Ein riesiges Loch klafft im kommunalen Haushalt von Cottbus. Um es stopfen zu können, sollen jetzt auch die Ärmsten ran. Ende Mai hat die Stadtverordnetenversammlung eine Änderung bei den Kita-Gebühren beschlossen, und erstmals wird ein Mindestbeitrag auch für die Kinder aus Haushalten mit Hartz IV oder anderen niedrigen Einkommen eingeführt.
Eine Bürgeranfrage der DKP hat überhaupt erst öffentlich werden lassen, dass allein durch den Mindestbeitrag über 320 000 Euro pro Jahr in die Stadtkasse gespült werden sollen. Bis dahin hatte die Stadtverwaltung versucht, die Höhe der geplanten Einnahmen zu verheimlichen. In den eingebrachten Anträgen war nur die Rede von den Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft, die nach Änderung der Gebührensatzung Mehreinnahmen von 2 600 Euro im Jahr einbringen sollten.
Es sind die Eltern mit einem Bruttoeinkommen von weniger als 16500 Euro im Jahr, denen die Stadtverwaltung nun in die Tasche greifen will. Bisher war diese Gruppe, die nach Recherchen der „Lausitzer Rundschau“ 38 Prozent aller Eltern ausmacht, von der Zahlung befreit.
Die Stadtverwaltung hat aber kein Problem damit, auch den Ärmsten in die Taschen zu greifen, wie die Antwort auf die Bürgeranfrage zeigt. Es sei schließlich eine Prüfung der Sozialverträglichkeit vorausgegangen, heißt es dort, und die Erfahrung mit anderen Kommunen habe gezeigt, dass der Mindestbeitrag „bei einkommensschwachen Familien weder zu vermehrten Kündigungen noch zum Ausschluss betroffener Kinder geführt hat“.
Gerade davor hatten aber sämtliche freien Träger von Krippen, Kindergärten und Horten gewarnt. In einer gemeinsamen Stellungnahme, die bereits Ende April erarbeitet und anschließend an die Stadtverordneten und Vertreter der Verwaltung verteilt wurde, heißt es, dass befürchtet werde, „dass besonders einkommensschwache Familien die Belastungen aus Essengeld und Mindestbeitrag ggf. für mehrere Kinder nicht tragen können und in der Folge vom Angebot der Kindertagesbetreuung ausgeschlossen bleiben“.
Unklar sei zudem, wie das Recht der Kinder auf einen Platz beispielsweise im Kindergarten gewahrt bleiben könne, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, den Mindestbeitrag aufzubringen. Das XIII. Sozialgesetzbuch gewährt für solche Fälle den Kommunen die Möglichkeit, die Gebühren ganz oder teilweise zu erlassen bzw. verweist auf die Jugendämter, bei denen eine Kostenübernahme beantragt werden kann. Die freien Träger gehen in ihrer Erklärung aber davon aus, dass gerade der Mindestbeitrag für Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener davon ausgeschlossen bleibt.
In der Abstimmung und davor in den Diskussionen in den Ausschüssen war es lediglich die Partei „Die Linke“, die sich gegen die Einführung des Mindestbeitrages ausgesprochen hatte und dafür teilweise heftig attackiert wurde. Genauso wie die DKP in ihrer Bürgeranfrage wies die „Linken“-Fraktion wiederholt darauf hin, dass im Regelsatz für Kinder aus Familien mit Hartz IV für Bildung lediglich ein Euro pro Monat zur Verfügung steht und kein Posten für die Unterbringung in Kindergärten, Krippen und Horts vorgesehen ist.
Dieses Argument blieb von den Stadtverordneten nicht nur unbeachtet, vor allem die Vertreter der SPD waren es in der Tagung des Bildungsausschusses, die den Mindestbeitrag vehement forderten, sich aber gleichzeitig über die moderaten Gebührenerhöhungen für Gutverdiener empörten.