Die Baupolitik des Berliner Senats hat klare Prioritäten: Reaktionäre Schlosskopie statt Palast der Republik, Beseitigung von anderen architektonischen und sozialen Modellbauten der DDR wie dem Sport- und Erholungszentrum an der einstigen Leninallee, vor allem aber will die Landesregierung in der Liga der globalen Bauspekulation mitspielen – auf Höhe von Singapur und Tokio. Also wurden dem Hütchenspieler René Benko Hunderte Millionen Euro nachgeworfen, am Alexanderplatz dürfen Immobilienhaie ein halbes Dutzend Hochhäuser – keines unter 100 Meter hoch – errichten. In den Schulen kracht dafür schon mal eine Decke runter.
Am 11. April 2017 beschloss der Berliner Senat – damals von SPD, „Die Linke“ und den Grünen gebildet – eine „Schulbauoffensive“. Man wolle, hieß es, mindestens 60 neue Schulen bauen, an nahezu allen Berliner Schulen Sanierungsmaßnahmen veranlassen und bis 2030 für einen Zuwachs von rund 70.000 Schulplätzen sorgen. 5,5 Milliarden Euro waren dafür vorgesehen. Unter dem Dach der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge sollten alle Vorhaben mit mehr als zehn Millionen Euro Volumen gebündelt und der Zuständigkeit der Stadtbezirke entzogen werden.
Gegen diese Konstruktion regte sich sofort Widerstand. Der Vorwurf lautete: Das ist eine versteckte Privatisierung des Schulbaus. Carl Waßmuth vom Verein Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) erklärte damals in der „jungen Welt”: „Das wäre nicht weniger als der Einstieg in den Ausverkauf der Schulen.“
Die Berliner Linkspartei stritt das vehement ab. Anfang November 2017 vereinbarten Senat und Bezirke, dass Schulgebäude und Grundstücke an eine privatrechtliche Sanierungsgesellschaft übertragen und damit der öffentlichen Zuständigkeit entzogen werden. Die Bezirke sollten die betreffenden Schulen mieten, Laufzeit 20 bis 30 Jahre. 2018 durfte die GiB immerhin ihre Bedenken in einer Anhörung beim Senat vortragen. Das änderte nichts.
Seitdem der jetzige Senat aus CDU und SPD ankündigte, im Haushalt 2025 drei Millionen Euro zu streichen, dachten verantwortliche Politiker immer wieder über „Sparpotentiale“ im Schulbau nach. Am 2. Januar stellte zum Beispiel Bausenator Christian Gabler (SPD) gegenüber DPA die standardmäßige Raumhöhe und die Flächen für Mensen in Frage. Am 7. Januar meldete sich Waßmuth in der „jungen Welt” zu Wort und erinnerte daran, dass GiB schon 2018 vor einer Kostenexplosion gewarnt hatte. Das habe „sich in einer derart monströsen Art bewahrheitet, wie selbst wir es uns vor Jahren nicht hatten vorstellen können“. Ein Quadratmeter Schulneubau koste bundesweit im Schnitt etwa 15 Euro, bei der Howoge aber mehr als 150 Euro – auf Rechnung der öffentlichen Hand.
Waßmuth meinte, es handele sich um einen „der größten Bauskandale Deutschlands“, vergleichbar mit dem Berliner Flughafen, der Hamburger Elbphilharmonie oder Stuttgart 21. Der Schulbau durch die Howoge sollte ursprünglich „eine Milliarde kosten, jetzt ist es mehr als das Zehnfache“. Die Verträge für die Bauvorhaben seien unter Verschluss. Da es sich um Privatfirmen handele, seien private Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen. GiB fordert, dass die Berliner Bauverwaltungen wieder den Schulneubau übernehmen, sie hätten mehr und kostengünstiger Schulen gebaut als die Howoge.
Déjà-vu: Es erinnert an die Beherrschung Westberlins durch die dortige Baumafia in den 70er und 80er Jahren. Ein Bauskandal nach dem andern flog auf, aber SPD und CDU der Frontstadt waren der politische Arm der Banditen, es änderte sich nichts, bis Berlin Ende der 90er faktisch pleite war und es bis heute ist. Nun geht es erneut los, mit dem Unterschied: Diesmal schoben Linkspartei und Grüne die Privatisierung von Staatsmilliarden zugunsten von Spekulanten und kriminellen Baulöwen mit an.