Die Bilder vom Samstagnachmittag in Caracas lassen keine Zweifel aufkommen. Während der Rede von Präsident Nicolás Maduro kommt es zu zwei Explosionen. Alle auf der Tribüne anwesenden Personen schauen überrascht nach oben, wo offenbar eine mit Sprengstoff gefüllte Drohne detoniert. Wenig später ist zu sehen, wie die in exakter Formation angetretenen Soldaten auf dem Platz in Panik auseinanderlaufen, auf Fotos ist zumindest ein verletzter Offizier zu sehen.
Alle erkennbaren Tatsachen sprechen dafür, dass militante oppositionelle Kräfte einen weiteren Versuch unternommen haben, den Präsidenten der Bolivarischen Republik zu töten. Zumal kurz danach ein Bekennerschreiben einer bis dahin unbekannten Gruppe von Militärs an die Öffentlichkeit kommt, bekanntgegeben nicht etwa von der Regierung nahestehenden Kreisen, sondern von rechten Exilanten in Miami, Florida, USA.
Es wäre nicht der erste Versuch, in Lateinamerika, das die USA gern wieder als ihren Hinterhof missbrauchen wollen, den Chef einer Regierung zu töten, die den herrschenden Kreisen der USA zutiefst verhasst ist. Die Reihe der versuchten Mordanschläge gegen Fidel Castro ist schier unüberschaubar, in vielen anderen Ländern gab es ähnliche Versuche. In Chile war ihnen der Präsident Salvador Allende so verhasst, dass die USA mit Hilfe der CIA und wortbrüchiger Generale ihn durch einen Militärputsch beseitigten und nach ihm Tausende Kommunisten, Sozialisten, Gewerkschafter und andere Gegner der faschistischen Militärdiktatur. Was – nebenbei gesagt – die Mehrzahl der westlichen „Demokratien“ nicht daran gehindert hat, mit der Militärjunta, die die Morde befohlen hatte, weiter enge Beziehungen zu pflegen, als handelte es sich um eine normale Regierung.
Bei Venezuela verhalten sich diese westlichen „Demokratien“ genau umgekehrt. Es spielt keine Rolle, dass Maduro von einer deutlichen Mehrheit der Wähler zum Präsidenten bestimmt wurde – in den westlichen Medien wird er am liebsten als „Machthaber“ bezeichnet, ihm wird vorgeworfen, „eine Diktatur errichten“ zu wollen. Also wurden schon kurz nach Bekanntwerden des Attentats die offen sichtbaren Tatsachen angezweifelt; in den Agenturen und auch in den hiesigen bürgerlichen Medien ist die Rede von einem „vermeintlichen Attentat“ – es wird der Regierung in Caracas offen unterstellt, den Anschlag inszeniert zu haben, mit der Absicht, „dass der Vorfall nun zur Verschärfung der Repression genutzt wird“, schreibt dpa.
Hinzu kommen der unvermeidliche Hinweis auf Elend und Unterdrückung in Venezuela und der Satz „Weil Devisen fehlen, kann Venezuela kaum noch Lebensmittel und Medikamente importieren“ – natürlich ohne auf den Wirtschaftskrieg zu verweisen, den die USA und auch die EU dem Land aufgezwungen haben. Und bei dpa wurde Maduro nicht etwa gewählt, sondern „er ließ sich für eine weitere fünfjährige Amtszeit bei einer umstrittenen Wahl im Amt bestätigen“. Schlussfolgerung: So einen kann man auch umbringen, wenn er nicht freiwillig geht …
Es bleibt den intelligenten Lesern überlassen, hier sorgfältig zwischen Dichtung und Wahrheit zu unterscheiden. Allerdings sei auch der Hinweis gestattet, dass die selben Medien im Fall des sogenannten Putschversuches in der Türkei vor zwei Jahren keinen Zweifel aufkommen ließen, obwohl zahlreiche Indizien tatsächlich auf eine großangelegte Inszenierung hindeuten. Aber Erdogan ist „unseren“ bürgerlichen Medien am Ende doch wesentlich näher als Maduro.