Die BRD steht recht isoliert in der Welt

Deutscher Populismus und die Kriegstreiberei

Kolumne von Gert Ewen Ungar

Am 15. Juni feierte der chinesische Präsident und Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, Xi Jinping, seinen 70. Geburtstag. Russlands Präsident Wladimir Putin gratulierte und versicherte seinem Amtskollegen und dem chinesischen Volk die russische Freundschaft. Darüber berichtete das russische Fernsehen und brachte im Anschluss eine Dokumentation über Xis Leben und den wirtschaftlichen Aufstieg Chinas unter seiner Präsidentschaft. Gezeigt wurden Interviews mit Chinesen zum chinesischen Weg, man sieht Xi beim Spaziergang mit Dorfbewohnern und Bilder von futuristischen Städten. Die Verdienste Xis werden benannt: Unter anderem wurden während seiner Präsidentschaft Millionen von Chinesen aus der absoluten Armut befreit.

Die „Tagesschau“ brachte ebenfalls einen Beitrag zum Geburtstag Xis, der allerdings in missgünstigem Ton gehalten ist. Xi wird als machtversessener Diktator diffamiert, China als Diktatur. Es herrsche Zensur und Unterdrückung. Die Kommunistische Partei sei knallhart und kenne kein Erbarmen, zitiert die „Tagesschau“ einen britischen „Experten“. Damit hängt die Welt wieder gerade. So gut wie im Westen – und vor allem in Deutschland – geht es den Menschen nirgendwo sonst auf der Welt.

Missgünstig gehalten war auch der Bericht zum Besuch des chinesischen Spitzendiplomaten Li Hui in Europa. Li lotete die Möglichkeiten für eine Friedenslösung in der Ukraine aus. „Durchschlagenden Erfolg hatte er damit nicht“, lässt die „Tagesschau“ ihre Zuschauer wissen – als wäre Diplomatie ein schnelles Geschäft. Dass China eine diplomatische Mission initiierte, die sich um Frieden für die Ukraine bemüht, erklärt die „Tagesschau“ damit, dass China und Russland ähnlich autoritär seien. China sei zudem kein neutraler Vermittler, da es das „russische Narrativ“ übernommen habe, laut dem die NATO und die USA Schuld an der Entstehung des Konflikts haben.

Diese Position wird jedoch nicht nur von China vertreten. Auch Brasilien argumentiert ähnlich – Präsident Lula da Silva machte deutlich, dass der Westen – die USA, die NATO und die EU – mitverantwortlich sind.

Inzwischen sind die Präsidenten Südafrikas, Sambias und der Komoren in der Ukraine eingetroffen, um die Möglichkeiten für eine Friedenslösung auszuloten. Darüber berichten russische Medien breit, die deutschen Berichte dazu muss man mit der Lupe suchen.

Auch die afrikanischen Staaten sehen die NATO und den Westen an der Entwicklung hin zum Krieg maßgeblich beteiligt. Die ganze Welt scheint das „russische Narrativ“ übernommen zu haben, gegen das man sich in Deutschland mit Propaganda und inzwischen auch mit dem Strafrecht zur Wehr setzt. Wer beispielsweise die Geschichte der Eskalation mit dem Jahr 2008 einsetzen lässt – dem Jahr, in dem die NATO der Ukraine auf dem Gipfel in Bukarest eine Beitrittsmöglichkeit eröffnet hat –, wer von einem vom Westen geförderten Putsch in der Ukraine berichtet oder von der Sabotage von Minsk 2 durch Deutschland, setzt sich damit schnell dem Verdacht aus, den Angriff Russlands zu „relativieren“. Das kann inzwischen strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Sicht der Mehrheit der Länder der Weltgemeinschaft auf den Konflikt ist in Deutschland nicht gestattet. Dagegen steht Deutschland mit seiner verkürzten Sicht auf den Konflikt international inzwischen recht allein.

Deutschland gibt sich dem Populismus hin. Die deutsche Außenministerin äußert regelmäßig, Putin könne den Krieg sofort beenden, er müsse dazu nur seine Truppen aus der Ukraine abziehen. Wenn jemand mal ein gutes Beispiel für populistische Argumentation benötigt: Die Argumentation Baer­bocks ist an Populismus kaum zu übertreffen. Sie ist absolut unterkomplex, ahistorisch und negiert die Sicherheitsinteressen Russlands und die Interessen der Menschen im Donbass völlig, klingt dabei aber schön griffig.

Wichtig ist, zu verstehen, dass Deutschland und die EU keinen Beitrag zur Suche nach einer Friedenslösung leisten. Deutschland ist Kriegstreiber. Das nimmt man außerhalb der westlichen Blase sehr wohl wahr.

Mit seiner aggressiven Haltung und der Bereitschaft zur Eskalation des Konflikts ist Deutschland isoliert. Bei ihrem Besuch in Brasilien bekam die deutsche Außenministerin noch nicht einmal die Gelegenheit für ein gemeinsames Pressefoto mit Lula oder ihrem Amtskollegen Mauro Vieira geboten.

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"Deutscher Populismus und die Kriegstreiberei", UZ vom 23. Juni 2023



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