In Taiwan steht mit dem Wahlsieg der Amtsinhaberin Tsai Ing-wen eine weitere Annäherung an die USA bevor. Beobachter gehen davon aus, dass eine Fortsetzung ihres prowestlichen Kurses zu einer Zunahme der Spannungen mit der Volksrepublik führen wird. Dies betrifft in zunehmendem Maß auch den gesellschaftlichen Alltag. So hat Tsais Democratic Progressive Party (DPP) noch kurz vor den Wahlen ein „Anti-Infiltrations-Gesetz“ verabschiedet, das es untersagt, im Auftrag oder mit finanzieller Unterstützung einer „feindlichen ausländischen Kraft“ in Taiwan politisch aktiv zu werden. Faktisch richtet sich das Gesetz allerdings nicht gegen westliche Einflussnahme, sondern ausschließlich gegen die Volksrepublik. Vor allem die große Zahl an Taiwanern, die in der Volksrepublik leben oder dorthin gute persönliche oder geschäftliche Beziehungen unterhalten, geraten durch das neue Gesetz unter Druck.
Die USA wiederum haben seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump ihre Beziehungen zu Taipeh förmlich aufzuwerten begonnen, etwa mit der Verabschiedung des „Taiwan Travel Act“, der offizielle Besuche führender Vertreter beider Staaten erleichtert. Damit relativiert er die international anerkannte Ein-China-Politik, laut der die Volksrepublik alleinige rechtmäßige Vertreterin Chinas ist. Die Trump-Regierung hat darüber hinaus Ende 2019 im Rahmen ihres Gesetzes über den Militärhaushalt eine Bestimmung verabschiedet, die die Vorlage eines Berichts über „chinesische Einmischung“ in die Wahlen in Taiwan vorsieht.
Die Maßnahmen begleiten eine massive Aufrüstung Taiwans. Bereits die Obama-Regierung hatte US-Rüstungsexporte im Wert von 14 Milliarden US-Dollar genehmigt, mehr als alle US-Regierungen seit 1979 zusammengenommen. Trump setzt diesen Kurs systematisch fort. Zuletzt stimmte er im August der Lieferung von Kriegsgerät im Wert von rund acht Milliarden US-Dollar zu, darunter 66 F-16-Kampfjets. Ergänzend soll die US-Marine in Zukunft ihre Fahrten durch die Taiwan-Straße intensivieren. Die Durchfahrten gelten als gezielte Provokation gegen Peking.
In Deutschland werden seit geraumer Zeit Forderungen laut, es der U. S. Navy gleichzutun. Im Juni 2019 hieß es unter Berufung auf hochrangige Beamte in Berlin, im Verteidigungsministerium werde diskutiert, künftig auch deutsche Kriegsschiffe nach Ostasien zu entsenden. Im November erklärte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, „unsere Partner im indo-pazifischen Raum – allen voran Australien, Japan und Südkorea, aber auch Indien“, fühlten sich von Chinas Machtanspruch zunehmend bedrängt. Deutschland müsse „mit unseren Verbündeten Präsenz in der Region zeigen“. Unlängst hat der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, derartige Pläne indirekt bestätigt. Für das globale Aufgabenspektrum, das im deutschen Weißbuch und in der Europäischen Sicherheitsstrategie stehe, müsse „unsere Marine wieder mehr einsetzbare Schiffe bekommen“.