Wieder neigt sich ein Jahr. Wohin wohl? Die Rückschau macht betroffen, zuweilen ratlos und müde. Der Ausblick ins Kurze steigert noch die Depression. Visionen von Zukunft will ich aber als tröstliches Versprechen werdender Geschichte lesen. Weil es einer erstarkenden Front des sozialen Fortschritts, der Abrüstung und wahrhaftigen Demokratie gelingen wird, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Friedlich und gerecht, frei von wildernder Ausbeutung der Menschen und der Natur. Dafür lohnt sich der Kampf. Wobei uns die politische Realität gerade aberwitzige Bilder vor Augen führt.
Hierzulande: Die Ampel hat ausgeröchelt. Die Versager von gestern pokern mit den Versagern von heute um eine Macht, in der sie morgen versagen werden. Denn die Verhältnisse ändern sich noch nicht. Aus der Bagage wollen Kanzler werden: Merz, der lauernde BlackRocker im ungeflöhten Kapitalistenpelz. Scholz, in der Cum-Ex-Affäre vergesslicher, bei North Stream höchstgewarnter, aber untätiger – obwohl vereidigter! – Hüter nationaler Interessen. Und Habeck, Grünverkäufer auf dem Basar verratener Parteigründungsideale mit einem Faible für die Ideologisierung ökonomischer Beziehungen und sonstiges wirtschaftliches Roulette. Dass der geschasste Bundesfinanzminister mit seiner unsozialen Sparobsession und die fehlbesetzte Außenamtschefin auch in der künftigen Regierung ihre Ämter ausüben wollen, komplettiert das Grauen. Der Verteidigungsminister zieht es vor, an seinem kriegstauglichen Pistoriushauptquartier zu bauen und will Geld ohne Ende, während im Land Brücken einstürzen, Schulgebäude verfallen und Krankenhäuser schließen. Unternehmen wandern aus. Deindustrialisierung droht. Arbeitsplätze sind in Gefahr. Aber auf der To-do-Liste der bürgerlichen Politik fehlt, weil es den Kapitalinteressen entgegensteht, was die Vernunft gebieten würde. Da ändern Wahlen nur das Personal.
Weltweit: In den USA hat der als verrückt vorgeführte Blonde den „letzten noblen Transatlantiker“ besiegt. Bidens Noblesse? Hier einige Flecken auf seiner Politikerweste: Beibehaltung des Folterlagers Guantánamo, Unterstützung des verlogenen Irakkrieges und der völkerrechtswidrigen NATO-Attacken auf Jugoslawien, Vergiftung der Beziehungen zu Russland schon vor dem Stellvertreterkrieg in der Ukraine, freie Hand für Netanjahus großisraelischen Blutrausch. Trump, der in seiner ersten Amtszeit keinen Krieg vom Zaun brach, ist gewiss eine besonders unverstellte Verkörperung jener Selbstüberhebung, mit der die USA seit der Containment-Politik ihre geostrategischen Interessen durchsetzen. Machterhalt lässt ihn auf alle Rudimente von Demokratie pfeifen. In seiner „America first“-Strategie ist Europa ein niederzuhaltender Konkurrent, weshalb die düpierte EU bemüht ist, nach jahrzehntelanger Devotion einen Klecks Widerstand zu formieren. Vielleicht gibt Trump den Ukraine-Krieg auf, weil Amerikas Weltgeltung sinkt, die Kosten überlaufen und die Systemauseinandersetzung mit dem aufstrebenden China dringlicher erscheint. Das Phänomen der Seidenstraße und der Ansturm auf BRICS als Alternativen zur nicht mehr hinnehmbaren US-Dominanz sind unübersehbar. Will heißen: Die Zeitenwende – nicht die Scholz‘sche Verballhornung, sondern die echte – gibt es tatsächlich. Die Welt stellt sich multipolar auf. Der Globale Süden fordert seine Rechte. Die Werte des „Wertewestens“ sind als in der Realpolitik nie eingelöstes Blendwerk durchschaut.
So viel Wandel lässt fragen: Ginge Deutschland auch anders? Entkoppelung vom US-Eigennutz. Frieden und Freundschaft mit allen Völkern als oberste Staatsräson. Aufnahme in die BRICS-Community. Wandlung der Bundeswehr zum Heimatschutz und Umverteilung der freiwerdenden gigantischen Mittel in die Infrastruktur, den sozialen Wohnungsbau oder vertrödelte Zukunftsprojekte. Ermutigung der Medien zur Verbreitung der ganzen Wahrheit … Sowas eben. Dauert noch? Trotzdem: Ein besseres 2025!