dschihadisten aus Ghouta wurde die Autobahn von Damaskus nach Homs für den Verkehr freigegeben. Auch die Elektrizitätsversorgung kann relativ einfach erneuert werden – mit Unterstützung aus dem Iran, Russland und China. Beispielsweise lieferte China im Oktober 800 Transformatoren, um die Stromversorgung im Land und damit die Lebensbedingungen zu verbessern. Die VR China wird auch Kredite für den Wiederaufbau zur Verfügung stellen.

Ausstellungen wie die „Damascus International Fair“ oder „Re-build Syria 2018‘‘ dienen dazu, Unternehmen aus dem Ausland zu gewinnen. An den diesjährigen Ausstellungen im September und Oktober beteiligten sich Aussteller aus 50 beziehungsweise 26 Ländern – in Syrien können wieder Geschäfte gemacht werden.

Eines der größten Probleme beim Wiederaufbau sind die zerstörten Wohngebiete. Hier müssen zunächst einmal Trümmer, Schutt und noch vorhandene Kampfmittel beseitigt werden, um überhaupt eine Bestandsaufnahme machen zu können. In Jarmuk, einem Stadtteil von Damaskus, in dem überwiegend palästinensische Flüchtlinge lebten, haben am 15. September die Aufräumarbeiten begonnen. Finanziert von der PLO, werden in Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung zunächst einmal die Hauptstraßen geräumt. Dabei hat sich gezeigt, dass ca. 40 Prozent der Wohnungen soweit instandgesetzt werden können, dass sie wieder bewohnbar sind.

Ein weiteres Problem ist, die Flüchtlinge in den Lagern in Jordanien und dem Libanon für eine Rückkehr zu gewinnen. Auch wenn die Sicherheitslage heute besser ist als in der Vergangenheit, fehlen Arbeitsplätze und Wohnungen.

Ohne finanzielle Unterstützung aus dem Ausland wird es schwierig, hier Abhilfe zu schaffen. Für die USA und ihre Verbündeten ist das der Hebel, an dem sie ansetzen können. Niemand denkt daran, die Sanktionen aufzuheben. Im Gegenteil. Wie NBC berichtete, arbeitet die Trump-Regierung an einer neuen Strategie: Die Sanktionen gegen Syrien sollen auf die Unternehmen ausgeweitet werden, die sich am Wiederaufbau beteiligen wollen. Der Krieg um Syrien ist noch nicht beendet.

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"Die Isolation durchbrechen", UZ vom 26. Oktober 2018



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