Die 2. PV-Tagung der DKP befasste sich auch mit der neuen Bildungszeitung (BIZ) der DKP „Reaktionärer Staatsumbau – Integration, Formierung, Manipulation“. Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus dem Referat des Bildungsverantwortlichen der DKP, Richard Höhmann, in dem er auch erste Reaktionen einschätzte. Diese waren zahlreich und zumeist positiv. Neben Verbesserungsvorschlägen und Kritik an einzelnen Positionen gibt es allerdings auch grundsätzlich ablehnende Kritik. In einem Brief, unterzeichnet unter anderem von Ulrich Sander, Willi Gerns und PV-Mitglied Uwe Fritsch, wird der Vorwurf erhoben, die BIZ „predige“ den „Vorrang des Kampfes gegen das Kapital gegenüber dem Kampf um die Demokratie und gegen den Faschismus“. Sie predige „die revolutionäre Ungeduld“ und befinde sich „konträr zu allem (..), was KPD und DKP seit 1945 zum demokratischen Kampf aussagten, ja, auch was für die KPD und die internationale Arbeiterbewegung seit 1933 die grausame Lehre der Geschichte bedeutete“. Diese Kritik konnte die Mehrheit des Parteivorstandes nicht nachvollziehen und sieht sie vom Text der BIZ keinesfalls nicht gedeckt. Gleichwohl beschloss der Parteivorstand einstimmig, von Mitte Oktober bis Mitte Dezember eine Diskussionstribüne in der UZ zu organisieren und im Dezember eine Podiumsdiskussion zu „aktuellen Fragen des antifaschistischen Kampfes der Kommunistinnen und Kommunisten“ durchzuführen. Im Rahmen der UZ-Tribüne wird natürlich auch die Stellungnahme von Ulrich Sander und anderen dokumentiert.
Die Bildungszeitung beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Formierungsstrategien des Imperialismus. Dabei geht es um spontane, aus den gesellschaftlichen Verhältnissen entspringende und seiner darauf aufsetzenden herrschaftssichernden Ideologieproduktion. Das ist das Wesentliche. Wenn in der BIZ Faschismus in der Bewegung und Faschismus an der Macht betrachtet wird, dann vor allem aus der Logik der Formierungsbestrebungen der herrschenden Klasse und als mögliche Variante bürgerlicher Herrschaft.
In den 60er und 70er Jahren war der Zusammenhang von Faschismus, Militarismus und Finanzkapital sehr präsent. Auschwitz und IG Farben war eine tief verwurzelte Metapher in der kritischen Jugend und der demokratischen Bewegung. Kurt Bachmann sprach noch 1987 in der UZ wie selbstverständlich von den „drei Aktionsfeldern der VVN: antifaschistisch, antimilitaristisch, antimonopolistisch.“ Das war „Zeitgeist“ und Konsens unter den Antifaschisten. Dieser Zeitgeist hat sich geändert, das spiegelt sich in Anlage und Inhalt spontaner Bewegungen wider.
- Antifaschistische Aktionen erschöpfen sich häufig darin, das Auftreten reaktionärer und faschistischer Gruppierungen zu skandalisieren oder zu verhindern.
- Antirassismus wird oft reduziert auf bloßen Diskurs und darauf, man könne durch gezielte Kommunikation und Aufklärung Haltungen verändern.
„Wir brauchen und wollen als KP in Deutschland“, sagte Hans Peter Brenner in seinem Referat auf der 11. Tagung des Parteivorstandes 2015, „mehr als einen ‚Aufstand der Anständigen‘, so bedeutsam auch die sichtbar gewordenen ‚Buntheit‘ und Breite und Differenziertheit der Motive ist, die heute erstaunlich und erfreulich viele Menschen im Kampf gegen Rechtsentwicklung auf die Straßen bringen. (…) Was wir aber noch mehr brauchen, das ist vor allem die Gewinnung noch größerer Teile der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung und die politische Aufklärung über die Rolle des Neofaschismus bei der Spaltung und Schwächung des gemeinsamen Interessenkampfs der arbeitenden Menschen – unabhängig von Herkunft Religion und Nationalität. Im Entwurf unserer Parteitagsresolution sagen wir: „Als Kommunistinnen und Kommunisten klären wir über den Zusammenhang von Kapitalismus/Imperialismus und Faschismus auf.“
Das ist wesentlich und brennend aktuell. Gelingt uns dies nicht, besteht die reale Gefahr, dass die humanistischen Motive, die viele Menschen in diesen bunten Aktionen antreiben, bewusst und erfolgreich mit Versatzstücken der Totalitarismustheorie unterlegt und umgebogen werden. Die Gefahr besteht, dass sie entpolitisiert und zahnlos gemacht oder, schlimmer noch, erfolgreich eingebunden werden in eine imperialistische Integrationsstrategie. Ich erinnere an den Jugoslawienkrieg in den 90er Jahren, mit dem angeblich ein zweites Auschwitz verhindert werden sollte.
Deshalb sind wir in der Bildungszeitung relativ ausführlich nicht nur auf die ökonomischen, sondern auch die politischen, sprich: reaktionären Wesensmerkmale des Imperialismus eingegangen.
Wir wollen erklären, „dass es diese Produktionsweise ist, die Tag für Tag solche regressiven Bewusstseinsformen reproduziert. Keine noch so gewiefte und überall präsente Manipulationsmaschinerie brächte es fertig, die Köpfe der Menschen mit ihrem verächtlichen, reaktionären Dreck wirksam zuzukleistern, wenn es nicht diesen grundsätzlich vorhandenen Resonanzboden im Kapitalismus gäbe. Erst auf dieser Grundlage lässt sich davon sprechen, dass reaktionäre Bewegungen und Organisationen eine Funktion für imperialistische Strategien haben. Eine politische Position, die das übersieht oder nicht sehen will, gerät nur allzu leicht in reformistisches Fahrwasser, weil ihr das Ganze aus dem Blick gerät“, so Daniel Bratanovic auf der Antifa-Konferenz der DKP 2015.
Wir haben in der Bildungszeitung versucht, Opitz folgend die Achillesferse der herrschenden Klasse im Imperialismus herauszuarbeiten. Die besteht darin, dass, so Daniel Bratnovic weiter: „…der Fortbestand der politischen Herrschaft der kapitalistischen Klasse abhängig (wird) von der Dominanz falschen Bewusstseins vor allem im Proletariat“.
Darüber müssen wir nachdenken, mehr noch: Dem müssen wir nachspüren. Das ist wichtig in Zeiten, „in denen die Arbeiterbewegung komatös darniederliegt, (ihr) das Bewusstsein von der Zugehörigkeit zu einer Klasse verschütt gegangen (ist)“.
Das ist wichtig – wenn wir es ernst meinen mit der Entwicklung von Klassenpolitik.
Wir bitten, Diskussionsbeiträge für die UZ-Tribüne zur Bildungszeitung „Reaktionärer Staatsumbau – Integration, Formierung, Manipulation“ mit maximal 4.500 Zeichen an die Adresse bildung@dkp.de zu senden. Langfassungen können online veröffentlicht werden.