Trump sei Dank: Man wird doch wohl noch Atomwaffen fordern dürfen

Die Bombe für Deutschland

Von Klaus Stein

In den Bunkern der Vulkaneifel lauern 20 Atombomben des Typs B61. Wenige Kilometer nördlich von Cochem, in Büchel, werden sie von den 139 Mann einer Squadron der US Air Force bewacht. Eine deutsche Luftwaffensicherungsstaffel hilft dabei. Die Sprengkraft pro Atombombe ist 26 mal so stark wie die der Hiroshima-Bombe. Im Kriegsfall würde die Squadron die Freigabe durch den Präsidenten der USA vollstrecken. Diese Drohung soll abschrecken.

Aber die Abschreckung, so die ARD-Sendung Panorama (des Norddeutschen Rundfunks) am 2. Februar, sei fraglich geworden. Panorama: „Die Kontrolle über diese Waffen hat seit kurzem Donald Trump. Der Mann, dessen Aussagen zum Thema Nuklearwaffen wenig vertrauenserweckend sind.“

Denn worauf basiere das Vertrauen? Auf der Drohung mit dem großen nuklearen Krieg.

Panorama: „Doch was ist, wenn ein amerikanischer Präsident Zweifel an diesem Konzept sät?“ Sage er doch: „Die NATO ist obsolet.“ „Wir geben astronomisch viel Geld für die NATO aus.“

Karl-Heinz Kamp, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, stellt fest: Trump stelle Bedingungen. „Abschreckung muss aber prinzipiell immer unbedingt sein, ohne Bedingungen. Und damit entwertet er eigentlich die Idee der Abschreckung. Und diese Signale werden in Russland auf jeden Fall wahrgenommen.“ Ulrich Kühn, Vertreter der „Carnegie Stiftung für Internationalen Frieden“: Wenn es die amerikanischen Zusagen nicht mehr gebe, stelle sich die Frage, ob sich Deutschland, wenn es nuklear nicht bewaffnet sei, nicht vielleicht erpressbar mache.

Dieses Problem werde, so Panorama, in Berlin noch hinter verschlossenen Türen diskutiert. Offiziell gelte die Devise: Abwarten und die Amerikaner daran erinnern, wie wichtig die Sicherheitsgarantien sind.

Aber CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter bringt schon mal ersatzweise eine europäische atomare Abschreckung ins Spiel. Panorama: „Vor der Kamera wiederholen möchte er das so aber nicht – er habe das als einmaligen Denkanstoß gemeint. Und er wolle nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen.“ Aber gegen Denkverbote dürfe er sich wohl noch äußern: „wenn die Amerikaner beginnen, an dem Selbstverständnis der NATO zu rütteln, dann müssen wir auch überlegen, und das meine ich mit Denkverbot, wie wir die europäische Sicherheit besser organisieren können.“

Panorama: „Eine europäische Lösung? Die Debatte steht noch ganz am Anfang, könnte aber wegen Trumps Unberechenbarkeit schneller akut werden, als es manch einem lieb ist. Und dann könnte es auch um eine Frage gehen, die bisher ein noch größeres Tabu ist: Eine deutsche Atombombe.“

Wir werden vorbereitet. Schon im Juli vergangenen Jahres hatte die Regierung ein Szenario hybrider Kriege entworfen, deren aggressive und offensive Zielsetzungen erst in der Gesamtschau der Elemente zu erkennen seien (Weißbuch der Bundeswehr, S. 38). Die Verwischung der Grenze zwischen Krieg und Frieden, so das Weißbuch, verlange die Militarisierung des Alltags, seine Unterordnung unter militärische Ziele. Kritische Infrastrukturen seien zu schützen, Verwundbarkeiten im Energiesektor abzubauen. Die materielle Infrastruktur von Staat und Wirtschaft sei ebenso Angriffsziel wie die öffentliche Meinung, die vielfach Versuchen externer Einflussnahme ausgesetzt werde (S. 60). Die Politik habe sich unterzuordnen: „der Abwehr von hybriden Bedrohungen habe die effektive Vernetzung relevanter Politikbereiche zu dienen“ (S. 39)

Im August veröffentlichte Innenminister Thomas de Maizière dann die „Konzeption Zivile Verteidigung“ (KZV). Die Kölnische Rundschau (23. 8.16) fand dazu die Schlagzeile: „Bund bereitet Bevölkerung auf den Kriegsfall vor“. Die KZV vervollständigt in der Tat die Vorstellung umfassender Bedrohung. Das Zivilleben sei auf die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, auf „Konfliktführung mit terroristischen Mitteln“, auf Angriffe im Cyberraum vorzubereiten.

Zwei Wochen nach der Wahl Donald Trumps forderte der Herausgeber der FAZ, Berthold Kohler, deutsche Atomwaffen. Für den Fall, dass der gewählte US-Präsident bei seiner Linie bleibe: „höhere Ausgaben für die Verteidigung, die Wiederbelebung der Wehrpflicht, das Ziehen roter Linien – und das für deutsche Hirne ganz und gar Undenkbare, die Frage einer eigenen nuklearen Abschreckungsfähigkeit, welche die Zweifel an Amerikas Garantien ausgleichen könnte“.

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"Die Bombe für Deutschland", UZ vom 17. Februar 2017



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