Pünktlich zum 1. Mai meldet sich der Chef der „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände“ (BDA), Rainer Dulger, zu Wort und fordert, die Deutschen müssten wieder mehr arbeiten: „Es gibt keinen anstrengungslosen Wohlstand“. Und was setzt der DGB in Stuttgart dagegen? Anstatt die Kolleginnen und Kollegen aufzurufen, solche Unverschämtheiten mit kämpferischen Maidemonstrationen zurückzuweisen, sagt der die Maidemonstration kurzfristig ab.
An sämtlichen demokratischen Strukturen vorbei trifft ein kleiner Kreis eine solche Entscheidung, obwohl im Vorfeld breit über ein neues Konzept zur Gestaltung des 1. Mai diskutiert wurde. Schon im Vorfeld hatte es Angriffe des DGB-Landesvorsitzenden Kai Burmeister gegen die Beteiligung verschiedener linker Gruppen in Stuttgart an der Mai-Demo des DGB im vergangenen Jahr gegeben. „Wir wollen nicht, dass andere unsere Kundgebung kapern und missbrauchen“, so der DGB-Landesvorsitzende in der Stuttgarter Zeitung vom 29. April. „Wir werden unseren 1. Mai hier wieder ein bisschen anders ausrichten, damit uns das nicht mehr passiert.“ Deshalb die Absage der Demo?
Wir erinnern uns an das letzte Jahr. 2023 wurde die Demonstration brutal von der Polizei überfallen. Der Stuttgarter DGB-Vorsitzende Udo Lutz distanzierte sich bei der Kundgebung nicht etwa von dem Polizeiüberfall – sondern von den Demonstrierenden, den Opfern der Polizeigewalt. Das Motto des 1. Mai 2023, „Ungebrochen solidarisch“, wurde mit diesem Verhalten konterkariert. Kuschelkurs mit dem Kapital und dessen politischen Machtapparat prägt den DGB Stuttgart.
Die Entscheidung von ver.di Stuttgart, die Demo spontan anzumelden und durchzuführen, war richtig und hat diesen 1. Mai „gerettet“. Denn rund 3.500 Kolleginnen und Kollegen waren gekommen, um zu demonstrieren und gewerkschaftliche Kraft zu zeigen. Das zeigte sich auf dem Marktplatz, auf dem der DGB eine Kundgebung angemeldet hatte: Der Platz war während der Demonstration praktisch leer. Lediglich ein paar Standbetreuer, einige Hauptamtliche des DGB und Senioren, die nicht mehr gut zu Fuß sind, harrten dort aus.
In diesem Jahr kam es zu keinem Polizeieinsatz auf der gewerkschaftlichen 1.-Mai-Demo. Allerdings kam es bei der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration mit rund tausend Teilnehmern im Anschluss zu massiven Polizeiübergriffen. Polizisten setzten Tränengas, Schlagstöcke, eine Reiterstaffel und Polizeihunde ein und kesselten Teilnehmer ein. Rund 100 Demonstranten wurden verletzt, 167 festgenommen.
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