Das Institut für Friedensforschung SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) hat zum Ende des Jahres Zahlen zu den 100 größten Rüstungskonzernen veröffentlicht. Dabei lassen die ForscherInnen von SIPRI China außen vor, nach eigenen Angaben deshalb, weil es ihnen dort an einer Datengrundlage für ihre Schätzungen fehlt. Inwieweit Regierungsangaben und Unternehmensbilanzen der Waffenschmieden in anderen Ländern glaubhaft sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Die ForscherInnen von SIPRI werden schon wissen, warum sie von „Schätzungen“ reden.
Aber das Wichtigste vorab: Rüstungsunternehmen in den USA und im westlichen Teil Europas dominierten 2014 das globale Waffengeschäft mit 80,3 Prozent „Marktanteil“ der führenden 100 Unternehmen. Alle zehn führenden Waffenschmieden haben ihre Zentrale in den USA oder in Westeuropa, der Gesamtanteil ihrer Verkäufe liegt bei 49,6 Prozent (immer bezogen auf die Summe der Top-100-Rüstungsunternehmen in 2014). Und so stellt das SIPRI denn auch fest, dass uns die Dominanz US-amerikanischer und westeuropäischer Unternehmen unter den Top 100 in der globalen Waffenindustrie in absehbarer Zukunft wohl erhalten bleiben wird.
Was den deutschen Anteil betrifft, so ist in diesem Jahr sogar ein sattes Plus zu verzeichnen, mit 9,4 Prozent Wachstum im Jahr 2014. Das ist auf ThyssenKrupp zurückzuführen (+29,5 Prozent), die von Platz 59 der größten Waffendealer auf Platz 42 gestiegen sind. Ein Zeichen für den fortgesetzten Willen Deutschlands zu maritimen Abenteuern, denn ThyssenKrupp profitiert vor allem vom Geschäft mit U-Booten und Kriegsschiffen.
International sind klangvolle Namen unter den Top 100 der Rüstungsschmieden: Boeing (Platz 2), Airbus (Platz 7), aber auch Namen, die nicht unbedingt mit dem Waffengeschäft verbunden werden, so Rolls-Royce etwa (Platz 16), Hewlett-Packard (Platz 43) oder Samsung Techwin (Platz 86). Auch das Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist gelistet (Platz 94), da das MIT im Auftrag des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums fleißig Forschung und Entwicklung betreibt.
Was es von den SIPRI-Zahlen diese Woche in die Nachrichten schaffte, ist vor allem der Rückgang der Waffenverkäufe der Top 100 (auf 401 Milliarden US-Dollar) in 2014 sowie der wachsende Anteil der russischen (und der deutschen) Waffenproduzenten. Unterhalb des Radars fliegt vor allem das Rüstungsgeschäft der türkischen Flugzeugbauer, welche laut SIPRI 1 074 Prozent (kein Tippfehler) mehr Kriegsgerät verkauft haben sollen als 2013. „Hohe Inlandsnachfrage“ und „starke Unterstützung seitens der türkischen Regierung“ werden als Gründe für diesen kometenhaften Aufstieg angeführt.
An den Zahlen der Top-100-Unternehmen lässt sich mit Ausnahme der türkischen Waffenhersteller nicht ablesen, wie es um das Geschäft mit dem Tod bestellt ist. Hier können wir eher davon ausgehen, dass mittel- und langfristige Militärplanungen der Regierungen, Fusionen und Neustrukturierungen innerhalb der Unternehmen ebenso Auswirkungen haben wie in Einzelfällen auch Wechselkursschwankungen (SIPRI rechnet mit US-Dollar).
Über das Geschäft, das derzeit in Syrien, Afghanistan, der Ukraine, Irak und zwischen den verschiedenen „Kriegsparteien“ und ihren jeweiligen Waffendealern in Europa, den USA und Russland läuft, sagen diese Zahlen wenig aus, zumal ein Großteil der Waffen in den Kriegsgebieten nicht als Neuware über die Ladentheke gehen dürfte. Auch fehlen Produzenten handlicher Waffen wie Heckler & Koch in der Liste der Top 100. Gerade Heckler & Koch verkauft gut nach Saudi-Arabien, in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Katar, indirekt über diesen Weg sicher auch nach Syrien. Für solche Geschäftsbeziehungen hatte dieses Jahr u. a. Sigmar Gabriel bei seiner Reise in die Golfregion sein ganzes Kampfgewicht in die Waagschale geworfen.