Rosa-Luxemburg-Konferenz will im Januar Mut und Kraft spenden

Die Friedensfrage überlagert alles

Lenny Reimann

Die XXVII. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz (RLK) findet am 8. Januar statt. Dieses Jahr online im Livestream und als Präsenzveranstaltung in der Max-Schmeling-Halle in Berlin. UZ sprach mit dem Chefredakteur der „jungen Welt“, Stefan Huth, über die Schwierigkeiten, aktuell eine Konferenz durchzuführen und worauf sich die Besucher trotzdem freuen können.

UZ: Vor welche Herausforderungen bei der Planung stellen Sie die aktuell stark ansteigenden Infektionszahlen und die Beschränkungen für öffentliche Veranstaltungen?

480502 huth - Die Friedensfrage überlagert alles - Konferenz, Marxismus - Politik

Stefan Huth: Die größte Herausforderung ist sicher die Unwägbarkeit der Pandemie-Situation insgesamt, was unsere Planungen auf allen Ebenen erschwert. Wir gehen derzeit noch davon aus, dass die Veranstaltung vor Ort mit Publikum stattfinden kann, aber sicher ist das keineswegs. Wir sind ja gezwungen, uns an die gesetzlichen Hygienebestimmungen zu halten, und die ändern sich ständig. Das alles macht die Absprachen mit unseren Kooperationspartnern, Unterstützern und Gästen recht kompliziert, da wir stets zweigleisig fahren und parallel für eine Hybrid- und für eine reine Online-Veranstaltung wie in diesem Jahr planen müssen. Das treibt insgesamt auch die Kosten sehr in die Höhe. Um das finanzielle Risiko in Grenzen zu halten, sind wir sehr auf einen guten Kartenverkauf, aber auch auf Spenden angewiesen.

UZ: Wie wollen Sie den Schutz der Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer gewährleisten und den Vorgaben der Behörden gerecht werden?

Stefan Huth: In allen Veranstaltungsbereichen gilt die 2G-Regel, deren Einhaltung wir streng überwachen werden. Alle Besucherinnen und Besucher, die vollständig geimpft oder von Covid-19 genesen sind, können sich frei in der Max-Schmeling-Halle bewegen. Sie haben die Möglichkeit, ihren Sitzplatz frei auszuwählen, können ohne Abstandsregeln und auch ohne Mund-Nasen-Bedeckung den „Markt der Möglichkeiten“, also die Stände von Verlagen, Antiquariaten, Initiativen und Organisationen, besuchen. Oder bei Essen und Trinken im Café K der DKP verweilen.

Alle anderen können das Programm wie in der Vergangenheit mit Freunden und Genossen zu Hause am Bildschirm verfolgen.

UZ: Die Corona-Pandemie ist das bestimmende Thema dieser Zeit. Die RLK steht jedoch unter dem Motto „Krieg und Leichen – die letzte Hoffnung der Reichen. Hände weg von Russland und China!“ Warum haben Sie sich für diese Schwerpunktsetzung entschieden und nicht für die Themen Gesundheit, Impfstoffgerechtigkeit oder internationale Erfahrungen im Kampf gegen die Pandemie?

Stefan Huth: Corona ist zweifellos ein wichtiger und gewichtiger Gegenstand, doch die Relevanz der Friedensfrage überlagert am Ende doch alle anderen gesellschaftlichen Themen. Ohne Frieden ist schließlich alles nichts und letztlich fehlt dem Gesundheitssystem und der Pandemiebekämpfung das Geld, das in Rüstung und andere Kriegsvorbereitungen fließt.

Der Imperialismus ist auf dem absteigenden Ast und versucht mit aller Macht, sein Herrschafts- und Einflusssystem zu erhalten. Russland und vor allem die Volksrepublik China sind Konkurrenten, werden als Feinde markiert und offen mit militärischer Gewalt bedroht. Entsprechende Meldungen finden sich täglich in allen Medien. Permanent werden Großmanöver der NATO nahe der Grenzen beider Staaten durchgeführt. Insgesamt hat die Gefahr eines großen, auch atomar geführten Krieges in den letzten Jahren gefährlich zugenommen und die westlichen Staaten arbeiten daran, die Situation permanent weiter zuzuspitzen. Doch die Friedenskräfte hierzulande sind leider schwach und auf diese Herausforderungen kaum vorbereitet. Das muss sich ändern, und wir hoffen auch, der Bewegung mit der RLK neue Impulse geben zu können.

Dazu haben wir interessante Gäste aus aller Welt eingeladen, die den ökonomischen Ursachen für die Krise des Imperialismus auf den Grund gehen, den Abbau demokratischer Rechte in bürgerlichen Demokratien beleuchten und über gesellschaftliche Alternativen zum Kapitalismus sprechen werden. Wir erwarten Dmitri Nowikow, Stellvertretender Vorsitzender der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation, die in London lehrende Soziologin und Marx-Forscherin Lucia Pradella, die Rektorin der Parteihochschule der Kommunistischen Partei Kubas, Rosario de Pilar Pentón Díaz, sowie einen prominenten Gast aus Bolivien. Zudem sind wir im Gespräch mit dem britischen Labour-Politiker
Jeremy Corbyn, der bereits Interesse an der Teilnahme bekundet hat.

UZ: Was werden ansonsten die thematischen Schwerpunkte der Konferenz sein?

Stefan Huth: Wie in den letzten Jahren wird es um die Situation des immer noch in US-Haft sitzenden Journalisten und Aktivisten Mumia Abu-Jamal und den Kampf für die Freilassung politischer Gefangener wie Julian Assange gehen. Auch die Berufsverbote, deren trauriges 50-jähriges Jubiläum im Februar ansteht, werden Thema sein. Außerdem gibt es ein von der SDAJ organisiertes Jugendpodium, das bereits in diesem Jahr großen Anklang fand. Auch eine Ehrung für die im Juli verstorbene Antifaschistin und Musikerin Esther Bejarano ist geplant.

UZ: Eine herausragende Bedeutung bei der Konferenz hat traditionell das Abschlusspodium. Was wird das Thema sein?

Stefan Huth: „Wie wir den nächsten Krieg verhindern“ ist das Thema der Runde. Es soll darum gehen, wie die Friedensbewegung angesichts der wachsenden Bedrohungen wieder größer und wirksamer werden kann. Über diese Fragen wollen wir mit Vertreterinnen und Vertretern aus Gewerkschaften, Kirche, Aktionsbündnissen und Parteien diskutieren.

UZ: Was erwartet das Publikum bezüglich Kultur bei der RLK im kommenden Jahr?

Stefan Huth: Geboten wird ein umfangreiches Kulturprogramm, unter anderem mit russischen Offbeats des »Skazka Orchestras« und den eher folkig daherkommenden „Grenzgängern“, Ausstellungen mit politischer Kunst und zum Leben und Wirken von Max Hoelz. Dem Revolutionär aus dem Vogtland ist auch eine Theaterszene gewidmet, die das Berliner Theaterensemble SiDat! auf die Bühne bringen wird. Der nach einem Naziunterstützer benannte Veranstaltungsort soll an diesem Tag symbolisch in „Max-Hoelz-Halle“ umgetauft werden.

UZ: Die Konferenz findet seit 1996 am jeweils zweiten Samstag im Januar statt. Welche politische Bedeutung kommt ihr zu?

Stefan Huth: Die RLK hat sich längst als Neujahrsempfang nicht nur der deutschsprachigen Linken etabliert. Als im Jahr 2020 die letzte Konferenz als Saalveranstaltung stattfand, nahmen mehr als 3.000 Personen an ihr teil. Bei der Wahl der Schwerpunkte lagen wir in aller Regel sehr richtig, im Zentrum stehen stets Themen von großer politischer Relevanz, die fortschrittlich gesinnte Menschen umtreiben. Da der internationalistische Ansatz prägend ist für die RLK, strahlt sie deutlich über Berlin hinaus, zuletzt hatten wir dank der Unterstützung unserer Streamingpartner zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer in verschiedenen europäischen Ländern, aber auch auf dem afrikanischen und dem lateinamerikanischen Kontinent. Die RLK wirkt aber auch immer wieder direkt auf politische Prozesse hierzulande ein, etwa indem sie Repressionen gegen Linke zum Thema macht, den Anpassungskurs der Linkspartei kritisiert oder einfach nur Mut und Kraft für die anstehenden Kämpfe spendet.

Weitere Informationen unter jungewelt.de/rlk

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"Die Friedensfrage überlagert alles", UZ vom 3. Dezember 2021



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