Kritik an Wagenknecht in der Partei „Die Linke“ wächst

Dicke Luft

Von Nina Hager

Am 8. Juni beginnt in Leipzig die 1. Tagung des 6. Parteitages der Partei „Die Linke“. Schon jetzt ist klar, dass es dort nicht nur Diskussionen über Anträge geben wird, sondern auch eine Debatte um die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger, die sich noch einmal zur Wahl stellen. Die Diskussion über sie hat lange begonnen, vereinzelt wird ihr Rücktritt gefordert. In den bürgerlichen Medien wird schon seit Wochen über einen möglichen Führungswechsel spekuliert. Zwischen den Parteivorsitzenden und Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Partei, herrscht „dicke Luft“.

Riexinger und Kipping hatten nach den Bundestagswahlen versucht, den Einfluss der Parteiführung in der und auf die Fraktion zu erhöhen, was in einer linken Partei nicht ungewöhnlich ist. Sie scheiterten. Wohl auch, weil Sahra Wagenknecht im Oktober 2017 in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten der Partei indirekt mit Rücktritt drohte. Sie klagte dabei über die Diskussionskultur in der Partei. Kipping und Riexinger hätten dafür gesorgt, dass es eine normale Diskussion nicht mehr gebe.

Am 21. März legte Wagenknecht in einem Interview im „Neuen Deutschland“ noch einmal nach: „Eine Partei, in der es ständig Streit und interne Reibereien gibt, wird nicht gut geführt. Ich würde mir wünschen, dass die Parteispitze sich auf ihre Aufgabe konzen­triert, nämlich die Stärkung der Linken – aktuell wäre da vor allem im Osten viel zu tun –, statt immer wieder gegen die Fraktionsspitze zu arbeiten.“ In einem Brief antworteten ihr 25 Bundestagsabgeordnete, die in anderen Fragen durchaus kontroverse politische Positionen vertreten: „Mit Erstaunen nehmen wir die inzwischen wiederholt öffentlich vorgetragene Kritik unserer Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht an der Arbeit der Parteispitze wahr. Wir teilen diese Einschätzung nicht.“ Im Gegenteil habe sich die Partei „Die Linke“ seit dem Göttinger Parteitag von den vorhergehenden Auseinandersetzungen gut erholt. In der Bundestagsfraktion sehen sie dagegen eine Vielzahl ungeklärter Konflikte. „Der derzeitige nichtintegrative Führungsstil irritiert insbesondere viele der neuen MdB.“

Bei der Kontroverse zwischen den Parteivorsitzenden und der Fraktionsvorsitzenden geht es auch um eine Reihe – zumindest missverständlicher – Äußerungen Sahra Wagenknechts in den bürgerlichen Medien zur Flüchtlingspolitik vor und auch während des Bundestagswahlkampfes. So auch ihre Aussage zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016, als sie im „Stern“ der Bundeskanzlerin eine „vielschichtige“ Mitverantwortung für den Terroranschlag vor der Gedächtniskirche vorwarf und neben „der unkontrollierten Grenzöffnung“ die „fatale“ Außenpolitik und die „kaputtgesparte Polizei“ nannte. Kritik gab es damals nicht nur von Kipping und Riexinger, sondern auch von Gregor Gysi, Bodo Ramelow und – intern – von ihrem Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Zuletzt behauptete sie am 24. Februar im „Deutschlandfunk“, dass hierher nur Leute mit Geld flüchten.

Darüber hinaus ist Wagenknecht mit ihren Bemühungen um eine „linke Sammlungsbewegung“ in die Kritik geraten. Anfang des Jahres hatte sie in einem „Spiegel“-Interview die Forderungen ihres Ehemannes Oskar Lafontaine nach Gründung einer linken Sammlungsbewegung unterstützt. Im ND-Interview verwies sie auf Gespräche, die geführt werden. Eventuell noch vor der Sommerpause soll es einen ersten „öffentlichen Aufschlag“ geben. In der Partei „Die Linke“ sehen darin nicht wenige die Gefahr der Spaltung der Partei. Die Kommunistische Plattform hatte sich sehr früh ablehnend geäußert. Aber auch viele der sogenannten Reformer sehen diesen Vorstoß kritisch.

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"Dicke Luft", UZ vom 6. April 2018



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