Geld aus der Sklavenarbeit diente zur Sanierung der heutigen Ertragsperle BMW

Die Geschwister Quandt

Von Richard Corell/Stephan Müller

Auf eine Milliarde arbeitsloses Einkommen brachten es die Geschwister Stefan Quandt und Susanne Klatten dank der im vergangenen Jahr ererbten 47 Prozent an der Autofirma BMW. Die Dividenden aus ihren anderen Unternehmen sind dabei noch nicht mitgerechnet. Allerdings: „Wenn man Mittel in dieser Höhe hat, muss man sich auch darum kümmern. Das ist ja nichts, was man ausgeben kann“, stellt Frau Klatten fest. Die ist dem breiten Publikum durch Sexabenteuer etwas besser bekannt als ihr Bruder. Beide kümmern sich aber um die Vermehrung ihrer Mittel eher im Stillen. Auch, weil die Herkunft der Mittel erst 2007 durch das TV-Feature „Das Schweigen der Quandts“ der Öffentlichkeit bekannt wurde: Vater Herbert Quandt hatte BMW-Aktien gekauft mit Geld aus dem Quandt-Nazirüstungskonzern, aufgebaut auf skrupellose Arisierungen und Sklavenarbeit von 50 000 Zwangsarbeitern. Herbert Quandt war dort als Junior- und Personalchef persönlich zuständig z. B. für das KZ der Akkumulatorenfabrik AFA (heute Varta), geschätzte Überlebensdauer der Häftlinge dort sechs Monate. Die Betriebe waren so kriegswichtig, dass die britische Besatzungsmacht in der Erwägung eines Angriffs auf die Sowjetunion lieber die Quandts weitermachen ließ, als sie in Nürnberg als Kriegsverbrecher anzuklagen. Als der Quandt-Freund und Goebbels-Stellvertreter Werner Naumann dann doch 1953 von den Briten gehindert wurde, mit der FDP in NRW die NSDAP wieder zu beleben, wurde er als Direktor in die Quandt-Firma Busch-Jäger übernommen.

1959 konnte Herbert Quandt dank gut gepflegter Vernetzung in Branche und Politik den Coup mit der „Rettung“ des siechen BMW-Konzerns landen: Er hatte die Perle dieses Konzerns, die BMW-Triebwerksbau-GmbH im Auge. Dort winkte die damals ungeheure Auftragssumme von 400 Mio. DM für Starfighter-Triebwerke. Der Verkauf der Triebwerks-GmbH an MAN – später wurde die MTU daraus – reichte, um BMW in den 60er Jahren zu sanieren. Aus den Quandtschen Waffenfabriken entstanden die IWK (heute Kuka), die an BMW modernste Produktionsanlagen lieferte. Auch in der Personalpolitik passten sich die Quandts an: Der aggressive Antikommunismus wurde in ein Umwerben rechter Sozialdemokraten verpackt. Ko-Management mit dem Betriebsrat gehört bei BMW wie bei VW zur Geschäftspolitik. Über die Methode, wie Mehrwert aus lebendiger Arbeit gepresst wird, kann gestritten werden, letztlich geht es Finanzoligarchen um Profit, gerechnet in Milliarden. Erbe Stefan Quandt formuliert das so – in der Antwort auf die Frage, ob er nach Bekanntwerden der KZ-Verantwortung weiter den Quandt-Preis für marktwirtschaftlichen Journalismus nach seinem Vater benennen wolle: „Wenn man sein Lebenswerk sieht, denke ich nach wie vor, dass man zu einem Gesamtbild kommt, das es rechtfertigt, einen Herbert Quandt-Medien-Preis zu verleihen.“

Im Mehrwertauspressen sind die Quandts weiter vorn dran: 2003 lieferten 105 000 Beschäftigte 1,1 Millionen Autos. 2015 brachten es kaum mehr – 122 000 Lohnabhängige – auf die doppelte Zahl BMW-Autos. Entsprechend stieg der Gewinn auf 9,2 Mrd. Euro. Das ist genug, um sich großzügig zu zeigen: Zum Beispiel gegenüber der TU München: Die liefert nicht nur Nachwuchs; ein wichtiger Teil der Forschung wird dort in Spendendankbarkeit abgearbeitet. Auch Merkel war dankbar: Fünf Tage nach Eingang einer Spende von 690 000 Euro waren 2013 in der EU drohende Abgasnormen vom Tisch. Von Kardinal Marx bis Elmar Brok (EU-Parlament und Bertelsmann) trifft sich, wer für die Quandts wichtig ist, jährlich beim Munich Economic Summit, den sie mit dem Ifo-Institut veranstalten. Hofknicks ist dort noch nicht vorgeschrieben.

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"Die Geschwister Quandt", UZ vom 18. November 2016



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