Dass der Krieg kommen würde, war schon Lenin klargewesen. Dennoch hatte die sowjetische Führung um Josef Stalin gehofft, den Zeitpunkt hinausschieben zu können. Die junge Sowjetunion, vollauf mit der Überwindung der Welt- und Bürgerkriegsschäden sowie der Industrialisierung beschäftigt, war auf das, was nun kommen sollte, unzureichend vorbereitet. Am 22. Juni 1941 überfiel, alle Verträge brechend, die damals stärkste Kriegsmaschine des Globus mit drei gewaltigen Heeresgruppen, insgesamt rund 5 Millionen Mann, mit ihren Hilfskräften in das Land ein. Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag vom 23. August 1939 hatte etwas Zeit erkauft. Zu wenig um mit dem Aggressor auf Augenhöhe zu kommen.
Das „Unternehmen Barbarossa“ war ein Eroberungs- und Vernichtungskrieg, der alle humanen Normen außer Kraft setzte. Diesmal sollte es klappen. Nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs wollten der deutsche Faschismus und das hinter ihm stehende Großkapital endlich den „Lebensraum“, das fruchtbare Ackerland, die reichen Bodenschätze, den Zugang zum Nahen Osten und 100 Millionen Arbeitssklaven. Zig Millionen „Slawen und Juden“, „Untermenschen“, sollten vernichtet werden. „Banditen“ (Partisanen), „bolschewistische Kommissare und kommunistische Intelligenz“, „Juden in Partei- und Staatsstellungen“ und „Flintenweiber“ (weibliche Kämpferinnen) waren sofort zu erschießen. Häufig nach bestialischen Folterungen. Kaum weniger monströs war das bürokratisch geplante Verhungernlassen von bis zu 30 Millionen Sowjetbürgern durch deutschen Nahrungsmittelraub.
Für die Sowjetunion war es ein Kampf auf Leben oder Tod. 27 Millionen Sowjetbürger bezahlten ihn mit ihrem Leben.
Der faschistischen Führung war klar, dass „Barbarossa“ nur mit den vereinten Ressourcen Europas erfolgreich sein konnte. Die unabdingbare Voraussetzung war die freiwillige Kollaboration oder gewaltsame Unterwerfung Europas. Die ganze Hybris der „Achsenmächte“ zeigte sich am 18. Januar 1942, als die deutsche und die japanische Führung übereinkamen, die Welt am 70. Breitengrad unter sich aufzuteilen.
Angesichts der Übermacht hatte die Rote Armee im ersten Kriegsjahr dramatische Verluste. Millionen Rotarmisten fielen in den Kesselschlachten oder gerieten in Gefangenschaft. Mit ihrem Sieg in der Schlacht um Moskau (2. Oktober 1941 bis 31. Januar 1942) deutete sich die Wende an. Noch aber waren die Faschisten so stark, dass Stalin am 28. Juli 1942 den berühmten Befehl 227 erließ: „Nicht einen Schritt zurück.“ Erst nach der Schlacht um Stalingrad und am Kursker Bogen ging die Initiative endgültig auf die Rote Armee über. Die „Operation Bagration“, (22. Juni bis 19. August 1944) führte mit der Zerschlagung von 28 Divisionen der Heeresgruppe Mitte zur größten militärischen Niederlage Deutschlands überhaupt und zur Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager auf sowjetischem Boden. Danach war keine strategische Operation der deutschen Verbände mehr möglich.
80 Jahre haben gereicht, um alles vergessen zu machen. Vergessen, dass die Rote Armee die Welt von der Jahrhundertbarbarei des Faschismus befreit hat, dass nicht die Hakenkreuzfahne auf dem Kreml, sondern die Rote Fahne auf dem Reichstag wehte. Wieder rollen deutsche Panzer gegen Russland, diesmal mit dem Großen Bruder im Rücken. Wieder die gleiche Hybris, wieder die gleichen HiWis – und wieder hat man sich verrechnet. 120 Jahre systematisch organisierter Russenhass und nichts verstanden. Die Regierung in Berlin organisiert und feiert Deutschlands Niedergang.