Dialyse-Monopolist und größter Krankenhauskonzern Europas

Die guten Werke von Fresenius

Von Richard Corell und Stefan Müller

Auf Platz 7 der „Liste der großen deutschen Familienunternehmen“ der FAZ steht mit einem Umsatz von über 25 Mrd. Euro und über 220 000 Beschäftigten die Fresenius KG auf Aktien. Sie kontrolliert gleich zwei im Deutschen Aktienindex DAX gelistete Konzerne: die Fresenius SE mit Helios, dem größten Klinikkonzern Europas, und Fresenius Medical Care (FMC), Weltmarktführer in der Dialysebehandlung von Patienten mit chronischem Nierenversagen. Hinter der KG steckt die 1983 gegründete steuersparende, weil „guten Werken“ gewidmete (dazu unten) Else-Kröner-Fresenius-Stiftung.

1872 gelangte die Hirsch-Apotheke (eröffnet 1462) in Frankfurt in die Hände der Familie Fresenius. Eduard Fresenius gründete 1902 eine kleine Pillendreherei. Der wirkliche Aufstieg begann erst nach seinem Tod 1946. Seine Erbin und Adoptivtochter Else Fernau heiratete 1964 ihren Wirtschaftsberater Hans Kröner. Der war über die NSDAP und nach 1945 über die Bank des Hitler-Financiers August von Finck zum Leiter des Vorstandsbüros des IG-Farben-Nachfolgers Hoechst aufgestiegen.

Als Else Kröner 1988 starb, vermachte sie ihre Firma der Stiftung. Hans Kröner spielte aber bis zu seinem Tod 2006 die entscheidende Rolle in Firma und Stiftung. Als Nachfolger in Vorstand und Aufsichtsrat setzte er den Ingenieur Gerd Krick ein, bis heute im Amt. Unter seiner Leitung wurde in den 80er Jahren ein technisch fortgeschrittener Dialysefilter mit Polysulfonfasern entwickelt. Der war günstig zu produzieren, ein klarer Wettbewerbsvorteil. Davon konnten bis heute fast eine Milliarde verkauft werden, weil Krick mit der Übernahme von über 25 Dialysefirmen in aller Welt (insbesondere der US-Firma National Medical Care) mit der FMC die Marktbeherrschung erreichte. Federführend bei der Expansion von Fresenius war die West LB. Bei der stand Fresenius so hoch in der Kreide, dass der zuständige Vorstand versuchte, Krick zu stürzen, was wegen bankinterner Probleme nicht gelang.

Das den Imperialismus kennzeichnende Monopol geht einher mit der Entwicklung des Finanzkapitals, dem Überwiegen des Finanzmannes über den Kaufmann. Auch bei Fresenius SE dominiert der Finanzmann: Nachdem Vorgänger Ulf Schneider auf den Chefsessel von Nestlé gewechselt war, übernahm der frühere Finanzchef Stephan Sturm, ein ehemaliger Investmentbanker. Auch die SE strebt nach dem Monopol. Mit dem Kauf von 40 Kliniken der Rhöngruppe und der über 111 Kliniken von Helios ist sie Marktführer der privaten Kliniken in Deutschland und mit dem milliardenschweren Kauf des spanischen Marktführers Quironsalud der größte Klinikkonzern Europas.

Zur Finanzierung der Expansion werden nicht nur die Banken, sondern auch die Aktionäre eingespannt. Hauptaktionär ist die Stiftung, Anteile über 5 Prozent halten z. B. „Allianz Global Investors“ und die US-Fondsgesellschaft Blackrock.

Die kapitalistische Akkumulation funktioniert ebenso wie die Herausbildung von Monopol und Finanzkapital unabhängig vom Willen des Kapitalisten, der vielleicht gute Werke tun will, aber bei Strafe des Untergangs expandieren muss. Sehr schön zeigt das die Klage der Stieftochter von Else Kröner gegen die Stiftung, die viel zu wenig Geld für die guten Zwecke ausschütte. Diese rechtfertigt sich in der „Wirtschaftswoche“: „Für die Stiftung wurde der Expansionskurs zur Herausforderung. Um ihren Anteil an dem seit 1986 börsennotierten Unternehmen zu stabilisieren, muss die Stiftung laufend Geld investieren, um bei Kapitalerhöhungen mithalten zu können“.

Man könnte auch mit Marx sagen „Akkumuliert, akkumuliert! Das ist Moses und die Propheten!“.

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"Die guten Werke von Fresenius", UZ vom 16. Dezember 2016



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