In den Jahren nach 1925 hatte sich die KPD zu einer starken, in der Arbeiterklasse verankerten, fest auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus stehenden Partei entwickelt. Mit dem Kampf gegen die Entschädigung der in der Revolution 1919 enteigneten Fürsten (1926) und gegen die Aufrüstung durch den Bau von Panzerkreuzern (1928) bezog die KPD städtische Schichten außerhalb des Proletariats in den Kampf mit ein. Aus den Erfahrungen der Novemberrevolution, in der Freikorps aus der Landbevölkerung zur militärischen Absicherung des deutschen Imperialismus gedient hatten, lernend, versuchte die KPD die Bauern in Kämpfe gegen das Monopolkapital einzubeziehen. So wurde ein Teil der Landbevölkerung dem Einfluss der Reaktion entzogen.
Diese Kämpfe wurden in Folge der Weltwirtschaftskrise 1929 schwerer. Die Arbeitslosigkeit stieg. Verzweiflung, Resignation und Konkurrenz breiteten sich aus. Die Kampfkraft der Arbeiterbewegung ließ nach.
Reaktionäre Politik
Die Niederlage im Ersten Weltkrieg und die Reparationsforderungen des Versailler Vertrags bestimmten die Politik des deutschen Monopolkapitals. Die Lasten sollten auf die Werktätigen abgewälzt, der Versailler Vertrag abgeschüttelt werden. Der erneute Griff nach der Weltmacht blieb auf der Tagesordnung. Teile des deutschen Großkapitals betrachteten die Weimarer Republik nie als Möglichkeit, diese Ziele durchzusetzen. Sie unterstützen seit der Novemberrevolution reaktionäre und faschistische Organisationen, darunter die NSDAP.
Mit der Weltwirtschaftskrise spitzte sich die Lage zu. Die Abwälzung der Krisenlasten musste in einem Umfang geschehen, der anders als durch die Zerschlagung aller Organisationen der Arbeiterbewegung, vor allem aber der KPD, nicht zu haben war. Nach außen hin musste der Krieg vorbereitet werden, dazu bedurfte es der Ausschaltung der Friedenskräfte nach innen und der forcierten Aufrüstung. Dem Großkapital blieb nichts, als durch – auch gewalttätige – Ausschaltung der Differenzen untereinander die am meisten reaktionäre, am meisten chauvinistische, am meisten imperialistische Fraktion an die Macht zu schieben. Dazu wurde die bürgerliche Demokratie verstärkt seit 1929 Stück für Stück zerschlagen.
Die NSDAP hatte in dieser Situation als faschistische Massenbewegung drei Funktionen für das Monopolkapital. Sie terrorisierte vor allem die Arbeiterbewegung, versuchte sie dadurch einzuschüchtern, vom Kampf abzuhalten. Diese häufig blutigen Zusammenstöße dienten den bürgerlichen Parteien als Vorwand für den weiteren reaktionären Staatsumbau. Gleichzeitig boten die Faschisten resignierten und enttäuschten Menschen einfache Antworten und lenkten deren Wut somit in für das Monopolkapital ungefährliche Bahnen.
Antifaschistische Aktion
Die KPD reagierte im Juni 1932 mit dem Aufruf zur Antifaschistischen Aktion. Als überparteiliche Massenbewegung, offen für alle Werktätigen, sollte sie, ausgehend von den Betrieben, den Kampf um die Verteidigung der Rechte der Arbeiterklasse aufnehmen. Damit – so erarbeitete Ernst Thälmann – sollte sie das „notwendige Kettenglied“ sein, um die Massen vom Protest zum Kampf, zur Bewusstseinsbildung, zur Organisation zu bringen. In mehreren hundert Betrieben fanden sich Arbeiter bereit. Der Massenselbstschutz verteidigte Arbeiterviertel, Kneipen, Lokale der KPD, der SPD und der Gewerkschaften. Einheiten des Selbstschutzes der SPD, der Hammerschaften, erklärten in Hamburg, sie würden mit der Selbstverständlichkeit, mit der die KPD-Genossen SPD- und Gewerkschaftshäuser schützten, „auch der Frau Thälmann zu Hilfe eilen“. Doch die Zusammenarbeit der Arbeiterparteien blieb auch an der Basis die Ausnahme.
Die KPD musste reagieren: Bei einer Besprechung Thälmanns mit 20 Arbeitern aus der SPD erläuterte er Anfang Juli das Kampfprogramm der Antifaschistischen Aktion: die Verteidigung von Koalitions- und Demonstrationsrecht, der Presse- und Meinungsfreiheit, des Streikrechts und der Sozialversicherung, kurz, aller Grundlagen der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Auf dieser Basis bot die Antifaschistische Aktion die gleichberechtigte Zusammenarbeit an. So sollten die Arbeiter selbst dann gemeinsam kämpfen, wenn die eigene Partei, konkret die SPD, in der Regierung diese Rechte abschaffte.
Altonaer Blutsonntag
17. Juli 1932, Altona, damals preußisch, heute Teil Hamburgs: Mit zusammengezogenen Kräften aus Schleswig-Holstein und Hamburg versuchten über 7.000 Faschisten in die Arbeiterviertel des „roten Altona“ einzudringen. Altona, „Klein-Moskau“, wie es die Bürgermedien ängstlich nannten, war organisiert zur Gegenwehr bereit. Die Antifaschistische Aktion hatte getagt, die Arbeiterparteien und Gewerkschaften hatten zusammengefunden. Man war übereingekommen, sich nicht provozieren zu lassen und doch den Faschisten keinen Fußbreit Raum zu geben.
Carl Severing, sozialdemokratischer Innenminister Preußens, bezeichnete „seine“ Polizei als Waffe zur Verteidigung der Demokratie. Genau diese Polizei prügelte den Faschisten gegen die von der Antifaschistischen Aktion organisierte Arbeiterbevölkerung den Weg frei. Sie setzte Panzerwagen ein, es fielen Schüsse: 16 Tote, über 70 Verletzte. Noch unter Weimarer „demokratischen“ Bedingungen wurden zwei Genossen des kommunistischen Jugendverbandes und zwei der Kommunistischen Partei verurteilt. Die Todesurteile vollstreckten dann die deutschen Faschisten. Bis heute erinnern die DKP und die VVN-BdA Altona an August Lüttgens, Walter Möller, Karl Wolff und Bruno Tesch.
Die faschistische Provokation und die Ausschreitungen der Polizei wurden für den nächsten Schlag genutzt. Nur drei Tage nach dem Altonaer Blutsonntag ernannte sich Franz von Papen durch eine Notverordnung zum Reichskommissar von Preußen. Über Berlin, einer Hochburg der Arbeiterbewegung und Sitz des ZK der KPD, wurde der Ausnahmezustand verhängt. Der Reichswehr wurde die vollziehende Gewalt übergeben. Die Minister wurden ihrer Ämter enthoben. Innenminister Severing, der 90.000 Polizeibeamten befehligte, äußerte in der Besprechung, in der ihn Papen absetzte, er „weiche nur der Gewalt“. Wenige Stunden später ließ er sich von zwei Polizisten aus dem Innenministerium führen. In den darauffolgenden Tagen wurden vor allem Sozialdemokraten aus den Führungspositionen in Staat und Verwaltung entfernt.
Die KPD rief zum Generalstreik auf. Die SPD lehnte ab. Obwohl es aus vielen Betrieben Zustimmung zum Generalstreik, zur Einheitsfront, zur Antifaschistischen Aktion gab, blieb es still.