„Die EU steht für Ausbeutung“

Christoph Hentschel im Gespräch mit Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP

Die Unterschriftenformulare stehen auf news.dkp zum Ausdrucken und als download bereit. Beim Parteivorstand der DKP können auch gedruckte Exemplare angefordert werden: pv@dkp.de

UZ: Die DKP tritt zur Wahl des EU-Parlaments an. Was sind die Forderungen der Kommunistinnen und Kommunisten?

Patrik Köbele: Zuallererst werden wir einen Friedenswahlkampf führen. Die EU ist nicht – wie es die Grünen gerade so massiv propagieren – ein Friedensgarant, sondern sie steht im Gegenteil für wachsende Kriegsgefahr in Europa. Es ist die von Deutschland dominierte EU, die mit PESCO und im Schulterschluss mit der NATO gegen Russland mobilisiert. Die Kriegsgefahr mit Europa als Kriegsschauplatz ist riesig und die EU ist Mitverursacher dieser Zuspitzung. Der Putsch in der Ukraine und die aktuell wieder brandgefährliche Situation sind doch Ergebnisse des Versuchs, die Ukraine in die EU zu holen.

Die EU steht für Flucht und Vertreibung. Zum einen durch genau diese Kriegspolitik zumeist im Bündnis mit der NATO. Aber auch, weil sie durch ihre Wirtschafts- und sogenannte Freihandelspolitik Menschen in Afrika und im Nahen Osten die sozialen Perspektiven nimmt und die Umwelt zerstört. Neben dem Zugang zu Ressourcen und Rohstoffen geht es in neokolonialer Manier auch um die optimale Verwertung von Arbeitskräften.

Die EU steht für Ausbeutung – nicht nur dort, wo sie Länder weltweit und in der EU-Peripherie brutal ausblutet, sondern auch in diesem Land. Flucht und Migration werden verursacht und Flüchtende und Migranten werden bewusst instrumentalisiert, um die Konkurrenz innerhalb der Arbeiterklasse zu verschärfen. Dafür steht doch Jens Spahns Gesundheitspolitik, in der Pflegekräfte als Lohndrücker aus EU-Peripherieländern angeworben werden sollen. Auch die Schuldenbremse ist ein Instrument der EU, das in unserem Land die Kommunen ausblutet und zu weiteren Privatisierungen führt.

Unter dem Strich heißt das für uns: Es gibt keinen Frieden mit der EU. Sie ist ein imperialistisches Konstrukt, das nicht reformiert werden kann, sondern überwunden werden muss.

UZ: Wie will die DKP in den Wahlkampf eingreifen?

Patrik Köbele: Wir erarbeiten gerade ein Forderungsprogramm, das auf dem Sofortforderungsprogramm zur Bundestagswahl 2017 basiert. Im Kern richtet es sich gegen die Verursacher von Krieg, Flucht und Armut und stellt Forderungen auf, die sich dann finanzieren lassen, wenn es an den Rüstungsetat und an das Geld der Verursacher von Krieg, Flucht und Armut geht. Das würde die Konkurrenz unter den Ausgebeuteten in Deutschland wie auch in der EU entschärfen.

Im Wahlkampf wird auch der Aufruf „Abrüsten statt Aufrüsten“ eine große Rolle spielen. Er richtet sich gegen die NATO-Vorgabe, die Rüstungsausgaben auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen und damit quasi zu verdoppeln. Dieser Aufruf trifft im Bereich Krieg und Hochrüstung die Kernstrategien des deutschen Imperialismus und der EU und setzt ihnen etwas entgegen. Er muss weiter verbreitet werden. Dazu werden wir auch den Wahlkampf nutzen.

UZ: Wir erleben eine massive Rechtsentwicklung. Geht es jetzt nicht darum, alle Linkskräfte zu sammeln? Warum kandidiert die DKP eigenständig und ruft nicht zur Wahl der Partei Die Linke auf?

Patrik Köbele: Ich habe ja eingangs unsere Inhalte genannt. Sie unterscheiden sich von den Beschlüssen der Linkspartei. Auf ihrem letzten Parteitag konnte sich die Partei Die Linke nicht zu einer Position „Frieden mit Russland“ durchringen. Wir unterscheiden uns auch in der Forderung „Raus aus der NATO“, in der Einschätzung der EU als Kriegstreiber und Verursacher von Flucht und Migration. Wir unterscheiden uns grundsätzlich in der Frage, ob wir die EU für reformierbar halten. Wir halten die EU für ein Instrument des deutschen Imperialismus zur Durchsetzung seiner Interessen. Wir sagen, sie muss im Interesse der Völker – auch des deutschen Volkes – überwunden werden. Wir halten hier eine klare Positionierung für notwendig. Wir dürfen die berechtigte EU-Skepsis nicht den Rechten überlassen.

Mit unseren Sofortforderungen haben wir eine Chance, etwas im Massenbewusstsein zu bewegen. Viele fallen auf nationalistische und rassistische Parolen etwa von der AfD rein. Sie glauben mit Abwehr und Ausgrenzung etwas für ihre Interessen tun zu können. Das ist ein Irrglaube. Eine klare Analyse und Aufklärung über die wirklichen Verursacher der Probleme in diesem Land kann dem etwas entgegensetzen. Deshalb ist unsere Kandidatur auch eine Kandidatur gegen die Rechtsentwicklung.

UZ: Seit 1979 gibt es das EU-Parlament. Bis heute fehlen ihm maßgebliche Befugnisse selbst für ein bürgerliches Parlament. Warum will die DKP in so ein Parlament?

Patrik Köbele: Im Parlamentarismus sind alle Parlamente in unterschiedlicher Abstufung ein Stück weit Scheinparlamente. Sie verschleiern die wahren Machtverhältnisse, die Diktatur des Kapitals. Trotzdem wäre es Unsinn, wenn revolutionäre Kräfte, wenn Kommunistinnen und Kommunisten, nicht erkennen, dass Wahlkämpfe und auch Parlamente Formen sind, in die man den Klassenkampf hineintragen muss.

Kommunistinnen und Kommunisten nutzen Parlamente, auch das EU-Parlament, dazu, dass Menschen für ihre Interessen in Bewegung kommen. Das ist doch der entscheidende Punkt, dass Menschen sich widersetzen. Wenn das in den Hintergrund rücken würde, liefen wir Gefahr, vom Parlamentarismus aufgefressen zu werden. Unsere wenigen kommunistischen Abgeordneten zeigen, dass wir dieser Gefahr konsequent begegnen.

UZ: Die DKP braucht 4000 Unterschriften für den Wahlantritt. Sie hat ein Zigfaches für die Bundestagswahl 2017 und die Kampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ gesammelt. Also eine Sache aus dem Handgelenk, oder wie siehst du das?

Patrik Köbele: Wir müssen spätestens Anfang März die beglaubigten Unterschriften abgeben. Das ist ein relativ enger Zeitraum. Zumal zwischen Weihnachten und Neujahr auch bei uns nicht viel passiert und das Wetter Infostände nicht gerade erleichtert. Ich glaube nicht, dass wir die Sammlung aus dem Handgelenk schütteln werden, aber das wollen wir ja auch gar nicht. Wir wollen die Unterschriftensammlung nutzen für Gespräche über unsere Inhalte, unsere Haltung zur EU, aber auch über unsere Partei und ihre notwendige Stärkung.

Wir haben die Genossinnen und Genossen aufgerufen, noch in diesem Jahr die Unterschriften der Mitglieder und des engen Umfelds einzusammeln. Auch hier geht es uns um Gespräche zum Beispiel über die Arbeit und Unterstützung der Partei und des Wahlkampfes. Bis zum Luxemburg-Liebknecht-Wochenende im Januar wollen wir mindestens 2 500 beglaubigte Unterschriften haben.

Wir haben uns das Ziel gesetzt, insgesamt 6 000 Unterschriften zu sammeln. Wir werden für die Unterschriftenaktion zügig ein Material veröffentlichen, in dem wir aufzeigen, warum es notwendig ist, dass man für die DKP unterschreibt und sie auch wählt, aber vor allem, warum es notwendig ist, Widerstand von links gegen die EU zu entwickeln.

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"„Die EU steht für Ausbeutung“", UZ vom 30. November 2018



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